Schneenockerleklat
Generaldirektor Eberheim wollte ob dieser Nachricht nicht so recht traurig
werden. Die Anwesenheit eines Regierungsmitgliedes im Hause bedeutete in der
Regel eine derartige Potenzierung an Zorres, Störungen, Sicherheitspersonal und
unangenehmen Maßnahmen, die den normalen Hotelgästen kaum zumutbar waren.
Also e r konnte gut ohne das Schlagobershauberl [3] ministerieller Präsenz auf dem Maskenball leben.
Major Fink Brandtner hatte in Abstimmung mit seinen Kollegen
vom steiermärkischen Landeskriminalamt veranlasst, dass Sandy und Burschi
vorläufig in Gewahrsam genommen wurden. Praktisch bedeutete das einen
Uniformierten vor dem Krankenzimmer der beiden in Mürzzuschlag.
Aber auch Albert Abbersyn war angezeigt worden. Im Gegensatz
zu seinen beiden ursprünglichen Komplizen blieb er aber auf freiem Fuß. Ihm
wurden lediglich Vortäuschen einer Straftat sowie Verabredung zur Vortäuschung
einer Straftat vorgeworfen.
Sandy und Burschi mussten sich darüber hinaus auch noch wegen
Kidnapping in Tateinheit mit Erpressung verantworten. Angeblich sollte auch geprüft
werden, ob und inwieweit das fahrlässige Verlieren eines Entführungsopfers, wie
es den beiden passiert war, einen strafrechtlichen Tatbestand erfüllte.
Besonders erfreulich für Wilmas Familie war, dass der größte
Teil der 200.000 Euro, nämlich 193.724 Euro, bei den beiden Erpressern
sichergestellt werden konnte.
Gott sei Dank hatte man inzwischen auch die arme Aloisia
Nachtbaur im Kasten in der Suite 309 gefunden, wo die Gute gefesselt und
geknebelt mehr als drei Stunden unfreiwillig Pause gemacht hatte.
Zur Absicherung des letzten Tages der Veranstaltung, vor
allem aber des abendlichen Maskenballs zog Fink Brandtner in Kooperation mit
den Polizeistellen in Neunkichen, Schottwien und – grenzüberschreitend im Wege
der Amtshilfe – sogar Mürzzuschlag zusätzlich zwölf Kriminalbeamte zusammen,
die sich unter das Volk mischen und aus der Anonymität heraus ihre sechs
uniformierten Kollegen unterstützen sollten.
Schließlich hatte Sir Frederick Swanhouse vor Beginn der
eigentlichen Jubiläums-Hauptversammlung um 15 Uhr noch eine dringliche Sitzung
des Exekutivkomitees einberufen, zu dem auch Major Brandtner, Generaldirektor
Eberheim und Mario Palinski gebeten wurden.
Dabei schien es Sir Frederick vor allem darum zu gehen,
jegliche Verantwortung der FECI für das bisher Geschehene und vor allem auch
für das, was möglicherweise noch bevorstand, zu bestreiten und die Schuld auf
die drei sozusagen zum Rapport angetretenen Inländer abzuwälzen.
Was dazu führte, dass Major Brandtner auf ein Memo seiner
Behörde vom Oktober des Vorjahres hinwies, das die Verstärkung der offiziellen
Sicherheitsvorkehrungen durch private Kräfte empfohlen hatte.
Generaldirektor Eberheim wieder erklärte, ohne speziell dazu
aufgefordert worden zu sein, die Hotel-Security für die Dauer der FECI-Veranstaltung
um drei Mann aufgestockt zu haben.
Der nach wie vor kritische Blick des Sirs, der sich jetzt
ausschließlich auf Palinski konzentrierte, veranlasste Letzteren, ein Papier
aus seiner Tasche zu ziehen und auf die darauf befindliche Angebotsposition
Zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen zu deuten.
Die mit 14.500 Euro ausgewiesene Position war mit violettem
Filzstift, dem Markenzeichen Sir Fredericks, durchgestrichen worden. Daneben
stand, ebenfalls in violett und unzweifelhaft in Swanhouse’ Handschrift, der
Vermerk: Not necessary, too expensive.
Sir Frederick blickte ziemlich sauer, Fink Brandtner konnte
einen leichten Anflug von Grinsen nicht verhindern, und Palinski hatte etwas
trotzig Triumphierendes im Blick.
Generaldirektor Eberheim war im Umgang mit Gästen Profi
genug, sich nichts anmerken zu lassen. Andererseits war er aber auch nicht der
Typ, der einem Gast in den Arsch kroch.
Für ihn war der Gast natürlich König, allerdings unter der
Maßgabe, dass auch ein König Pflichten hat.
Also tat Eberheim nichts, schwieg auf eine gewisse arrogante
Weise, und jeder konnte sich seinen Teil denken.
Gleich darauf erklärte Sir Frederick die Besprechung für
beendet und wollte die drei Besucher wegschicken wie Bedienstete. Die dachten
aber gar nicht daran zu gehen, sondern bestellten sich Kaffee und zwangen den
präpotenten Engländer damit selbst zum Rückzug.
»Ein unangenehmer Mensch.« Eberheim sprach aus, was alle
dachten. »Glaubt offenbar, etwas Besseres zu sein, nur weil seine Vorfahren
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