Schneespuren gibt es nicht (German Edition)
Tisch. Glück gehabt , seufzte Berti im Stillen. Der Griff zur Feuersalamander -Flasche folgte. Die nächste Hürde stand bevor. Kannten sie das Teufelszeug? Die Spannung wuchs. Er schraubte den Deckel ab und träufelte etwas von der Chillisauce über sein Gericht. Anschließend hielt er das Fläschchen seiner Mutter hin. Sie nickte und bekam die gleiche Portion des Höllenzeugs verpasst. Berti lehnte sich zurück. „Das Finale kann beginnen!“, machte er Konny auf den Show-Down aufmerksam. Mit scheinbar riesigem Appetit rollten die Diavolo-Opfer ihre Gabeln in den Nudeln. Die geballte Ladung wanderte zum Mund. Sie kauten, bemerkten die Würze und schluckten hinunter. Was nun folgte, konnten die Preisausschreibengewinner kaum fassen. Mutter und Sohn bekamen Schweißausbrüche. Sie hechelte, deutete auf die Flasche. Ihm rannen Tränen aus den Augen. Zuerst leerten sie das Glas Wein, dann ihre Flasche Mineralwasser. Sie tranken, tranken und tranken. Der Sohnemann konnte kaum sprechen, als er eine weitere Flasche Wasser bestellte. Sie lehnte sich zurück, versuchte die Kontenance zu wahren. „Das war für Sir Nelson!“, schmetterte Berti seinem Freund zu, piekste eine Olive auf und ließ sie im Mund verschwinden. Der Geschmack von Süden, Sonne und Meer breitete sich in seiner Mundhöhle aus, während seine Opfer eher den Geschmack von offenem Feuer oder glühenden Kohlen aushalten mussten. Berti war glücklich. Nach den gelungenen Anschlägen schmeckte ihm das Essen doppelt so gut. Rache ist eben doch süß. Die Bar war gut gefüllt. Aus Lautsprechern trällerte Klaviermusik. Typisch amerikanischer Bar-Sound. Todlangweilig. Mutter und Sohn saßen etwas abseits. Sie aßen trockenes Brot und tranken Mineralwasser. Baron von Straß sorgte sich um Herrn Schepperlin. „Er ist sonst immer pünktlich. Sie haben doch auch mitgehört, als er sagte, dass wir uns zum Diner treffen, oder?“, sagte er zu Berti, als dieser gerade vorbeiging. „Hat er.“ „Naja, dann muss ich meinen Cognac allein trinken.“ Manni stand mutterseelenallein an der Bar. Er schien sich gerade von Mr. Hide zurück in Dr. Jekyll zu verwandeln. Als er seinen ersten Dalmore bestellte, sah er aus, als wäre sein Vermögen den Bach runter gelaufen, seine Alte mit dem Butler durchgebrannt, und sein Haus in Flammen aufgegangen. Nach dem ersten Whiskey kehrte ein Strahlen in das Gesicht des geplagten Vaters und Ehegatten zurück, woraufhin er sich gleich einen doppelten des schottischen Edelgetränks, auf dessen Emblem ein Hirschgeweih abgebildet war, nachbestellte. Konny hatte es nicht bis zum Tresen geschafft. An einem Bistrotisch standen die Bunts mit den Edelmanns. Hilde und Charlotte schlugen zu. „Herr Wels, was möchten Sie trinken?“ Berti klopfte seinem Freund auf die Schulter. „Viel Spaß, ich bin am Tresen. Momentan habe ich keinen Bock auf Weiber-Small-Talk.“ „Wir sehen uns nachher. Ich gebe ihnen maximal zwei Drinks, dann bin ich bei dir.“ „Alles klar!“ Berti stellte sich zwischen Manni und einem Typen, den er bisher noch nicht gesehen hatte. Der Fremde quatsche pausenlos, lachte und quakte den nächsten Gast voll. Na dann lieber Manni, das Mammut, dachte sich Berti und nickte seinem Barnachbarn freundlich zu. Er achtete kurz auf Mannis Drink, schnippte nach dem Barkeeper und plärrte: „Für mich auch ‘nen doppelten Jägermeister!“ Manni riss es förmlich herum. Der Barkeeper verstand nicht und Berti deutete auf Mannis Glas, auf dem das Dalmore-Embelm prangerte. „Das ist Dalmore! Kein Jägermeister! Und dieser Dalmore hier ist 50 Jahre alt!“ „Weiß ich doch, ich wollte nur ‘nen Joke machen“, log Berti und grinste. „Ich habe mitbekommen, dass Sie ein wenig traurig vor sich hin starren. Da dachte ich mir, Schmadtke, stell dich doch ein bisschen zu dem netten Herrn und trinke einen exklusiven Dalmore mit ihm.“ Manni war verwirrt. Der Whiskey wurde serviert. Berti hob sein Glas. „Prösterchen!“ In Mannis Augen war so etwas wie: „Mein Gott, jetzt auch noch das!“ abzulesen, doch er prostete dem übergewichtigen Detektiv zu. „Dr. Manfred Broederlin, Vorstandsmitglied eines Pharmariesen!“ „Herbert Schmadtke, Privatdetektiv!“ Eine überraschte, dennoch anerkennende Kopfbewegung, die einem Nicken fast gleichkam, war Mannis Antwort. Er nahm einen kleinen Schluck des mahagonifarbigen Getränks, schloss die Augen und genoss den Abgang. Berti blinzelte und ahmte nach. Der Whiskey schmeckte scheußlich.
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