Schneerose (German Edition)
wieder von
Orlando? Er hat mich nicht gezwungen sie stehen zu lassen! Das war alleine mein
Fehler.“
„Das glaubst du, aber er hat
Möglichkeiten dich zu beeinflussen. So, dass du es nicht mal bemerkst.“
Genervt stöhnt Lia auf. Sie mag
Tru, sehr sogar, aber so langsam geht sie ihr auf die Nerven mit ihren
ständigen Andeutungen. Wenn sie etwas weiß, dann soll sie es auch sagen, aber
ansonsten kann sie es genauso gut für sich behalten.
„Du sagst ich soll mich von ihm
fernhalten, aber damit ich es verstehen kann, musst du mir auch einen Grund
nennen.“
Tru schweigt und denkt über Lias Forderung nach,
während Lia sie aufmerksam beobachtet. Sie ist so hübsch und das auf ganz
natürliche Art und Weise. Das leichte Make-up, welches sie trägt, hätte sie gar
nicht nötig. Als sich ihre warmen Augen auf sie richten, hält Lia den Atem an.
„Ich befürchte, wenn ich dir die Wahrheit sagen
würde, würdest du mir doch nicht glauben.“ Trauer von zu vielen Enttäuschungen
schwingt in ihrer Stimme mit und trifft Lia mitten ins Herz. Zu vertraut ist
ihr das Gefühl enttäuscht zu werden, weil niemand einem glaubt.
„Warum versuchst du es nicht einfach?“, redet sie
ihr aufmunternd zu und fühlt sich Tru erstaunlich verbunden.
„Es ist nicht so leicht wie du denkst, aber ich bin
bereit es dir zu zeigen. Hast du morgen Abend Zeit?“
Überrascht blickt Lia sie an. Will die unnahbare Tru
sich tatsächlich mit ihr treffen? Doch so verlockend das Angebot auch ist und
so gerne sie zusagen würde, sagt sie pflicht- und schuldbewusst stattdessen:
„Da findet doch die Christmasparty zum Start der Winterferien statt, oder?“
„Hattest du etwa vor dahin zu gehen?“ Erstaunt hebt
Tru die Augenbrauen.
„Ich habe es Mike versprochen. Wenn ich ihm jetzt
absage, redet er erst recht nie wieder ein Wort mit mir.“ Wie um sich zu
entschuldigen, fügt sie dazu: „Ich will ihn nicht verlieren.“
„Dann komm eben vorher bei mir vorbei. Hier ich
schreibe dir meine Adresse auf.“
Ohne zu zögern greift sie nach Lias Hand, wobei
diese erschrocken zusammenzuckt.
„Entschuldige“, erwidert Tru schnell mit gesenktem
Blick, während sie Lia ganz kurz über ihre offene Handinnenfläche streicht und
damit ihre Haut zum kitzeln bringt, bevor sie anfängt ihr eine Adresse mit
geschwungener Handschrift aufzuschreiben. Auf ihrem Handrücken sind dünne
Linien von bereits verheilten Narben zu sehen, ähnlich wie auf ihrem Rücken.
„Was ist da eigentlich passiert?“
Tru zuckt mit den Schultern. „Verbrannt. Komm die
nächste Stunde fängt an!“
So sehen keine Verbrennungen aus. Schnell steht Tru
auf und hält Lia ihre Hand hilfsbereit entgegen. Als Lia von unten in die
ausgestreckte Hand und Trus freundliche Augen blickt, erkennt sie mit einem
Mal, dass sie ihr vertraut, obwohl sie sie kaum kennt. Es ist ein Vertrauen,
das einfach so da ist, ohne dass der andere etwas dafür hätte tun müssen. Ein
Vertrauen, welches tief in ihrer Seele seine Wurzeln hat. Wie ein Kind, das
seinen Eltern von Geburt an blind vertraut, ohne auch nur irgendetwas von ihnen
zu wissen. Tru macht sie stark und hilft ihr dabei an sich selbst zu glauben.
Wenn sie in ihrer Nähe ist, fühlt sie sich komplett und nicht wie ein Puzzle,
dessen Teile wild durcheinander gewürfelt wurden.
Dankbar ergreift sie ihre Hand und lässt sich von
ihr auf die Beine helfen.
„Danke“, flüstert Lia leise,
als sie auf einer Augenhöhe mit Tru ist und meint damit so viel mehr als nur
die ausgestreckte Hand. Es ist ein Symbol der Freundschaft. Auch wenn es nur
ein kurzer Moment ist, den sie einander in die Augen blicken, bedeutet es so
viel mehr. Etwas verbindet sie.
Kaum, dass sie gemeinsam das Schulgebäude betreten,
stellt sich ihnen plötzlich Lindsay in den Weg. Ihre Augen senden Blitze in
Trus Richtung, als sie mit zusammengekniffenen Lippen zu Lia sagt: „Kann ich
kurz mit dir ALLEINE reden?“
Auch wenn sie sich darüber freut, dass Lindsay
überhaupt wieder mit ihr redet, findet sie ihr Benehmen Tru gegenüber ziemlich
unfreundlich und versteht auch nicht, was Lindsay gegen sie hat. Tru hat ihr
nichts getan, doch diese stört sich an Lindsays zickigem Verhalten gar nicht,
sondern zuckt nur die Schultern und geht davon. Lia würde sie gerne aufhalten,
aber stattdessen wendet sie ihren Blick auf Lindsay, die sie nun besorgt
mustert.
„Geht es dir gut?“, will sie sanft wissen und bringt
damit Lia vollkommen aus dem Konzept. Eine Antwort
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