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Schneeköniginnen

Schneeköniginnen

Titel: Schneeköniginnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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hatte so was
Versautes an sich. Die andere war zwar auch nicht ohne, ein wenig flachkuppig
vielleicht, aber sonst recht gut gebaut. Jedoch deuteten ihre Gesichtszüge auf
eine gewisse Intelligenz hin, und das konnte er bei Frauen am allerwenigsten
gebrauchen. Er deutete auf Katies Kleid und wurde geistreich: »Wie viele Raupen
mögen wohl an diesem wunderbaren Gewand Tag und Nacht gearbeitet haben?«
    Anne zog ein Gesicht, als wäre sie
eben in einen Hundehaufen getreten, aber schon hörte sie Katie säuseln:
»Vielen, vielen Dank für den Cognak«, dabei leckte sie sich vulgär über die
Lippen.
    »Was dagegen, wenn ich mich zu Ihnen
setze?«
    »Ja«, antwortete Anne.
    »Aber nein! Anne, wo bleibt deine
Höflichkeit?« Katie wies mit einladender Geste auf den freien Stuhl zwischen
Anne und sich, wobei sie ihm auf eindeutige Weise zuzwinkerte. Er grinste
ebenso eindeutig zurück und ließ sich auf den angebotenen Stuhl plumpsen.
    Sein Schrei gellte sirenengleich
durch’s Lokal. Wie auf einem Trampolin schnellte er in die Höhe, Gläser fielen
um, sein Stuhl krachte auf die Marmorfliesen. Etwas lendenlahm vollführte er
eine komische Verrenkung, um sein höllisch schmerzendes Hinterteil in den Blick
zu bekommen. Dort stak, in malerischem Kontrast zu seinem champagnerfarbenen
Anzug, der schwarzviolette Seeigel. Die glänzenden Stacheln hatten unter dem
Aufprall ziemlich gelitten. Welch ein erlösender Gedanke, daß es sich lediglich
um die sterbliche Hülle der bedauernswerten Kreatur handelte.
    Der Herr Innensenator keuchte etwas
von Anzeige und Schmerzensgeld, worauf Katie ihm riet: »Rasier dir lieber den
Arsch.«
    Dann nutzten sie den allgemeinen
Aufruhr und die explosiv um sich greifende Schadenfreude im Lokal, um sich
zielstrebig zum Empfangstisch zu bewegen, wo Anne rasch die Rechnung beglich,
nicht ohne ein anerkennendes Trinkgeld für den nervlich arg strapazierten Ober
zu hinterlassen.
    Als sie in der erfrischenden Nachtluft
standen, hakte sich Anne bei Katie unter und gestand: »Ganz ehrlich Katie, du
bist das Unmöglichste, was mir je begegnet ist. Aber es ist abwechslungsreich,
mit dir essen zu gehen.«
     
     
    Anne träumte von einem riesigen alten
Cadillac in Pink oder Hellblau, mit Haifischflossen am Heck, mit dem sie und
Katie auf einsamen, staubigen Straßen gen Westen rollen würden, immer der
untergehenden Sonne nach.
    Einzig der Staub auf dem Parkplatz
stimmte mit diesen Vorstellungen überein. Ansonsten standen nur kleine und
mittlere Japan-Importe, brave Plymouths, Oldsmobiles, Fords und ein klappriger
Armeejeep zum Verkauf herum. Sie war bitter enttäuscht. Schon der dritte
Gebrauchtwarenhändler, und nirgends das Auto ihrer Träume.
    »Dafür sind wir wohl so an die
dreißig, vierzig Jahre zu spät dran«, meinte Katie. »Das sind inzwischen
Liebhaberfahrzeuge. Wenn du sie überhaupt kriegst, dann zu einem irren Preis,
oder sie sind wirklich nur noch Schrott.« Katie wiederholte nur, was ihnen
schon zwei Händler bestätigt hatten.
    »Gut, dann sehen wir uns jetzt nach
etwas Brauchbarem um«, verscheuchte Anne die Traumbilder und begann, die Reihen
abzuschreiten und die Preisschilder zu studieren. Der Händler war mit einem
jungen Pärchen beschäftigt, das sich ebenfalls nicht so recht entscheiden
konnte. »Oder sollen wir es doch noch woanders versuchen?«
    »Ach was, jetzt schlagen wir zu, sonst
kommen wir heute nicht mehr weg.« Katie verlor allmählich die Geduld. Ein Auto
klauen war doch erheblich weniger aufwendig, als eines zu kaufen, noch dazu mit
der mäkeligen Anne. »Sag mal, wie wär’s mit dem Jeep?«
    »Dem Jeep?«
    »Ja, dem Jeep. Hier, er hat eine
Plane, die man runtermachen kann. Das ist fast wie ein Cabrio. Und er kostet
nur... au weia!«
    »Wieviel?«
    »Zweitausendfünfhundert.« Katie
runzelte bekümmert die Stirn und behielt dabei Anne im Auge.
    »Wetten, ich kriege ihn für
Zweitausend.« Annes Geschäftssinn war erwacht.
    »Ich habe aber keine Zweitausend«,
bekannte Katie, »momentan.«
    »Wenn, dann teilen wir uns natürlich
den Preis«, stellte Anne klar. »Schließlich fahre ich ja auch mit.« Es war ihr
peinlich, mit Katie über Geld diskutieren zu müssen. Schätzungsweise klaute sie
lieber, ehe sie sich etwas schenken ließ.
    »Ich bin momentan etwas klamm«,
gestand Katie zerknirscht.
    »Wieviel hast du noch?«
    »So knappe sechshundert.« Sie zog
einen Flunsch. »Wird wohl doch wieder so eine japanische Schüssel werden.«
    »Auf keinen Fall!« protestierte

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