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Schneenockerleklat

Schneenockerleklat

Titel: Schneenockerleklat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Päckchen herauszuholen. Um was es
sich dabei handelte, konnte Fossler im Moment nur vermuten.
    Die Aufgabe erwies sich schwieriger als vermutet. Sobald man
den Gegenstand fast bis zum Schlitz angehoben hatte, löste er sich aus der
Umklammerung und fiel wieder nach unten. Aber die Geduld der beiden Männer
wurde schließlich belohnt.
    Nach fünf Versuchen, vielleicht waren es auch schon sechs gewesen,
gelang es Fossler, eine Ecke des Umschlages so weit aus der schmalen Öffnung zu
ziehen, dass er sie mit den Fingerspitzen greifen konnte. Vorsichtig zog er den
Rest des Kuverts heraus und hielt es schließlich in Händen.
    ›An Frau Anita Abbersin‹ stand darauf. Gut leserlich, aber
nicht korrekt geschrieben. Ganz und gar nicht.

     
    *

     
    Während sich die ersten Läufer mehr oder weniger
elegant über den Slalomhang quälten, die wenigen wirklich guten Skifahrer
sollten ja erst gegen Ende der Veranstaltung kommen, hatte Pahl-Giacometti in
seinem Ausguck am Dachboden des ›Semmering Grand‹-Gebäudes seine Ewige Geliebte
einsatzbereit gemacht. Mit schlafwandlerischer Sicherheit hatte der 68-Jährige
die einzelnen, sorgfältig gewarteten Bestandteile des Scharfschützengewehres
aus dem speziellen Koffer geholt und zu einem tödlich funktionierenden Ganzen
zusammengefügt, über das er nach Beendigung seiner anmutig erscheinenden
Tätigkeit fast liebevoll gestreichelt hatte.
    Nun aber zögerte der Commendatore kurz, überlegte wohl,
welche Munition er am besten zum Einschießen verwenden sollte. Er entschied
sich schließlich für Teilmantelpatronen, Präzisionsprodukte aus der Schweiz,
wie sie auch von der Polizei gern verwendet wurden.
    Während Pahl-Giacometti, also Carlo Montebello, die Waffe
sorgfältig lud und prüfte, dass alles in Ordnung war, trug ihm der Wind leise,
aber deutlich verständlich die Nachricht zu, dass »anstelle des plötzlich
erkrankten Bill McEnery Mario Palinski für Scotland Yard starten wird. Palinski
wird mit der Nummer 27 B als Letzter ins Rennen gehen!«
    »Na, so was!«, murmelte der Commandatore. »Mario Palinski
startet!« Etwas lauter fuhr er fort: »Ist das nicht der große Organisator
dieser Veranstaltung, Antonio?«
    »Si«, meinte der, »securo. Ja, der große Organisator. Das
kann man wohl sagen!«
    »Bene«, meinte Montebello, »dann wollen wir sehen, ob er auch
ein großer Champion ist!«
    Er legte an, blickte durch das Zielfernrohr und war immer
wieder verblüfft und dankbar und fasziniert von diesem neuen sechsfachen Zoom.
Fantastisch, was diesem Unternehmen da wieder für eine Innovation gelungen war.
Seine Augen waren ja wirklich nicht mehr die allerbesten, aber mit dieser Optik
war auch er noch immer Erster, freute sich Pahl-Giacometti. Er fühlte sich wie
vor 30 Jahren oder noch jünger, als er jetzt einen ersten Schuss abgab.
Fast übermütig. Nur so, um überhaupt einmal zu sehen, wohin er ging und wie
viel nachjustiert werden musste.
    Hoppla, das war gerade noch gut gegangen.
    Na bitte, er war sicher gewesen, der erste Schuss würde zu
weit nach links gehen. Und er war wirklich etwas zu weit nach links gegangen.
Das war aber nicht weiter schlimm, dachte er und setzte das Gewehr wieder ab.
Mehr als 40 Jahre Schießpraxis, mehr als 40 Jahre Erfahrungen, das war
eben unbezahlbar.

     
    *

     
    Nachdem Palinski mehr oder weniger gezwungen
worden war, diesen lächerlichen Hang demnächst möglichst schnell
hinunterzufahren, nein, nicht nur hinunterzufahren, sondern dabei auch noch
zwischen einer bestimmten Anzahl von mit bunten Fähnchen bewehrten Stangen hin
und her, und noch dazu in einer ganz bestimmten Reihenfolge, war er rasch
zurück ins Hotel gelaufen.
    Als ihm Florian Nowotny in der Halle über den Weg gelaufen
war, war Mario das mehr als nur recht gewesen. Und er hatte seinen Assistenten
gebeten, kurz mit ihm aufs Zimmer zu kommen.
    Kurze Zeit später verließ Palinski, trotz einer dunklen
Skibrille vor Augen an seiner lustigen Zipfelmütze erkennbar, das Hotel im
flotten Skidress und machte sich auf den Weg zum Start. Diese Haube war ihm
fast heilig, immerhin hatte Wilma selbst wochenlang daran gestrickt, nicht
durchgehend natürlich, und sie ihm erst vor wenigen Tagen zum Geschenk gemacht.
    Kurz hinter dem neuen Skistar wider Willen verließ ein
zweiter, trotz des relativ milden Wetters fast bis zur Unkenntlichkeit
vermummter Gast das Hotel und schlenderte gemütlich zum Slalomhang.
    Im Zielbereich

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