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Schneetreiben

Schneetreiben

Titel: Schneetreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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seine Kollegin versöhnlich an.
    »Denkst du wirklich, dass es Schnee geben wird?«
    »Kaum vorstellbar. Wahrscheinlich wird er nicht liegen bleiben.
Nicht bei uns im Münsterland.«
    Er sah hinauf in den grauen Himmel. »Sieht eher nach Regen aus, wenn
du mich fragst. Obwohl ein bisschen Schnee ja ganz hübsch wäre.«
    Sie erreichten Birkenkotten bei Einbruch der Dämmerung. Heike wollte
zu Jens Burtrup, der aufgefordert worden war, eine Liste aller seiner
Partygäste zu erstellen. Gemeinsam mit ihm wollte sie die Namen durchgehen und
sich Notizen über jeden einzelnen Gast machen.
    Sie hielt auf dem Hof vor dem Tennentor und stellte den Motor ab.
Kaum hatte sie einen Fuß vor die Tür gesetzt, begann auf der Tenne der Hofhund
zu knurren.
    »Hauptsache, der beißt nicht«, murmelte Heike und stieg aus. »Ich
kann Hunde nicht ausstehen.« Hambrock verließ ebenfalls den Wagen, machte aber
keine Anstalten, ihr zum Haus zu folgen.
    »Kommst du nicht mit?«, fragte sie.
    »Nein. Ich möchte mir noch einmal den Tatort ansehen. Geh ruhig
schon mal vor, ich komme dann nach.«
    Heike zuckte mit den Achseln und trottete zur Haustür. Hambrock sah
ihr nach, dann umrundete er die Scheune und ging zur Straße.
    Das Bushäuschen lag im Zwielicht. Am Horizont türmten sich bedrohlich
Wolkenwände auf. Hambrock näherte sich dem Tatort. Der Wind rüttelte am
Haltestellenschild, und ein Wagen raste mit hoher Geschwindigkeit an ihm
vorbei. Er verschwand in der Kurve, und es wurde wieder still.
    Dort musste Martin Probst den Busfahrer gebeten haben, anzuhalten,
dachte er. Doch was war dann geschehen? War er tatsächlich zurückgegangen,
hatte Sandra vergewaltigt, ermordet und anschließend in den Straßengraben
geworfen?
    Ein schwerer Tropfen landete auf seiner Stirn. Er blickte in den
Himmel. Weitere Tropfen folgten, es begann zu regnen.
    Sein Handy klingelte. Er verzog sich ins Bushäuschen und nahm den
Anruf entgegen. Es war Christian Möller.
    »Es gibt Neuigkeiten. Das Ergebnis der DNA-Analyse ist gerade eingetroffen.«
    »Jetzt schon? Ich habe frühestens in vier oder fünf Tagen damit
gerechnet!«
    »Tja, da siehst du mal, wie effizient hier gearbeitet werden kann.«
    Er machte eine Pause, womöglich, um die Spannung zu steigern.
    »Jetzt spann mich nicht auf die Folter!«
    »Die DNA
stimmt nicht mit der von Martin Probst überein.«
    Hambrock stieß einen Pfiff aus. Also doch nicht, dachte er.
    »Die Hautabschürfungen«, fuhr Möller fort, »die wir unter den
Fingernägeln der Toten gesichert haben, gehören zu jemand anderem. Natürlich
ist das nur ein Indiz, und Probst kann trotzdem der gesuchte Mörder sein. Aber
es wird dadurch einfach unwahrscheinlicher.«
    Der Regen verstärkte sich wie auf Knopfdruck. Plötzlich prasselte er
ohrenbetäubend auf das Dach des Bushäuschens.
    Hambrock hielt sich das freie Ohr zu, um Möller besser verstehen zu
können.
    »Aber zu wem gehört denn die gesicherte DNA?«, rief er.
    »Keine Ahnung«, sagte Möller. »Wem immer sie gehört, er ist nicht im
System gespeichert.«

7
    Um kurz vor siebzehn Uhr nahm Guido Gratczek seinen Mantel
vom Haken, schlüpfte hinein und wischte sich sorgfältig einen Fussel vom
Revers. Es war ein sündhaft teures Stück von Yves Saint Laurent, das für diesen
Preis viel zu modisch war, wie er zugeben musste, wenn er bedachte, dass man
ihn nur ein oder zwei Saisons lang tragen konnte. Dafür fuhr er niemals in den
Urlaub und hatte auch sonst keine kostspieligen Hobbys.
    Mit einem Schulterzucken nahm er seine Tasche und wandte sich zur
Tür. Er war spät dran und musste sich beeilen, wenn er nicht zu spät zu seiner
Verabredung mit Miriam Voss kommen wollte, der Mitbewohnerin von Sandra
Hahnenkamp.
    Doch etwas ließ ihn zögern. Den ganzen Nachmittag über hatte ihn ein
merkwürdiges Gefühl begleitet. Er hatte seine Berichte geschrieben und
sorgfältig abgeheftet und plötzlich den Eindruck gehabt, dass etwas nicht
stimmte. Ihm war ein Fehler unterlaufen, so viel war sicher, aber er konnte
beim besten Willen nicht sagen, welcher.
    Er setzte sich in seinem Mantel auf die Kante des Besucherstuhls und
betrachtete sein Büro. Manchmal war es hilfreich, einfach die Perspektive zu
wechseln. Eine Zeit lang starrte er vor sich hin, aber es fiel ihm nichts ein.
    Stattdessen wurde ihm warm in seinem Mantel. Ach, komm, vergiss es!,
sagte er sich. Du kommst nur zu spät zu deinem Termin.
    Er stand auf, ging zur Tür und legte die Hand auf den Lichtschalter,
als ihn ein

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