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Schneeköniginnen

Schneeköniginnen

Titel: Schneeköniginnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Werkzeug-
und Motorradteilen im Dreck hockte und den Luftfilter obduzierte. Katie kickte
ihm das Teil mit dem Fuß aus der Hand. Als er Anstalten machte, zu
protestieren, riß sie ihn grob am Kragen hoch, und ihr Tonfall schloß jeglichen
Widerspruch von vornherein aus: »Los, komm mit aufs Zimmer. Ich muß mich jetzt
sofort abreagieren.«
     
     
    Am Morgen erwachte Katie ziemlich früh
von einem ungewohnten Geräusch.
    »Anne, hör sofort auf zu schnarchen,
oder ich... aah!« Sie spürte einen Nadelstich im Kopf und griff sich an die Schläfen.
Diese Scheiß Margheritas! Langsam, wie schmelzender Frühlingsschnee sickerte
die Erinnerung in ihr Hirn.
    »Penn weiter, Häuptling«, sagte sie zu
dem unförmigen Sack unter der Bettdecke. Sie ging leise aufs Klo, dann trat sie
ans Fenster und schob den Rolladen hoch. Um ein Haar kippten ihr die Knie weg.
    Die Corvette. Dieses unheimliche,
pantherhafte Fahrzeug, da stand es, zwei Türen weiter, direkt vor der Veranda
ihres eigentlichen Zimmers. Und da war Anne. Sie sprach mit dem Typen, den
Katie an der Tankstelle gesehen hatte. Der Kerl gestikulierte lebhaft, Anne
antwortete etwas, sie schien aufgeregt, kein Wunder. Verstehen konnte Katie
nichts, wegen der geschlossenen Fenster und dem penetranten Rauschen der
Klimaanlage. Plötzlich packte der Typ Anne bei den Schultern. Jetzt reichte es!
Katie fuhr in das nächstbeste Kleidungsstück, griff sich ihre Lederjacke vom
Stuhl, zog den Revolver aus der Innentasche, und stürzte hinaus.
    »Nimm die Pfoten von Anne!«, tönte sie
mit kratziger Tequila-Stimme. »Und halt deinen Arsch fest, sonst schieß ich ihn
dir ab!«
    Der Kerl spurte augenblicklich, und
beide blickten erschrocken in ihre Richtung.
    Katies Auftritt war, vom dramatischen
Standpunkt betrachtet, perfekt. Barfuß und breitbeinig wie eine Staffelei stand
sie da, in einem weißen Schlotterhemd, das sie mehr ent- als bekleidete. Wie
auf eine unhörbare Regieanweisung trat die Morgensonne, ganz in Rot, in genau
diesem Moment über das Hausdach und tauchte Katies Aktion in ein effektvolles
Licht. Ihr zerrauftes Haar glänzte auf wie ein funkelnagelneuer Pfennig,
ansatzweise hätte man sie für den Prototyp einer antiken Rachegöttin halten
können, wäre ihr Gesicht nicht komplett verdeckt worden von einem immensen
Revolver, den sie mit ausgestreckten Armen wackelig vor sich hielt.
    Für zwei, drei Sekunden verharrten die
Protagonisten dieser Szene regungslos, so als hätte einer den Film angehalten.
Dann rührte sich Anne als erste, trat einen Schritt auf Katie zu und schrie:
»Nicht schießen, Katie! Bloß nicht schießen! Das ist Stefan.«
    Katie ließ in Zeitlupe den Revolver
sinken, ihre Augen wurden größer und größer, denn jetzt öffnete sich die
Fahrertür der Corvette und heraus stieg — Gordon.
    »Hi, Mädels«, grinste er, »nun macht
mal keinen Scheiß.«
    Anne blickte nun ihrerseits ziemlich
irritiert von Stefan zu Gordon, von Gordon zu Stefan. Aber der konnte sich noch
immer nicht von Katies martialischem Anblick lösen, und die allgemeine
Verwirrung wurde auch dadurch nicht besser, daß nun Ringo in ausgeleierten
Boxershorts, die seine auf Halbmast stehende Morgenlatte nur unzureichend
kaschierten, aus dem Schatten des Zimmers trat, verkatert in die Sonne
blinzelte und fragte: » What the fuck is going on here? «
     
     
    Beim Frühstück wurde eine ganze Ladung
Mißverständnisse aufgeklärt: Stefan war einige Tage nach Annes verunglücktem
Besuch von Reue gepackt worden. Nachdem er im Plaza die Hälfte des Personals
geschmiert hatte, teilten sie ihm die Adresse von Lis mit, die Anne wegen ihres
Rocks, der noch in der Reinigung gewesen war, hinterlassen hatte. Stefan
tauchte daraufhin bei Lis auf, aber leider zwei Tage zu spät. Am dritten
entschlossen er und Gordon sich spontan, den Mädchen nach Washington
nachzufahren, erfuhren aber dort von Samuel, daß sie bereits wieder unterwegs
waren. Sie folgten aufs Geratewohl, blieben in telefonischem Kontakt mit Lis,
die ihnen den Tip mit Amarillo gab, wo sie sich nur um Haaresbreite verfehlt
hatten.
    »Von der Alten mit den Riesentitten
hörten wir von eurer etwas überstürzten Abreise. Das machte uns neugierig«,
berichtete Gordon. »Wir klapperten sämtliche Motels vor und hinter Albuquerque
vergeblich ab. Dann nahmen wir Teresas Hilfe in Anspruch.«
    »Wie bitte, war die auch dabei?«
unterbrach Anne.
    »Nein, aber ihre telepathischen
Fähigkeiten. Du weißt doch, sie ist gut im Finden von

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