Schneemann
Wind<. Ziemlich romantisch, oder?”
Harry antwortete nicht.
“So einen Wind brauchen wir jetzt auch”, erklärte der Kriminalchef.
Harry nickte langsam. Er verstand. “Sie wollen, dass jemand die Verantwortung dafür übernimmt, dass Katrine Bratt eingestellt und nicht rechtzeitig entlarvt wurde? Also im Grunde für den ganzen Scheiß hier?”
“Jemanden zu bitten, ein derartiges Opfer zu bringen, fällt einem verdammt schwer. Insbesondere dann, wenn man durch dieses Opfer seine eigene Haut rettet. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass hier mehr auf dem Spiel steht als ein persönliches SchicksaL” Der Kriminalchef richtete seinen Blick wieder auf die Stadt. “Es ist wie im Ameisenhaufen, Harry. All die Mühen, die Loyalität, die manchmal sinnlosen Entbehrungen, nur der Ameisenhaufen ist das wert.”
Harry fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Verrat, Dolchstoß, Feigheit. Er versuchte, seine Wut herunterzuschlucken. Jemand musste geopfert werden, um die Schuld so tief wie möglich in der Hierarchie zu plazieren. Und irgendwie war das sogar okay. Er hätte Katrine Bratt früher entlarven müssen.
Harry richtete sich auf. Seltsamerweise war er beinahe erleichtert. Er hatte schon lange das Gefühl gehabt, dass es einmal so für ihn enden würde, so lange, dass er es fast schon akzeptiert hatte. Auch die Kollegen vom Club der toten Polizisten hatten einen solchen Abgang gehabt; ohne Fanfaren, ohne Ehrenbekundungen, bloß respektiert von sich selbst. Und den Ameisen in ihrer Umgebung, die wussten, worum es ging.
“Ich verstehe”, nickte Harry. “Und ich bin einverstanden. Ihr müsst mir dann sagen, wie ihr es gerne hättet. Aber ich bin der Meinung, dass wir diese Pressekonferenz trotzdem noch ein paar Stunden aussetzen sollten, bis wir mehr wissen.”
Der Kriminalchef schüttelte den Kopf. “Sie haben mich nicht richtig verstanden, Harry.”
“Es gibt möglicherweise neue Gesichtspunkte in diesem Fal!.” “Nicht Sie sollen über die Klinge springen.”
“Wir überprüfen gerade … ” Harry hielt inne. “Was haben Sie da gesagt, Chef?”
“Ursprünglich war es so angedacht, ja, aber Gunnar Hagen hat sich quergestellt. Er wird die Schuld auf sich nehmen. In diesem Moment sitzt er in seinem Büro und schreibt seine Kündigung. Ich wollte Sie nur darüber informieren, bevor die Presskonferenz losgeht.”
“Hagen?”, fragte Harry.
“Ein guter Soldat.” Der Kriminalchef klopfte Harry auf die Schulter. “Ich muss jetzt los. Die Pressekonferenz findet um acht Uhr im großen Saal statt, in Ordnung?”
Harry sah, wie sich der Rücken des Kriminalchefs entfernte, und spürte das Handy in seiner Tasche vibrieren. Nach einem Blick auf das Display entschied er sich, das Gespräch entgegenzunehmen. “Love me tender”, meldete sich Bjorn Holm. “Ich bin grade in der Rechtsmedizin. “
“Was hast du gefunden?”
“Es war menschliches Blut im Holz. Die Laborantin hier meint, Blut würde für eine DNA-Analyse leider total überschätzt, deshalb bezweifelt sie, dass wir ein Profil erstellen können. Aber sie hat die Blutgruppe bestimmt, und rate mal, was wir gefunden haben.”
Bjorn Holm machte eine Pause, doch dann sah er ein, dass Harry nicht Wer-wird-Millionär? spielen wollte, und fuhr fort:
“Das ist eine Blutgruppe, die die meisten Personen von vornherein ausschließt, um es mal so zu formulieren. Die haben nur zwei von hundert, im ganzen Kriminalarchiv finden sich bloß hundertdreiundzwanzig. Sollte Katrine Bratt diese Blutgruppe haben, wäre das ein verdammt gutes Indiz, dass sie in Ottersens Scheune war und geblutet hat.”
“Überprüf das am besten gleich in der Einsatzzentrale, die haben von allen Angestellten des Präsidiums die Blutgruppen.” “Wirklich? Verdammt, das mach ich sofort.”
“Aber sei nicht zu enttäuscht, wenn du herausfindest, dass sie nicht B Rhesus negativ hat.”
Harry wartete, während er der stummen Verblüffung seines Kollegen lauschte.
“Woher zum Henker weißt du, dass es B Rhesus negativ ist?” “Wir müssen uns treffen - wie schnell kannst du in die Anatomie kommen?”
Es war sechs Uhr abends, und die meisten Angestellten der Sandviken-Klinik waren längst zu Hause. Doch in Kjersti Rodsmoens Büro brannte noch Licht, dort saßen Knut Müller-Nilsen und Espen Lepsvik mit ihren Notizblöcken bereit. Die Psychiater in warf einen Blick auf ihre eigenen Aufzeichnungen und begann.
“Katrine Rafto hat mir erzählt, dass sie ihren Vater
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