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Schneeköniginnen

Schneeköniginnen

Titel: Schneeköniginnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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jedenfalls passender als
diese Schlangenhaut!« Anne wies mit Verachtung auf Katies Minikleid.
    »Wieso? Ist was damit?«
    »Es ist ordinär und billig.«
    »Tut mir leid, ich besitze keinen
Geldscheißer. So wie du«, fügte sie angriffslustig hinzu.
    »Ich meinte damit nicht den Preis. Es
ist... unmöglich!«
    Samuel erschien in der Tür. »Gibt es
ein Problem?«
    »Allerdings«, schnaubte Katie, »ein
Kleidungsproblem.«
    »Ah ja«, Samuel sah die beiden
spöttisch an. »Katie, dieses... Ding da ist nicht tragbar. Jedenfalls nicht in
diesem Lokal.«
    »Pf«, machte Katie.
    »Ha!« machte Anne.
    »Anne, dieses Kostüm ist zwar edel,
aber etwas zu... streng.«
    »Ha!«
    »Also«, Samuel trat näher, »dann laßt
mich mal sehen...« Er ging zu einem monströsen Kleiderschrank, den Anne und
Katie, allen Versuchungen zum Trotz, bis dahin noch nicht geöffnet hatten, und
schloß die Tür auf. Ein Wust an Kleidern quoll daraus hervor. Aber was für
welche! Samuel hätte damit eine Designerboutique auf dem Campus eröffnen
können.
    »Whow!« Katie griff sich das erstbeste
Teil, etwas Rüschiges mit Federboa. »Aber das sind doch nicht deine, Sam? Das
ist doch unmöglich deine Größe!«
    Das Kleid hätte Katie gepaßt,
vielleicht ein bißchen zu weit, jedoch niemals Samuel, der die Figur eines
Quarterbacks besaß.
    »Nein«, Samuel sah verlegen zur Decke,
»sie gehören Frederick. Also, besser gesagt, sie gehörten ihm. Er hat ja nun
allen irdischen Gütern entsagt, wie es so schön heißt.«
    »Das ist nett von ihm«, platzte Katie
heraus. »Oh, entschuldige Sam, so war das natürlich nicht gemeint.«
    »Ist schon okay. Dann laßt mich mal
sehen...«
    Schon verschwand Samuels hünenhafter
Oberkörper im Schrank, Kleider wurden hin- und hergeschoben, der Hauch eines
duftigzarten Parfums huschte flüchtig durch den Raum.
    Eine Stunde später drehten sie sich
vor dem Spiegel im Flur wie zwei Figuren einer Spieldose. Katie trug ein
indigoblaues Seidenwunder, ein breiter Gürtel betonte ihre Zerbrechlichkeit und
brachte das ein wenig zu weite Kleid unauffällig auf Figur. Ihr Haar wurde von
zwei Glitzerspangen gebändigt, ein professionelles Make-up ließ nicht nur ihre
Sommersprossen apart verblassen, sondern kaschierte auch geschickt die
gelb-grün-lila Verfärbung rund um ihr malträtiertes Auge. Zum Glück hatte sich
die Schwellung auf ein akzeptables Mindestmaß zurückgezogen. Gar nicht übel,
fand Anne, die sich jedoch nur mühsam von ihrem eigenen Anblick loslösen
konnte.
    Es hatte Samuel einige
Überredungskunst gekostet, sie in diesen schwarzen Schlauch von geradezu
genialischer Schlichtheit zu bekommen, aber nun betrachtete sie sich um so
faszinierter, obgleich sie sich selber fremd vorkam. Warum sieht mich jetzt
Stefan nicht, dachte sie mit allergrößtem Bedauern, oder Gordon oder am besten
beide...
    » Dressed to kill «, brachte
Katie die Sache auf den Punkt, und warf sich dann in ihre typische
Rednerpositur: »Nun laßt uns aufbrechen, zu jenem besternten Tempel der
Köstlichkeiten, von dem unser geschätzter Freund und Gönner...«
    Anne schob sie eiligst zur Tür hinaus,
Samuels Wagenschlüssel in der Hand.
    Samuel hatte nicht zuviel versprochen.
Das Restaurant, klein, exquisit und teuer, bildete einen ebenbürtigen Rahmen
für ihre Aufmachung. Begehrliche Männer- und abschätzige Frauenblicke blieben
an ihnen kleben, als sie von der Empfangsdame an ihren Tisch geleitet wurden.
    »Katie!« wisperte Anne, sobald sich
der Ober außer Hörweite befand, »daß mir hier keine silbernen Löffel
verschwinden. Und das ist durchaus nicht als Witz gemeint.«
    »Wofür hältst du mich denn?« kam es
empört hinter der Speisekarte hervor. »Sag mir lieber, was dieser französische
Quatsch da soll. Das versteht doch kein Mensch. Oder glaubst du, daß die hier
alle Französisch können?«
    Statt einer Antwort flüsterte Anne:
»Setz dich gerade hin, schlage die Beine nicht übereinander und starre vor
allem nicht so auffällig auf die Leute. Und zupfe nicht an den Seidenblumen
herum!«
    »He, was ist mit dir? Hast du
irgendwas genommen?«
    »Ich denke, heute sollte deine
Erziehung zur Dame beginnen? Auf deinen eigenen Wunsch, oder etwa nicht?«
erinnerte Anne und grinste in boshafter Vorfreude.
    »Ach du Schei... äh, das war mir doch
tatsächlich entfallen.«
    »Einen Versuch ist’s wert«, meinte
Anne gutgelaunt und vertiefte sich in die Karte. Gedämpftes Kerzenlicht
spiegelte sich im Tafelsilber, allein für den

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