Schneerose (German Edition)
Claudia würde es niemals
zulassen. Sie drückt Chasitys Hand und wispert ihr mit vor Glück bebender
Stimme ins Ohr: „Da bist du ja wieder, Dornröschen.“
Chasity lächelt. „Dornröschen?“, krächzt sie mit
trockener Stimme. „Ich bin älter als das Märchen selbst.“
Ein Kichern ertönt von den Anwesenden.
„Schneewittchen wäre passender!“, wendet Lia ein und
schenkt Chasity ein aufmunterndes Lächeln. Claudia kann nichts dagegen tun,
doch sie beginnt das Mädchen zu mögen. Am Anfang hat sie Lia schlicht
verachtet, einfach weil sie ein Mensch war und als sie eine Succubus wurde, hat
sie sie für ihr tödliches Blut gehasst, doch die Reise hat sie gezwungen sie
besser kennen zu lernen und je mehr sie von ihr sieht, um so mehr Mitgefühl
entwickelt sie für Lia. Sie beginnt etwas in ihr zu sehen, dass auch Orlando
gesehen haben muss. Doch was immer es auch sein mag, sie wird für immer in
ihrer Schuld stehen. Sie hat das Wichtigste in ihrem Leben gerettet: Chasity.
„Schneewittchen ist aber an einem vergifteten Apfel
erstickt. Das passt doch gar nicht.“, wendet nun das Mädchen mit der rosa
Haarsträhne ein und Claudia bereut auf der Stelle ihr Mitgefühl für die
Menschen.
„Dann ist Lias Blut eben der Apfel.“, mischt sich
nun auch noch der Junge ein, der sowieso immer alles besser weiß. Menschen sind
nervig.
„Dann wäre Lia aber die böse Königin. Sie wollte
Chasity doch gar nicht vergiften.“, kontert Lindsay leicht zickig, einfach nur
um Mike zu widersprechen.
Diskutieren ist etwas das Menschen viel zu oft und
meist vollkommen unnötig machen. Die Diskussion scheint auch den Jungen zu
nerven, denn er beißt verbittert die Zähne zusammen.
„Das weiß ich auch.“
„Die böse Königin ist auch nicht die Schönste im
ganzen Land, sondern Schneewittchen ist tausendmal schöner, wenn ich dich daran
erinnern darf. Denn das wolltest du uns doch sicher damit sagen, oder? Du
wolltest doch sicher wieder darauf hinweisen, wie sehr du Lia doch magst, oder?
So ist es doch. So ist es doch immer!“, redet sich Lindsay in Rage. Peinlich
berührt senken Lia und Tru den Blick, während Mike der Mund offen stehen
bleibt. Er ist sprachlos und fängt an zu stottern, was ihn wie einen totalen
Vollidioten dastehen lässt. Wobei er das aus Claudias Sicht ohnehin schon ist.
„Nein...ich...gar nicht!“
„Tzz...“, schnaubt Lindsay nur und pustet sich
schnippisch die Ponyfransen aus der Stirn.
Chasitys Lachen durchbricht die angespannte
Stimmung. So frei und unbeschwert hat sie sich schon seit Ewigkeiten nicht mehr
angehört. Es erinnert sie an die Zeit als Chasity und sie noch jünger waren,
ohne jede Verpflichtung.
„Einigen wir uns darauf, dass ich weder Dornröschen,
noch Schneewittchen oder irgendeine andere Märchenfigur bin. Ich bin einfach
nur Chasity und wer seid ihr? Bei wem darf ich mich für meine Rettung aus dem
Reich der Albträume bedanken?“
„Du bist die Königin der Vampire. Chasity Moundrell,
die älteste Nachfahrin der Königsfamilie.“, widerspricht ihr Claudia geschockt. ‚Einfach nur Chasity’ , ihre Freundin hat sich definitiv verändert. Sonst
war sie doch immer so stolz auf ihre Herkunft und ihre Familie gewesen und
jetzt war sie Einfach-nur-Chasity. Diese streicht Claudia nun beruhigend über
den Arm und nickt aufmunternd in die Richtung der anderen, die sich
nacheinander ihr vorstellen. Einfach-nur-Lindsay, Einfach-nur-Mike,
Einfach-nur-Halbvampir-Tru und zuletzt Einfach-nur-Succubus-Lia, ihre Retterin.
Claudia schmerzt es dabei zusehen zu müssen, wie Chasity die Succubus, die sie
überhaupt in diese Lage gebracht hat, vor Dankbarkeit in die Arme schließt.
Nein, sie mag Lia doch nicht. Die Eifersucht verbietet es ihr.
Sie räuspert sich. „Albträume? Wovon hast du
geträumt?“
Chasity berichtet ihnen von dem Traum, den sie von
Kain und wie sie jetzt schätzt Lilith hatte. Daraufhin klären die anderen sie
über ihre Vermutung auf, dass Lilith Lias Mutter sein könnte und somit die
Mutter aller Succubi, wenn es noch mehr gibt.
„Wie sah der Ort aus, an dem du die beiden gesehen
hast?“, will Lia nun wissen.
„Alt. Es war eine Höhle und es war dunkel, aber definitiv
alt. Sehr alt. Ich meine sogar, dass ich dort das Meer hätte rauschen hören.“
„Lilith ist uralt. Sie ist so alt wie die Welt
selbst. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie das Großstadtleben reizen
würde. Selbst die älteren Vampire meiden den Trubel. Lilith dürfte es
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