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Schneeköniginnen

Schneeköniginnen

Titel: Schneeköniginnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Anne von der guten
Stube zu erkennen vermochte, reichte, um dem Begriff »Unordnung« völlig neue
Dimensionen zu verleihen. Auch draußen, auf der Veranda, türmte sich Gerümpel,
und die Anwesen der Nachbarschaft hatten wenig Ähnlichkeit mit jenen in den
Prospekten der Bausparkassen. Die ganze Gegend war nicht unbedingt vom
Feinsten.
    Zu Annes großer Erleichterung lehnte
Katie die Einladung ab. Pat nannte ihnen daraufhin die Adresse einer Tankstelle
mit Reparaturwerkstatt, bei der Jeff gerade jobbte.
    Die drei murmelten einen Gruß und
bewegten sich hintereinander in Schlangenlinien zurück zum Auto. Das war nötig,
um dem Unkraut, dem Müll und zwei ausgewaideten Autowracks bei ihrem Kampf um
die Vorherrschaft auf dem kleinen Grundstück nicht in die Quere zu kommen.
Hausarbeit schien hier niemandes Lieblingsbeschäftigung zu sein. Patricia sah
ihnen von der Veranda aus noch immer verwundert hinterher.
    »Hübsche Freundin hat dein Bruder«,
feixte Stefan.
    »Ja«, pflichtete Gordon bei, »konnte
man sogar auf die Entfernung nicht übersehen.«
    »Zuviel Schminke«, meinte Anne.
    Katie sagte nichts, sie war zu
aufgeregt.
    Womit Anne im Grunde nie ernsthaft
gerechnet hatte, es passierte dennoch: Katie fand ihren Bruder.
    Sie stöberten Jeff Shannahan
tatsächlich in dieser Werkstatt auf, doch das Treffen verlief anders, als man
sich ein Wiedersehen zweier Geschwister nach fünfjähriger Trennung im
allgemeinen vorstellt. Jeff stierte Katie sekundenlang ungläubig an, dann hielt
er ihr eine Dose Bier hin. »Verdammt nochmal, wo kommst du denn auf einmal
her?«
    Jeff war einen guten Kopf größer als
Katie, er besaß dasselbe rote Haar und die blasse, sommersprossige Haut. Seine
Nase war krumm, vermutlich hatte er mal eine abbekommen. Er schien nicht in
bester Verfassung. Seine Hände zitterten beim Öffnen der Bierdose, die blauen
Augen wanderten ununterbrochen hin und her, wie eingesperrte Tiere.
    »Warum hast du nie mehr geschrieben?«
fragte Katie zurück.
    »Habe ich nicht? Hätte ich schon noch
gemacht.« Endlich rang er sich so eine Art Lächeln ab, als Katie ihm eine
Zigarette anbot. Sie stellten einander vor und nickten sich kurz zu. Anne war
es peinlich, wie sie da reichlich deplaziert in der dreckverschmierten
Werkstatt herumstanden. Sie winkte Katie zu sich, die die verkrampfte Situation
auch nicht so ganz im Griff hatte. Nicht jede Reise bereitet einen automatisch
auf die Ankunft vor.
    »Wir lassen euch am besten allein«,
flüsterte Anne. »Ist dir das recht?«
    Katie nickte. »Er ist ein bißchen
scheu, Fremden gegenüber.«
    »Ist schon klar«, wehrte Anne ab.
»Sollen wir uns heute abend im Hotel zum Essen treffen? Du kannst Jeff ja
mitbringen. Und... falls du nicht bei ihm wohnen kannst, wir haben schon noch
ein Bett für dich übrig.«
    »Danke«, brachte Katie gepreßt hervor.
»Ach, Anne? Nimmst du solange meine Tasche mit ins Hotel? Nur bis heute abend,
ich will nicht mit dem Zeug in dieser Gegend herumspazieren.«
    »Ungern«, zögerte Anne.
    »Danke. Also dann... sagen wir um acht?«
    »Okay.« Die drei verabschiedeten sich
hastig. Schweigend fuhren sie zurück nach Santa Monica, wo sie sich im Miramar
Sheraton eingemietet hatten. Dort, hoch über der Steilküste des Pazifik, nahmen
sie einen Drink, und als Stefan kurz den Tisch verließ, sagte Gordon zu Anne:
»Ich werde morgen früh zurückfahren. Ich will mich nicht aufdrängen. Ihr zwei
werdet alleine besser klarkommen.«
    »Ja«, nickte Anne gedankenverloren,
»da ist gewiß einiges zu klären. Aber du kannst ruhig hierbleiben. Es wäre mir
sogar lieber. Vielleicht brauche ich dich noch, nachdem alles geklärt ist. Oder
Katie.« Anne spielte mit dem Gedanken, Gordon in diese üble Sache mit dem
Kokain einzuweihen. Vielleicht würde er es schaffen, Katie zur Vernunft zu
bringen? Aber sie verwies die Idee gleich wieder ins Reich der hoffnungslosen
Wunschträume. Statt dessen fragte sie Gordon: »Weiß Stefan eigentlich Bescheid,
ich meine, wegen uns?«
    Gordon lächelte, diese Frage hatte er
schon längst erwartet. »So direkt habe ich es ihm nicht gesagt, aber er ist ja
nicht blöd. Ist übrigens ein prima Typ, wir hatten massenhaft Spaß während der
Fahrt.« Anne schüttelte den Kopf. Männer! Früher hätten sie sich im
Morgengrauen duelliert, heutzutage bretterten sie zusammen in einem
aufgemotzten Sportwagen durch die Gegend. Vielleicht lag es daran, daß beide
keine Frühaufsteher waren.
    Als Stefan zurückkam, verdrückte

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