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Schneespuren gibt es nicht (German Edition)

Schneespuren gibt es nicht (German Edition)

Titel: Schneespuren gibt es nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W.T. Wallenda
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Boden bestand aus einem kalten Betonguss. Die obere Wandhälfte war ursprünglich einmal weiß gestrichen. Im Lauf der Jahre hatten sich jedoch viele Insassen schriftlich verewigt. Eine lange Sitzbank bot Platz für rund zwanzig Personen.
Die beiden Hauptgewinner des Kreuzworträtsels saßen nebeneinander auf der hölzernen Bank. Sie hatten die Außenplätze ergattert. Neben ihnen saßen die ganzen Freaks der Erleuchtung. Der Gitarren-Mongo summte schon wieder ein Lied vor sich hin. Sein Instrument lag allerdings vor der Zelle. Eine der Tussen laberte ohne Ende. Irgendwann öffnete sie ihre Handtasche, nahm ein Aspirin-Direkt heraus und kaute die Tablette. Konny sprach sie an, und freudig gab sie auch ihnen je eine Kopfschmerztablette. „Danke!“ „Wir müssen doch zusammenhalten. Also das ist ja ein Ding. Wer hätte das gedacht, dass unser Knut ein Kurier ist? Das hat er doch bestimmt für uns getan!“ „Sicher!“, schmunzelte Konny. Er schaltete auf Durchzug. Die Alte laberte und laberte, doch er hörte einfach nicht hin. Stattdessen las er die Inschriften an der Zellenwand. Teils hatte er Mühe das Gekritzel, das oft an alte Keilschriften erinnerte, zu entziffern. „Bulen sind saublöhd!“ „Mehmet ist ein Aschloch!“ „Bullweiber sind alles Nuten!“ „Solche geistigen Tiefflieger“, sagte er leise. Konny blickte auf die andere Wandseite. Dort hatte jemand in großen Buchstaben „ ACAB “ geschrieben. Drunter stand: „ Acht Bier, Acht Cola! “, daneben: „ All Cops are Baseballplayer! “ Darüber wiederum mokierte sich ein anderer Knasti über seine dummen Kollegen. „ Das heißt all Cops are Bastards, ihr Vollknalla!“
    Bis die Kopfschmerzen endlich nachließen, und auch Berti wieder etwas Farbe ins Gesicht geschossen war, hatte Konny das Wort „Fuck!“ siebenundfünfzig Mal gefunden, in sieben verschiedenen Schreibweisen. Die Stammgäste dieses Raumes mussten unweigerlich einen angeborenen Hang zur gelebten Dummheit besitzen.
„Welchen IQ besitzen Sie denn?“ „Ich? Gar keinen, ich war noch nie krank!“ „Krank? Was hat der Arzt festgestellt?“ „Er hat irgendetwas von Diagnose gefaselt!“ „Um Gottes Willen, ist das heilbar ?“ So stellte sich Konny die üblichen Gespräche hier in der Zelle vor. Ein Polizist kam ans Gitter. „Schmadtke und Wels, mitkommen!“ Als sie ins Verhörzimmer geführt wurden, spürte Berti eine gewisse Art von Sehnsucht nach Stangen-Römers Kerkerzimmer. Bislang dachte er immer, dass es keinen kälteren Ort auf der Erde gab, die beiden Pole ausgenommen, doch heute wurde er eines Besseren belehrt. Er befand sich in einem kahlen Raum, dessen ehemals weiße Wandfarbe in den Zeiten, in denen man in Behördenräumen noch rauchen durfte, für die Ewigkeit nikotingelb eingefärbt worden war. Von der Decke hing eine Billiglampe, deren Energiesparleuchte das grellste und augenfeindlichste Licht der Welt ausstrahlte. Die Stühle, die man ihnen zum Sitzen anbot, hatten zusammen locker mehr als 100 Jahre Polizeidienst hinter sich. „Auf denen saß doch schon Napoleon, als er durch Bayern marschierte“, flüsterte er Konny zu. Der Schreibtisch wirkte ebenso verschlissen. Ein PC mit altem Röhren-Monitor und ein paar Akten rundeten das Bürodesign ab. Radkte schlürfte Kaffee. Er bot seinen beiden Tatverdächtigen keinen an. „Und jetzt der Reihe nach. Wann und wo sind Sie zugestiegen? Wohin führt die Reise? Wann wurde gebucht? Woher kennen Sie Ranzinger? Und warum transportieren Sie ein Kilo Koks im Koffer?“ „Wer zum Teufel ist Ranzinger?“ „Was soll im Koffer sein? Wenn das der Schnee von Knut ist, dann...“ „Das Zeug lag in einer Damen-Perücke. Lange, blonde Haare“, teilte der Polizist mit. Die Amsterdamer Tageszeitung unterschlug er vorerst. „Das ist eine Agnetha Fälstkog Perücke“, verbesserte Berti. Das dumme Gesicht von Radtke, ließ ihn noch schnell den Zusatz, „die ist von Abba und ich benutze sie zu Tarnzwecken“, anbringen.
    Das Verhör dauerte länger als eine Stunde. Radtke prüfte gerade die Reiseunterlagen. Als nächsten Schritt plante er den Notar anzurufen, sowie ein Gespräch mit Erna Kastenbauer zu führen. Beides war nicht mehr nötig, als die junge Kommissarin ins Verhörzimmer platzte.
„Er hat ein umfangreiches Geständnis abgelegt. Die beiden hier waren nur Zufallsbekanntschaften. Ranzinger ist bereit uns die Hintermänner zu nennen. Er hofft auf Strafmilderung!“ Rudi Radtkes Gesichtszüge entgleisten, sprangen

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