Schneerose (German Edition)
„Du wirst mich nicht mehr los!“
Lias Kopf sinkt dankbar auf Trus Schulter. Sie würde
sich in diesem Moment niemand anderen als Tru an ihrer Seite wünschen. Sie gibt
ihr Stärke, wenn sie schwach ist und schenkt ihr Glauben, wenn sie sich selbst
aufgibt. Tru ist ihr Licht in der Dunkelheit.
„Danke, ohne dich würde ich das nie schaffen.“
„Dafür sind Schwestern da.“
Ihre Blicke sind zu Boden gerichtet und ihre Knie
drücken gegen den rauen und kantigen Stein. Liliths Blick ruht eisig auf ihnen.
Misstrauisch streift sie wie eine Löwin um Chasity und Claudia, sucht nach der
leisesten Spur eines Hinterhalts. Doch scheint sie nicht fündig zu werden.
Ehrhaben bleibt sie vor den knienden Frauen stehen.
„Ich erteile euch die Erlaubnis zu sprechen!“ Ihre
Stimme ist warm und sanft, doch ihre grünen Augen sind kalt wie Eiszapfen. Die
Verachtung für ihre Rasse ist aus ihnen herauszulesen.
„Lilith, Königin der Nacht, Schöpferin der Schatten,
ich stelle mein Leben in deinen Dienst.“ Chasitys Stimme ist laut und kräftig.
Sie hallen von den kahlen Höhlenwänden, durch deren Löcher das violette Licht
der untergegangenen Sonne scheint und sich feurig in Liliths Haaren verfängt.
„Was für sie gilt, gilt auch für mich.“, ergänzt
Claudia mit derselben Würde. Doch so weise und ehrenhaft ihre Worte auch
gewählt sein mögen, gelingt es ihnen nicht Lilith damit von ihrer Ehrlichkeit
zu überzeugen, denn ihr Blick bleibt weiter voller Zweifel und Misstrauen.
Jedoch belohnt sie ihre Tapferkeit mit dem Zugeständnis sich erheben zu dürfen.
„Warum solltet ihr bereit sein gegen eure eigene
Rasse in den Krieg zu ziehen?“
„Werte Königin ich schulde Eurer Tochter mein Leben.
Ihr Blut hat mich geheilt.“, rechtfertigt sich Chasity und hofft damit endlich
Liliths Herz zu erreichen. Als ehemalige Königin der Vampire ist sie es nicht
unbedingt gewöhnt um Zuneigung zu betteln.
„Liandra...“, die Eiszapfen in Liliths Blick
erlöschen. Das Feuer ihrer Haare lodert in ihren Augen auf. Die Strenge weicht
aus ihrem Gesicht und hinterlässt Kummer und Sorgen. „Sie ist meine erste
Tochter. Sag, war es dein Blut, dass sie erweckt hat?“
Schuldbewusst schüttelt Chasity den Kopf. „Nein, es
war mein Biss, der sie beinahe getötet hätte.“
„Und trotzdem hat sie dir freiwillig ihr Blut
gegeben, um dich zu retten. Warum?“
„Ich nehme an sie hat ein gutes Herz. Ihr könnt
stolz auf euere Tochter sein. Sie macht keinen Unterschied zwischen Mensch,
Vampir oder Succubus.“
„Es bedarf nicht deiner Worte, um den Stolz in mir
zu erwecken. Sie ist es, die den Fluch gebrochen hat.“
„Verzeiht Königin und Schöpferin, von welchem Fluch
sprecht Ihr?“, beteiligt sich nun auch Claudia an der Unterhaltung, doch anders
als Chasity, die sich Lilith gegenüber fast unterwürfig zeigt, reckt sie ihr
nun stolz ihr Kinn entgegen. Es gibt keinen Grund sich für ihre Rasse zu
schämen, denn sie hat sie schließlich nicht selbst gewählt.
Lilith beginnt in hohen Tönen zu lachen, so lieblich
wie ein Glockenspiel. „Kain weiß von dem Bann und trotzdem hält er es nicht mal
für nötig eine seiner vielen Vertreter einzuweihen. Wahrscheinlich hat er sich
mal wieder selbstüberschätzt.“
Bei dem Gedanken an Kain erlöscht das Mitgefühl und
die Wärme in ihrem Blick zurück bleibt blanke Wut.
„Mein Blut hat ihn zu dem Ersten eurer Art gemacht.
Doch er dankte es mir nicht, sondern hat mich wie eine läufige Hündin von
dannen gejagt. Ich hätte ihn und alle seine Huren auf der Stelle vernichten
können, doch wenn man unsterblich ist wie wir es sind, dann spielt Zeit keine
Rolle. Er sollte sich selbst vernichten, deshalb verfluchte ich ihn und seine
gesamte Rasse. Sollte je einer von ihnen so dumm sein und einem meiner Kinder,
den Succubus, sein Blut zu trinken geben, wie ich einst so dumm war ihm meines
zu geben, würde dieses Blut und sei es noch so ein geringer Tropfen, meine
Kriegerinnen alle mit einem Schlag erwecken. Meine Kinder sind stärker als
jedes andere Wesen. Weder das Licht noch die Finsternis vermag sie zu
schwächen. Ich habe Jahrtausende gewartet, doch das Warten hat sich gelohnt.
Durch Lia sind alle lebenden und toten Succubus mit einem Schlag zum Leben erwacht.
Ihr Blut hat sie zu mir geführt und mein Blut hat sie verwandelt. Die Succubus
sind der Untergang der Vampire.“
Claudia ballt ihre Hände zu Fäusten, bei dem
Gedanken daran, dass sie den ganzen Schlamassel in dem sie
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