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Schneemann

Schneemann

Titel: Schneemann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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reden”, fiel sie ihm ins Wort und legte ihre warme, kleine Hand auf seinen Schenkel.
    Den gleichen Satz wiederholte sie, als sie fünf Stunden später nackt unter ihm in seinem Bett lag.
    “Das ist mir noch nie passiert”, beteuerte er.
    Sie lächelte ihn an und streichelte über seine Wange. “Dann liegt es also nicht an mir?”
    “Was?”, stammelte er. “Nein, natürlich nicht.”
    Sie lachte. “Du bist süß. Nett und rücksichtsvoll. Was ist eigentlich mit denen hier passiert?”
    Sie kniff ihm in die Haut auf seiner Brust.
    Mathias spürte etwas Schwarzes. Etwas Hässliches, Finsteres, Wohliges.
    “Das ist angeboren”, erklärte er. “Ist das eine Krankheit?”
    “Das kommt in Zusammenhang mit dem Raynaud’schen Syndrom und Sklerodermie vor.”
    “Was ist das denn?”
    “Eine Erbkrankheit, die dazu führt, dass sich das Bindegewebe Schritt für Schritt verhärtet.”
    “Ist das gefährlich?” Vorsichtig fuhr sie ihm mit den Fingern über die Brust.
    Mathias lächelte und spürte eine aufkeimende Erektion. “Beim Raynaud’schen Syndrom werden bloß die Zehen und Finger kalt und weiß, die Sklerodermie ist schlimmer … “
    “Ja?”
    “Die Verhärtung des Bindegewebes führt dazu, dass sich die Haut strafft. Alles glättet sich, die Falten verschwinden.”
    “Ist das nicht gut?”
    Er spürte, wie ihre Hand nach unten wanderte. “Diese Straffung der Haut behindert schließlich die Mimik derart, dass das Gesicht zur Maske wird.”
    Ihre kleine, warme Hand legte sich um sein Glied.
    “Die Hände und schließlich auch die Arme krümmen sich, bis man sie irgend wann nicht mehr strecken kann. Zum Schluss steht man stocksteif da und wird von seiner eigenen Haut regelrecht erwürgt.”
    Sie flüsterte schwer atmend. “Das hört sich aber nach einem grausamen Tod an.”
    “Am besten nimmt man sich das Leben, bevor die Schmerzen einen wahnsinnig machen. Hättest du etwas dagegen, dich ans Fußende zu legen? Ich würde es gern im Stehen machen.” “Deshalb studierst du Medizin, oder?”, fragte sie. “Um herauszufinden, wie man damit leben kann.”
    “Ich will nur eines”, erwiderte er, stand auf und ging ans Ende des Bettes, während sein erigierter Schwanz in der Luft wippte. “Ich will herausfinden, wann der Zeitpunkt zum Sterben gekommen ist.”
    Der frisch ausgebildete Arzt Mathias Lund-Helgesen war beliebt in der Neurologie des Haukeland-Krankenhauses in Bergen. Sowohl seine Kollegen als auch seine Patienten bezeichneten ihn als einen tüchtigen, gewissenhaften Arzt, der den Kranken zuhören konnte. Letzteres war ihm eine große Hilfe, da er häufig mit Patienten mit den unterschiedlichsten unheilbaren Leiden zu tun hatte, darunter auch Erbkrankheiten, die höchstens gelindert werden konnten. Und wenn sie selten genug einen Patienten mit der schrecklichen Krankheit Sklerodermie hereinbekamen, wurde er immer gleich an den freundlichen, jungen Arzt verwiesen, der sich gerade erste Gedanken über eine Doktorarbeit in Immunbiologie machte. Es war früher Herbst, als Laila Aasen und ihr Mann mit ihrer Tochter zu ihm kamen. Die Gelenke der Kleinen hatten sich versteift und schmerzten, so dass Mathias erst an Morbus Bechterew dachte. Sowohl Laila Aasen als auch ihr Mann bestätigten das Vorkommen gichtartiger Leiden in ihrer Familie, so dass Mathias nicht nur dem Mädchen, sondern auch ihnen Blut abnahm.
    Als die Ergebnisse der Blutproben kamen, traute Mathias seinen Augen nicht. Und wieder spürte er dieses Schwarze, Hässliche, Wohlige in sich aufsteigen. Die Resultate waren negativ. Sowohl im Hinblick auf Morbus Bechterew als auch auf die Vaterschaft von Laila Aasens Mann. Und Mathias wusste, dass der Mann keine Ahnung hatte, während sie, Laila Aasen sehr wohl Bescheid wusste, denn es war ein kleines Zucken über ihr Gesicht gehuscht, als er sie um Blutproben bat. Fickte sie den anderen noch immer? Wie sah er aus? Wohnte er in einer Villa mit gepflegtem Rasen? Welche heimlichen Leiden hatte der? Und wie und wann würde die Tochter herausfinden, dass sie ihr Leben lang von dieser verlogenen Hure hinters Licht geführt worden war?
    Mathias blickte zu Boden und bemerkte, dass er das Wasserglas umgestoßen hatte. Ein großer, nasser Fleck breitete sich auf seinem Hosenbein aus, und er spürte die Kälte vom Bauch in den Kopf steigen.
    Schließlich rief er Laila Aasen an und informierte sie über das Ergebnis. Das medizinische. Sie dankte ihm hörbar erleichtert und legte auf. Mathias starrte

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