Schneemond (German Edition)
richtig klein zu kriegen, Sam? Das ist eine
Scheiß
arbeit. Das ist so ähnlich wie mit dem Papierfalten – der Bogen kann so groß sein, wie er will, aber Sie können so ein Papier nicht mehr als sechs- siebenmal falten. Dann ist Schluss! Mehr geht einfach nicht!«
Moore knallte seine Unterlagen auf den Tisch, sprang auf und ging wieder zum Fenster hinüber, wo er mit dem Ellenbogen an den Rahmen gelehnt undmit hängendem Kopf stehen blieb. Schließlich rieb er sich seinen schmerzenden Nacken.
»Ich weigere mich einfach, Frank, einen mehrstündigen – geschweige denn mehr
tägigen
– Kampf der Frau gegen ihre Peiniger in Betracht zu ziehen. Auch wenn wir unterstellen, dass sie – was weiß ich – eine Einzelkämpferausbildung oder so etwas gehabt hätte. Gegen eine solche Überzahl auf so kleinen Raum hätte sie doch nie bestehen können! Außer, sie hätte ihre Angreifer einen nach dem anderen außer Gefecht gesetzt – und ich kann den Berichten nicht entnehmen, dass auch nur
ein
Tropfen Blut einer dritten Person am Tatort zu finden gewesen wäre. Kein Platz sich zu verstecken, Schutz zu suchen, sich auszuruhen – unmöglich.«
Er versank wieder in tiefes Brüten.
Jetzt klappte auch Torrens seine Akte zu.
»Also gut, Sam. Bevor wir an dieser Frage noch wahnsinnig werden, warten wir doch mal ab, was uns die
Leichenfledderer
morgen alles präsentieren können. Vielleicht ergibt sich ja ein ganz anderer zeitlicher Ablauf.«
Moore sah Torrens ob seiner flapsigen Ausdrucksweise missbilligend an. »Vorsicht, Agent Torrens«, warnte er seinen Partner auf Zeit. »Eine gute Bekannte – die ich im Übrigen sehr schätze – ist Gerichtsmedizinerin. Und gerade Sie sollten doch wissen, welch wertvolle Arbeit diese Leute leisten.«
Torrens hob beschwichtigend die Hände.
»Entschuldigen Sie Sam. Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten, aber mit den Jahren schleichen sich so...., na ja,...
Insider
bezeichnungen ein, die gar nicht mal abwertend gemeint sind. Ich denke wir wollen uns mit derartig schwarzem Humor die Grausamkeiten etwas erleichtern, die wir uns oft ansehen müssen.«
Moore lächelte.
»Schon gut Frank, wir sind wohl beide schon etwas müde heute.«
Er ging zurück zum Tisch und setzte sich wieder.
»Wen haben Sie denn unter ihren –
Leichenfledderern
?« fragte er.
»Ein paar sehr gute Leute«, antwortete Torrens.
»Dr. Warren, einen noch recht jungen Biologen vom Smithonian und seinen Kollegen Dr. Kim Yu. Natürlich unter der bewährten Leitung von Professor Anderson, die.....«
Moore schreckte hoch. »
Karen
Anderson?«, fragte er.
Torrens blickte ihn überrascht an. »Ja! Kennen Sie sich?«
Moore nickte mit einem ungläubigen Gesichtsausdruck.
»Karen Anderson ist die Bekannte, wegen der ich Ihnen vorher in die Parade gefahren bin Frank«, sagte er laut und dachte bei sich:
und Karen Anderson bedeutet mir mehr als jeder andere Mensch in meinem Leben
.
Dieser verrückte Fall und
Karen
– es gibt keine Zufälle.
Kapitel 5.
S o schnell sein Entschluss auch gefasst gewesen war, so aufwendig gestaltete sich doch dessen Umsetzung, wie Lukas feststellen musste.
Schon zwei Tage nach dem Abend ihres Wiedersehens, der ihn auf eine erstaunliche Weise mit Energie und Tatendrang förmlich vollgepumpt hatte, teile ihm Ben per Mail den kalkulierten Zeitplan für ihr
kleines Unternehmen
mit. Demnach sollte er bis in etwa zwei Wochen mit seinen laufenden Arbeiten soweit zurande gekommen sein, dass er für Ben’s Projekt frei war, welches vorerst auf zwei Monate angelegt war.
Plötzlich sah sich Lukas gezwungen, wieder von sich aus auf Menschen zuzugehen, um Termine abzustimmen und seine Unabkömmlichkeit für die nächsten Wochen und Monate zu erklären.
Das war für ihn, der seine ganze Kraft der vergangenen Jahre darauf verwendet hatte, sich tief und sicher
einzugraben
, schon ein Sprung von der Klippe. Und nicht nur einmal schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, dass dies vielleicht sogar eine von Ben’s Absichten gewesen war – und nicht nur einmal wünschte er ihm dafür scheußlich juckende Pusteln an den Hals.
Doch je mehr er sich mit seinen, sich ändernden Lebensumständen auseinander setzen und arrangieren musste, desto mehr erkannte er, auf welchen bodenlosen Schlund er zugeschlittert war. Ganz besonders wurde ihm sein bisheriges Einsiedlerdasein vor Augen geführt, als er bei einem der Büros, für die er arbeitete, persönlich mit den letzten abgeschlossenen Arbeiten vorbeikam, um
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