Schneemann
hochsensibel, dass sie eine lebende Verbrecherdatenbank abgab.
“Ich habe mir erst die Bilder aller in den Fall involvierten Leute angesehen “, begann sie. “Ehemänner, Kinder, Zeugen und so weiter. Unsere üblichen Verdächtigen kenne ich ja sowieso.”
Sie ließ den Film Bild für Bild laufen. “Da.” Sie hielt eine Einstellung fest.
Das Bild blieb zitternd stehen und zeigte eine Gruppe Menschen in grobkörnigem Schwarzweißmuster. Alles war unscharf. “Wo?”, fragte Harry und kam sich so dumm vor wie immer, wenn er sich mit Beate Lønn Bilder anschaute.
“Da. Das ist die gleiche Person wie auf diesem Bild hier.” Sie nahm ein Foto aus der Mappe.
“Könnte es diese Person sein, die Jagd auf dich macht, Harry?” Harry starrte überrascht auf das Bild. Dann nickte er langsam und griff zum Telefon. Katrine Bratt antwortete nach zwei Sekunden.
“Zieh dir die Jacke an und komm runter in die Garage”, bat Harry. “Wir müssen wohin.”
Harry fuhr über den Uranienborgveien und Majorstuveien, um die Ampeln auf dem Bogstadveien zu umgehen.
“Und sie war sich wirklich sicher, dass er es ist?”, fragte Katrine. “Die Bildqualität dieser Überwachungskameras … “
“Glaub mir”, erwiderte Harry. “Wenn Beate Lønn sagt, dass es derselbe ist, dann ist er das auch. Ruf die Auskunft an und lass dir seine Privatnummer geben.”
“Die hab ich auch schon in meinem Handy gespeichert”, erwiderte Katrine und holte es aus der Tasche.
“Du hast sie gespeichert?” Harry sah sie an. “Machst du das mit allen Personen, die im Laufe einer Ermittlung auftauchen?”
“Genau. lch lege da eine eigene Gruppe an. Und die lösche ich dann, wenn der Fall gelöst ist. Probier das doch auch mal, ist wirklich ein tolles Gefühl, auf >Delete< zu drücken. Sehr … konkret.” Harry hielt vor dem gelben Haus oben in Hoff.
Alle Fenster waren dunkel.
“Filip Becker”, murmelte Katrine. “So was aber auch.”
“Aber denk dran, dass wir nur mit ihm reden wollen. Er kann ja auch ganz simple Gründe dafür gehabt haben, Vetlesen anzurufen.”
“Aus einer Telefonzelle im Storosenteret?”
Harry musterte Katrine. Unter der dünnen Haut ihres Halses konnte man den Puls erkennen. Dann riss er seinen Blick von ihr los und sah zum Wohnzimmer des Hauses.
“Komm”, sagte er, doch als er gerade aussteigen wollte, klingelte sein Handy. “Ja?”
Die Stimme am anderen Ende klang erregt, berichtete aber trotzdem in kurzen, klaren Sätzen. Harry unterbrach den Redestrom durch zwei “Hm”, ein überraschtes “Was?” und ein “Wann?”.
Dann wurde es still am anderen Ende.
“Ruf die Einsatzzentrale an”, befahl Harry. “Sie sollen zwei Streifenwagen in den Hoffsvei schicken. Es werden ja wohl irgendwelche in der Nähe sein. Keine Sirenen, und sag ihnen, dass sie am Anfang der Straße halten sollen …. Was? … Na, weil da ein Junge im Haus ist und wir Becker nicht nervöser machen wollen als unbedingt nötig. Okay?”
Natürlich war das okay.
“Das war Holm”, Harry beugte sich zu Katrines Seite, öffnete das Handschuhfach, wühlte darin herum und zog ein Paar Handschellen heraus. “Seine Leute haben in der Garage von Lossius Fingerabdrücke gefunden und sie mit denen abgeglichen, die wir in diesem Fall schon gesammelt hatten.”
Harry zog den Schlüssel aus dem Zündschloss, beugte sich vor und fischte ein Metallkästchen unter seinem Sitz hervor. Steckte einen Schlüssel ins Schloss, öffnete ihn und holte eine schwarze Smith & Wesson mit kurzem Lauf heraus. “Auf dem vorderen Kotflügel haben sie einen übereinstimmenden Fingerabdruck gefunden.”
Katrine formte ihren Mund zu einem stummen “Oh” und wies mit einer fragenden Kopfbewegung auf das gelbe Haus. “Genau”, schloss Harry. “Professor Filip Becker.”
Er konnte sehen, wie sich Katrine Bratts Augen weiteten. Aber ihre Stimme war unverändert ruhig: “Ich hab das Gefühl, ich kann bald auf >Delete< drücken.”
“Vielleicht”, meinte Harry, klappte die Trommel des Revolvers auf und vergewisserte sich, dass in allen Kammern Patronen waren.
” Es wird ja wohl kaum zwei Leute geben, die Frauen auf die gleiche Weise entführen.” Sie legte den Kopf erst auf die eine Seite, dann auf die andere, als wollte sie sich für einen Boxkampf aufwärmen.
” Eine begründete Annahme.”
” Wir hätten es erkennen müssen, als wir das erste Mal hier waren.”
Harry musterte sie und fragte sich, warum er ihre Erregung nicht teilte. Wo
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