Schneespuren gibt es nicht (German Edition)
Eingang. Noch war der Weg zum Ausgang frei. Sie rannten um ihr Leben. Konny hatte Vorsprung, schaffte es in Rekordzeit zur Tür. Er riss sie auf und hielt sie für Berti offen. „Lauf! Lauf!“, feuerte er ihn an. Berti setzte einen Fuß vor den anderen. Schweißperlen rannen von seiner Stirn. Seine Lunge stach. Er schwor, eine Diät zu machen. Gleich morgen würde er damit beginnen. Konny sah, dass der Schlüssel innen im Schloss steckte. Geistesgegenwärtig zog er ihn ab, um ihn von außen wieder einzustecken. Berti kam an. Hinter ihm hetzten die Monster-Ringer gnadenlos auf sie zu. Sie holten auf. „Schneller! Eiweiß und Protein holen auf!“, feuerte Konny seinen Freund an. Der vordere lebende Muskelstrang streckte bereits seine Hand nach Berti aus. Dieser erreichte den rettenden Ausgang und schlüpfte durch den Türrahmen ins Freie. Konny schlug die Tür zu und drehte den Schlüssel herum. Etwas krachte innen gegen das Holz. Flüche wurden ausgestoßen. Pochen, Klopfen. Das Sichtfenster ging auf. „Wir kriegen euch!“ Als Konny die Mundwinkel zu einem Grinsen verzog, schmerzte die Stelle, an der die Faust des sprechenden Urzeitmonsters eingeschlagen hatte. Er spürte das typische Pochen einer sich akut ankündigenden Schwellung. „Aber nicht heute, du Arsch!“, pfefferte er dem gequält wirkenden Gesicht im Türfensterchen wütend entgegen. Gleichzeitig hob er eine Hand und streckte den Mittelfinger aus. Den Schlüssel warf er vor den Eingang. „Holt ihn euch!“ Sie hatten es geschafft. Klar. Diese Adresse war allerdings erst einmal tabu für sie. Eine erneute Begegnung mit den beiden Türstehern könnte tödlich enden, zumindest aber einige Wochen Krankenhausaufenthalt nach sich ziehen. Positiv wurde bewertet, dass sie möglicherweise einen ersten Kunden am Angelhaken hatten. Auf dem Weg zur Bushaltestelle erholte sich Berti. Die Schnappatmung wurde flacher, das Pumpen der beiden Lungenflügel langsamer. Als sie endlich im rettenden Bus saßen, war der schwergewichtige Detektiv immer noch schweißgebadet.
Zwei Tage später lag Konny auf dem Sofa. Der großflächige Bereich zwischen Jochbein, Nasenflügel und Ohr verfärbte sich zum dritten Mal. Diesmal wich das dunkle Violett zurück und ließ einem schmutzigen Gelbgrün Vorrang. Das warme Kirschkernkissen im Nacken tat immer noch gut. Auf das Eis-Pad verzichtete er heute. Die Schwellung war zurückgegangen. Berti hatte Teewasser auf den Herd gestellt. Ein Klassik-Radio-Sender spielte Smetanas Moldau. Die Flöten- und Klarinettentöne der Quelle wurden von den Hörner der Jagdszene abgelöst. „Yasmin-Tee, Minze-Holunder, Kräutermischung oder doch lieber einen kräftigen Ostfriesen?“ „So ein prächtiger Deichgraf könnte mir schon gefallen“, scherzte Konny. Berti lachte. „Ich sehe, dir geht es schon viel besser.“ „Bring mir bitte einen Yasmin-Tee.“ Zehn Minuten später saßen sie vor dampfenden Teetassen. Ein Hauch Yasmin hing in der Luft. Beide lauschten den Klängen des Orchesters. Die Streicher spielten sich in den Vordergrund. Sie wurden von Harfen unterstützt. Das war die Mondscheinstelle. „Das ist der schönste Part.“ „Ich liebe diesen Teil auch.“ Konny summte mit. „Hast du es dir überlegt?“ „Was denn?“ „Das mit dem Hund!“ „Ich weiß nicht.“ „So ein kleiner, wie der aus dem Restaurant, ist doch wirklich mehr als süß.“ „Also, wenn du mit so einem Yorkshire-Terrier spazieren gehst, siehst du aus wie ‘ne Nutte.“ „Ich mag ja auch keinen Yorkshire, ich möchte so einen, wie die Schrulle im Tennis-Club hatte. Hast du mitbekommen, wie der Hund mich angesehen hat? Das war Liebe auf den ersten Blick! Ich spüre so etwas. „Hunde von einem guten Züchter kosten eine Menge Geld.“ „Vielleicht zu Weihnachten?“ „Da schenken wir uns Pink Christmas . Mehr gibt unsere Haushaltskasse nicht her. Allerdings beide Bücher!“ Berti zog erst einen Schmollmund, als das nicht wirkte, setzte er seinen jetzt-schau-nicht-so-Blick auf. Die Wirkung ließ nicht lange auf sich warten. „Jetzt schau nicht so!“ „So ein kleiner Hund frisst ja kaum etwas. Und gesund ist es auch. Man muss bei jedem Wetter raus. Täglich!“ „Ich denke drüber nach!“ „Wirklich?“ „Versprochen!“ „Gut, dann sehen wir mal nach, zu welcher Rasse Sir Nelson gehört.“ „Du hast ein Buch über Hunderassen gekauft?“ „Kann man immer brauchen.“ „Für was denn?“ „Wenn man spazieren geht, kann man im Park die
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