Schneerose (German Edition)
genauso
sehen.“, stimmt ihr Claudia sofort zu.
„Dann können wir sie in Dschidda lange suchen. Das
ist die Metropole in Saudie-Arabien.“, wirft Lia frustriert ein.
„Das war aber nicht schon immer so. Dschidda gibt es
noch nicht all zu lange, früher war eine andere Stadt größer. Darüber habe ich
etwas in meinem Reiseführer gelesen, Moment...“, meldet sich der Besserwisser
zu Wort und holt aus seiner Hosentasche ein in Folie eingeschweißtes Büchlein
hervor, in dem er sofort hektisch zu blättern beginnt.
Das Mädchen neben ihm mit der rosa Haarsträhne reißt
fassungslos die Augen auf. „Nicht nur, dass du als Einziger einen Reiseführer
hast, du hast ihn auch noch eingeschweißt.“
Der Junge zuckt mit den Schultern. „Tja ich bin eben
gut vorbereitet und die Folie ist nur damit es nicht kaputt geht, vielleicht
brauche ich es ja noch mal.“
„Du wolltest erst gar nicht mitkommen und jetzt
willst du noch mal nach Saudi Arabien?“, fragt Lindsay skeptisch mit
hochgezogenen Augenbrauen. Genervt stöhnt Claudia auf. Nicht schon wieder.
„Könnt ihr nicht einmal damit aufhören? Niemand
möchte euren Beziehungsstress hören!“, fährt sie die Beiden verärgert an und
erntet dafür geschockte Blicke, aber wenigstens ist es jetzt still.
„Wir haben keine Beziehung!“, verkündet Lindsay
dennoch, doch der tödliche Blick, den sie daraufhin von Claudia erntet, lässt
sie augenblicklich verstummen und zurückweichen.
Nach einer kurzen Pause hat Mike dann endlich
gefunden, wonach er gesucht hat und zitiert:
„ Einst verbannte der Prophet Salomon alle
Dschinn, alle Geister also, auf eine Insel an der Rotmeerküste des Sudans. Die
kleine Insel, 400 Meter im Durchmesser, war das Sidschinn, das Gefängnis der
Geister. Sidschinn, so geht die Legende, wandelte sich zu der Hafenstadt Suakin,
aus der die Schätze des Sudans nach Dschidda in Arabien gebracht wurden: Butter
von Schafen und Kamelen, Mais, Sklaven.“
„Suakin, also. Gefängnis der Geister hört sich
mystisch und alt an, passend für Lilith, wenn ihr mich fragt.“, stimmt Tru ihm
zu. Stolz grinst er in die Runde, wofür Lindsay mit den Augen rollt und ein
Würggeräusch von sich gibt. Wahrscheinlich sollte Claudia einen von ihnen doch
mal anknabbern, damit sie endlich mit ihren Kindereien aufhören.
„Heute ist Suakin eine Ruinenstadt. Es leben nur
noch wenige Menschen dort und es gibt weder Strom noch richtige Wasserzufuhr.“,
erläutert Mr.Knowitall weiter. So langsam möchte Claudia ihm ebenfalls den Hals
umdrehen. Vielleicht sollte sie mit dem Annagen bei ihm beginnen.
Alle mustern erwartungsvoll Lia. Immerhin ist sie
es, die nach ihrer Mutter sucht. Sie hat die besondere Verbindung zu Lilith.
Sie entscheidet was geschieht, doch wirkt sie zögerlich.
„Ich bin mir unsicher...“, druckst sie herum und
Mike reicht ihr den Reiseführer. Die aufgeschlagene Seite zeigt ein Bild von
halbverfallenen Ruinen. Die Steine, der Boden und selbst der Himmel wirken
durch den Staub der Wüste rötlich. Im Vordergrund stehen drei schwarz vermummte
Frauen und im Himmel fliegen Schwärme von Raben. Am beeindruckernsten ist
jedoch die Sonne. Sie ist eine weiße Scheibe am roten Himmel, die so matt und
schwach wirkt, dass man ohne Probleme hineinschauen könnte und das in einem der
heißesten Länder der Welt.
Lia nickt. „Es fühlt sich richtig an. Dieser Ort
würde zu IHR passen.“
Damit ist es beschlossene Sache, die Reise geht
weiter nach Suakin.
Claudia und Chasity sind in tiefschwarze
traditionelle Roben gekleidet, die lediglich einen Schlitz an den Augen
freilassen, doch selbst diesen haben sie durch große Sonnenbrillen verdeckt.
Trotz ihrer Verkleidung spüren sie die Hitze und das Brennen der Sonne
unangenehm auf ihrer Haut. Nur der milde Wind des Hafens mildert das Gefühl.
Seit Chasity wieder aufgewacht ist, würde Claudia ihre Hand am liebsten gar
nicht mehr los lassen, doch die Sonne untersagt ihr jede noch so kleine
Berührung.
Ratternd läuft ein kleines Schiff namens
„Drachenblume“ in den Hafen ein. Die weiße Farbe blättert an vielen Stellen
bereits ab und die Seile der Rettungsboote wirken als würden sie jeden Moment
durchreißen, doch für die geringe Größe des Schiffes strömen erstaunlich viele
Menschen aus dem Bug heraus. Alle wirken sie erleichtert ihr Transportmittel
endlich verlassen zu können. Den sechs Reisenden steht die vierzehnstündige
Fahrt jedoch erst noch bevor.
Kaum dass die einen
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