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Schneenockerleklat

Schneenockerleklat

Titel: Schneenockerleklat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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vor bewusstlosen
jungen Frau aus dem Kofferraum vorbei, die auf einer fahrbaren Trage auf ihren
Weitertransport wartete.
    Der Ex-Polizist, der jetzt erstmals ihr Gesicht gesehen
hatte, zuckte kurz zusammen. Dann schüttelte er leicht den Kopf. Wollte schon
weitergehen, drehte sich aber nochmals um und nahm das Mädchen neuerlich in
Augenschein.
    »Was ist denn los?«, wunderte sich Palinski. »Kennen Sie die
junge Dame?«
    »Ich weiß nicht!«, Helmbach hob unsicher seine Achseln, »sie
kommt mir irgendwie bekannt vor. Ich weiß aber nicht, wo ich sie hintun soll.«
    »Das kenn ich«, lachte Palinski, »so geht es mir auch oft.
Das ist das Problem, wenn man so viele Leute trifft wie Sie und ich. Am besten
denkt man nicht weiter dran. Die Antwort stellt sich dann meistens ganz von
selbst ein!«
    Helmbach nickte zwar, ließ aber gleichzeitig erkennen, wie
schwer es ihm fiel, nicht an das Mädchen zu denken. Je mehr er versuchte, sie
aus seinem Denken zu verbannen, desto mehr beschäftigte sie ihn.

     
    *

     
    Der alte Russe Juri Malatschew, Journalist, und
der noch ältere Schotte Douglas Rennerby, Krimiautor, hatten sich zwar nicht
gesucht, aber gefunden. Und wie sie sich gefunden hatten.
    Juri, der seit Stunden im Café im Wintergarten saß
und ohne Pause konsumierte, hatte etwas für ihn völlig Untypisches getan. Er
hatte den ins Café kommenden Schriftsteller einfach begrüßt. Was halt bei Juri
eine normale Begrüßung ist, also mit dröhnender Stimme, sodass jeder im Raum
wusste, ein Mister Rennerby war gekommen.
    Der weltberühmte Master of Suspense wieder hatte sich, ohne
gefragt zu haben, einfach zu Malatschew an den Tisch gesetzt, ihn gefragt, ob
man das Bier hier trinken könnte, und sich dann einen ersten doppelten Whisky
bestellt. Ganz ohne, nur mit ein wenig Wasser.
    Seither, und das war inzwischen immerhin schon fast eine
Stunde, quatschten die beiden miteinander wie alte Bekannte. In einer kuriosen
Mischung aus Englisch, Deutsch mit einigen russischen, italienischen und
französischen Brocken gemischt. Es war ein wahrhaft internationales Gebrabbel,
das die beiden Männer mit einer bewundernswerten Intensität betrieben. Und dazu
soffen und fraßen sie, dass es nur so eine Freude war. Zumindest für den Wirt.

    Ungefähr jede volle Stunde kam ein jüngerer Mann vorbei, ein
Doktor Winmark, wie Malatschew nach dem zweiten Besuch mitbekommen hatte, und
überwachte die Einnahme jener Medikamente, die sein Patient einzunehmen hatte.
    Ja, auch den Blutdruck hatte er bei Doug gemessen, danach ein
wenig den Kopf geschüttelt und ihm weitere Pillen aus einer speziellen
Verpackung verpasst.
    »Betablocker«, raunte der Schotte dem Russen zu, »um die
Sauferei zu kompensieren!« Er grinste. »Willst du auch welche?«
    Juri lehnte dankend ab, ließ sich aber den Blutdruck messen,
um Doug nicht zu beleidigen.
    145/90, na bitte, gar nicht so schlecht für so einen alten
Sack, dachte er schließlich zufrieden und ließ sich einen großen Grappa
servieren.

     
    *

     
    John Doe ließ sich langsam an die
Wasseroberfläche treiben. Er hatte ein ungemein angenehmes Gefühl, so warm,
weich und kuschelig. So ähnlich musste sich ein ungeborenes Baby im
Fruchtwasser seiner Mami fühlen. Er konnte sich natürlich nicht erinnern, wie
das bei ihm und seiner Mutter gewesen war. Möglicherweise ebenso angenehm wie
das Gefühl jetzt. Aber in seinem Fall bezweifelte er das eher.
    Er konnte sich an keine Situation in den 38 Jahren seines
Lebens erinnern, in der ihm seine Mutter ein angenehmes Gefühl vermittelt
hätte.
    Nein, das war ungerecht und stimmte so nicht. Einmal, in der
fünften oder sechsten Klasse Mittelschule, hatte er Grippe gehabt, und sie
hatte ihm einen heißen Tee ans Bett gebracht. Damals hatte er sich zwar den
Mund verbrannt, aber immerhin.
    Auf jeden Fall war es Wärme gewesen, die er seiner Mutter zu
verdanken gehabt hatte.
    Jetzt merkte der Mann erst, wie hungrig und durstig er war.
Er entschloss sich, aufzutauchen, an Land zu gehen und etwas zu essen und zu
trinken zu beschaffen.
    Vorsichtig öffnete John Doe zuerst das linke Auge und dann
auch das rechte.
    Aus seinem Unterarm ging ein Infusionsschlauch hinauf bis zu
einem Plastikbeutel mit einer farblosen, wasserähnlichen Substanz, der an einem
speziellen Gestell aufgehängt war.
    Der Raum, in dem er sich befand, war definitiv nicht in
seiner Wohnung. Oder in der Wohnung seiner Mutter. Alles in dem

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