Schneespuren gibt es nicht (German Edition)
prasselte das Eiswasser auf ihn ein. „D...d...d...d...da...ist...er...j...j...ja!“, stieß er aus und presste auf den Schalter der Erlösung. Zitternd erwartete er den tropischen Regen aus den Duschköpfen, doch er hatte den Schalter darunter erwischt und abgeschaltet. „Mist!“ Berti drosch wütend mit der flachen Hand auf die Leiste, was zur Folge hatte, dass sich jede Einstellung für zehn Sekunden einschaltete. Anfangs atmete er durch, doch als nach der heißen Dusche wieder das Eiswasser kam, war er einem Herzinfarkt nahe. Genervt stieg er aus der Duschkabine und griff nach seinem Handtuch. Er wickelte es um seinen fülligen Körper und lehnte sich an die Sprossenheizung. Fünf Minuten später konnte er wieder normal atmen. „Was sollte das sein?“, sprach er mit sich selbst. „Duschbad zur Hölle?“ Als ob die Duschkabine ein menschliches Wesen war, sprach er mit ihr. „Bist du aus einem kranken Stephen King-Roman entsprungen? Arschloch! Ich wäre fast gestorben!“ Berti schoss ein Gedanke durch den Kopf. Was wäre, wenn er das Hotel auf Schadenersatz verklagen würde? In den USA bekamen Leute für weit weniger Qualen etliche Millionen an Schmerzensgeld zugesprochen. Im gleichen Moment schob sich eine imaginäre Schlagzeile daneben. Deutschlands dümmster Detektiv. Berti Schmadtke ist zu blöd zum Duschen. Er beschloss, auf eine Klage zu verzichten. „Aber nur, weil ich sowieso nichts für das Hotel bezahlen muss!“, meinte er unterstreichend zu seinem Spiegelbild und fand sein Auftreten toll. Berti föhnte sich, rieb seinen gewichtigen Traumkörper mit einer wohlriechenden Creme ein, legte Konnys Lieblings Eau de Toilette auf und war zufrieden. „Mann, bin ich knackig!“ Die Überraschung konnte beginnen. Er würde sich in Agnetha Fältskog verwandeln. Der selbst ernannte Loverboy setzte die Perücke auf, schminkte sich leicht, zog sich Slip und Strapse an. „Was nehme ich als Oberteil?“ Während er überlegte, tanzte er zur Probe vor dem Badezimmerspiegel herum. „Nichts! Es ist toll, so wie es ist!“, beschloss er hoch zufrieden. Konny würde verrückt werden. Mit diesem Outfit, das Liedchen auf den Lippen und einem heißen Tanz, natürlich musste der Original-Song im Hintergrund laufen - Ambiente war alles – musste der obligatorische Heiratsantrag ein zweites Mal kommen. Diesmal im richtigen Ambiente. Die Tür ging. Jemand betrat die Suite. „Bist du schon zurück?“ „Ja.“ „Nicht ins Bad kommen!“ Konny hörte die aufgrund der geschlossenen Badezimmertür abgedämpfte Stimme seines Freundes. „Alles klar! Ich wollte sowieso noch etwas ausschwitzen.“ „Frühstück auf dem Zimmer?“ „Einverstanden! Ich bestell schon mal!“ Berti hatte die letzten Handgriffe erledigt und betrachtete das Gesamtkunstwerk im Spiegel. Gefühlswallungen pfiffen durch die Adern, krochen unter die Haut und suchten den Weg zurück. Es war unbeschreiblich. Irgendwie hatte er Lampenfieber. Es fühlte sich an, als ob er vor einem großen Auftritt stünde. Draußen wartete der ausverkaufte Saal. Die männliche Agnetha prüfte ein letztes Mal die Schminke. „Vielleicht noch etwas Rouge? Hätte ich mich unter den Achseln rasieren sollen?“ Es klopfte. Konny wunderte sich, dass der Zimmerservice so schnell war. Berti hörte das Klopfen nicht. Während er die letzten Tupfer Rouge auftrug, ging sein Freund zum Eingang der Suite. „Ist ja irre. Ich habe vor weniger als fünf Minuten angerufen“, stieß Konny leise aus. Im gleichen Moment als er die Tür öffnete, verließ Berti das Badezimmer. Er drückte auf die Fernbedienung. Musik erklang. Es war die Melodie von Dancing Queen . Gedankenversunken drehte sich Konny nach hinten um. Die Eingangstür stand sperrangelweit offen. Vor der Tür standen Herr Ostmann, Amelie, Baron von Straß, sowie der Herzspezialist Prof. Dr. Heberlein. Alle starrten auf Berti, der wie eine übergewichtige Ballerina, mit einer Agnetha Fältskog-Perücke, bekleidet mit Slip und Strapsen, durch die Hotelsuite hopste und dabei Dancing Queen sang, während im Hintergrund der Abba-Song gespielt wurde. „...you can dance, you are the dancing queen, young and sweet, only seventeen, Dancing queen, feel the beat from the tambourine, oh yeah, you can dance, you can jive, having the time of your life, see that girl, watch that scene, diggin' the Dancing queen...” Erst als der erste Refrain heruntergesungen war, bemerkte Berti seine Zuschauer. Ihm wurde schlecht. Er verstummte,
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