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Schneemann

Schneemann

Titel: Schneemann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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kommen. Als er eintraf, hat sie ihn entwaffnet, damit er ihr zuhörte und sie ihn instruieren konnte, welche weiteren Schritte er unternehmen sollte.”
    “Entwaffnet?”, wiederholte Müller-Nilsen. “Aber sie hat sich doch ohne jeden Widerstand ergeben.”
    “Sie sagt, die Verletzung an ihrem Mundwinkel habe sie sich zugezogen, als Hole sie überwältigte”, erklärte Kjersti Rodsmoen. “Sollen wir dieser Psychopathin etwa glauben? “, fragte Lepsvik. “Sie ist jetzt nicht mehr psychotisch”, widersprach Rodsmoen entschieden. “Wir werden sie noch ein paar Tage beobachten, aber danach sollten Sie damit rechnen, sie zu übernehmen. Vorausgesetzt, Sie erachten sie dann noch immer für schuldig.”
    Ihre letzten Worte blieben in der Luft hängen, bis sich Espen Lepsvik nach vorn über den Tisch beugte.
    “Wollen Sie damit sagen, Sie glauben wirklich, dass Katrine Bratt die Wahrheit sagt?”
    “Es gehört nicht zu meinem Fachgebiet, dazu eine Meinung zu haben”, wehrte Rodsmoen ab und klappte ihr Notizbuch zu. “Und wenn ich Sie nicht als Fachperson frage?”
    Rodsmoen lächelte kurz: “Dann, Herr Kommissar, meine ich, sollten Sie einfach weiter an dem festhalten, woran Sie jetzt auch glauben.”
    Bjorn Holm lief zu Fuß den kurzen Weg von der Rechtsmedizin ins Anatomische Institut und wartete schon in der Tiefgarage, als Harry mit dem Wagen aus Tryvann kam. Neben Holm stand der grüngekleidete Präparator mit den Ohrringen, der die Bahre mit der Leiche geschoben hatte, als Harry das letzte Mal hier gewesen war.
    “Lund-Helgesen ist heute nicht hier”, unterrichtete ihn Holm. “Vielleicht können Sie uns ein bisschen herumführen?”, fragte Harry den Präparator.
    “Wir haben nicht die Erlaubnis, jemanden … “, begann der Grüngekleidete, wurde aber von Harry unterbrochen: ” Wie ist Ihr Name?”
    “Kai Robole.”
    “Okay, Robole.” Harry hielt ihm seine Polizeimarke unter die Nase. “Hiermit erteile ich Ihnen die Erlaubnis.”
    Robole zuckte mit den Schultern und schloss ihnen die Tür auf. “Sie können von Glück reden, überhaupt noch jemanden hier anzutreffen. Nach fünf ist normalerweise keiner mehr da.”
    “Dabei hatte ich den Eindruck, Sie würden hier ständig Überstunden machen”, meinte Harry.
    Robole schüttelte den Kopf. “Nicht hier im Keller bei den Toten. Hier ist man lieber, wenn es hell ist.” Er lächelte, ohne wirklich amüsiert zu wirken. “Was wollen Sie sehen?”
    “Die frischesten Leichen.”
    Der Präparator schloss eine Tür auf und führte sie durch eine weitere Tür in einen gefliesten Raum mit acht versenkten Wannen, zwischen denen ein schmaler Gang hindurchführte. Die Wannen waren mit Metallplatten abgedeckt.
    “Da unten liegen sie”, erläuterte Robole. “Vier pro Wanne. Die Wannen sind mit Alkohol gefüllt.”
    “Stark”, bemerkte Holm leise.
    Es war schwer zu sagen, ob der Präparator ihn absichtlich missverstand, aber er antwortete: “Vierzig Prozent.” “Zweiunddreißig Leichen also”, stellte Harry fest. “Sind das alle?” “Wir haben rund vierzig, aber das hier sind die letzten. In der Regel liegen die da ein Jahr, bis wir etwas mit ihnen machen.”
    “Und wie kommen die hierher?”
    “Mit dem Wagen des Bestattungsunternehmens. Falls wir sie nicht selbst holen, das kommt auch manchmal vor.” “Und die nehmen Sie in der Garage entgegen?” “Ja.”
    “Und was geschieht dann?”
    “Was dann geschieht? Na, wir fixieren sie, das heißt, wir öffnen sie oben am Schenkel und spritzen die Fixierlösung ein. Nur dadurch halten die sich so gut. Danach machen wir dann die Metallplättchen mit den Nummern, die in den Papieren stehen.”
    “Welche Papiere?”
    “Die Unterlagen, die wir mit den Leichen bekommen. Die werden oben im Büro archiviert. Diese Plättchen befestigen wir dann jeweils an einem Zeh, einem Finger und an einem Ohrläppchen der Toten. Wir versuchen nämlich immer, die Leichenteile registriert zu halten, auch nachdem die Körper zerlegt worden sind, damit sie möglichst vollständig verbrannt werden können, wenn ihre Zeit gekommen ist.”
    “Werden die Papiere und die Leichname jedes Mal überprüft?” “Überprüft?” Er kratzte sich am Kopf. “Nee, nur wenn wir Leichen verschicken. Hier in Oslo bekommen wir die meisten Körper überschrieben, so dass wir mitunter auch die Universitäten in Tromso, Trondheim und Bergen versorgen, wenn die selbst nicht genug haben.”
    “Es wäre also denkbar, dass hier jemand

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