Schneeköniginnen
sich
Gordon und murmelte dabei etwas von »mal ‘ne Runde mit der Corvette rumgurken«.
»Wollen wir ein bißchen am Strand entlanggehen
und reden?« fragte Stefan ohne viel Umschweife.
»Ist es so schlimm?« Wenn Stefan
freiwillig spazierenging, dann wurde es ernst.
Wortlos kraxelten sie den steilen Weg
hinunter, zogen die Schuhe aus und schlenderten am Saum der Küste entlang. Die
Sonnenanbeter, Muskel-Machos und Surfer zogen sich allmählich zurück, zur Happy
Hour wechselte die Bühne des Dauerstücks >Sehen und Gesehenwer-den< in
die Bars und Cafés von Santa Monica und Venice. Anne war das ganz recht, sie
war im Augenblick nicht sonderlich versessen auf Publikum.
»Bist du mir noch sehr böse, wegen der
Sache...«, begann Stefan und setzte seinen Hundeblick auf.
»Naja...«, sagte Anne. »Wer ist sie
überhaupt?«
»Ach, bloß die Freundin einer unserer
Sekretärinnen. Ich habe sie erst an dem Abend kennengelernt, ich war ziemlich
besoffen...«
»Den Rest kann ich mir denken«,
schnitt ihm Anne das Wort ab.
»Ich habe sie danach nicht mehr
getroffen, und ich werde es auch nicht.«
»War sie nicht gut«, fragte Anne
zynisch, erwartete aber keine Antwort. Sie hatte von dieser Geschichte
endgültig genug. Das Gespräch stockte, sie wichen den heranrollenden Wellen
aus, die an ihren Füßen leckten. Anne überlegte noch, wie sie beginnen sollte,
da sagte Stefan: »Anne, ich muß etwas mit dir besprechen.«
»So?«
»Die Agentur hat mir angeboten, in New
York zu bleiben. Ich hätte dort wesentlich bessere Möglichkeiten als in
Deutschland.«
»So«, sagte Anne wieder, und ihre
Stimme wackelte wie Pudding, als sie fragte: »Und was wirst du ihnen
antworten?«
Stefan zögerte. Annes lang gehegter,
vager Verdacht wurde dadurch bestätigt.
»Du hast dich schon dafür entschieden,
stimmt’s?« Sie blieb stehen und nagelte ihn mit einem Blick aus strengblauen
Augen fest. »Hast du das etwa schon in München gewußt?« Ein wattiges, flaues
Gefühl umgab sie wie zäher Brei.
»Aber nein, also, es ist noch gar
nichts fix, ich könnte...«
»Spar dir dein Trostpflästerchen«,
fauchte sie gekränkt. »Was du mir auf diese so schonende Weise sagen willst,
ist doch wohl: Dieses Gerede von der Heirat war nichts weiter als eine fromme
Lüge, um mich hinzuhalten.« Wie ein kleiner Junge, dachte sie, der ewiges
Bravsein verspricht, nur damit er sein neues Fahrrad kriegt.
Stefan biß sich auf die Lippen und
wich ihrem Blick aus. »Schau, Anne, so eine Gelegenheit bietet sich vielleicht
nie wieder. Ich... ich würde nie für deinen Vater arbeiten, nicht für alles
Geld der Welt, das weißt du doch. Und ich kann von dir nicht verlangen, daß du
zu Hause alles hinschmeißt und hierherkommst, ich weiß doch, wie sehr du an
deiner Arbeit hängst.«
»Verlangen?« wiederholte Anne.
»Verlangen kannst du das nicht, da hast du recht. Aber du hättest mich darum
bitten können!« Anne hatte allergrößte Mühe, Haltung zu bewahren.
Stefan wußte darauf nichts zu sagen,
es rollten einige Wellen heran, ehe er unsicher fragte: »Würdest du denn
wirklich...«
»Vielleicht«, knirschte sie.
»Ja, aber... das ändert natürlich die
Sache. Anne, nichts wäre mir lieber, als wenn du nach New York kämst!« Er
versuchte es mit einem schiefen Lächeln, und Anne war sich im unklaren, ob er
nicht etwa selber glaubte, was er daherfaselte. Es machte sie wütend, daß er
dieses Thema so oberflächlich abhandelte, als ginge es um die Auswahl eines
Restaurants oder des Fernsehprogrammes.
»Vergiß es«, sagte Anne. »Du hast dich
gegen mich entschieden, also lassen wir’s dabei.«
»Aber Anne, ich konnte doch wirklich
nicht ahnen, daß du... ich meine, dein Beruf war doch immer das Wichtigste in
deinem Leben.«
»Das haben mir zumindest alle
eingeredet.« Ein bißchen Selbstmitleid durfte man sich in so einem Moment schon
erlauben.
»Und jetzt?« fragte Stefan. »Was hat
diesen Sinneswandel verursacht?« Täuschte sich Anne, oder klang das ein bißchen
gereizt?
»Das kann ich dir nicht so genau
sagen«, gestand sie ehrlich. Ihre Stimme war wieder klar. »Weißt du, wenn man
so unterwegs ist, da kommt man viel zum Nachdenken.«
»Anne, warum reagierst du jetzt so
zynisch? Bin ich dir nicht mehr wert als dein gekränkter Stolz?«
»Ich bin weder zynisch noch ist das gekränkter
Stolz«, erklärte sie trotzig. »Auf den Gedanken, daß wir beide vielleicht doch
nicht so gut zusammenpassen, bin ich ganz alleine gekommen.«
»Ach,
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