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Schneetreiben

Schneetreiben

Titel: Schneetreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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kamen Anrufe aus der Gegend?«
    »Neustrelitz? Nein, davon weiß ich nichts. Aber war der denn nicht
auch im Knast, nachdem er das Mädchen vergewaltigt hat?«
    »Er hat vier Jahre bekommen, danach ist er mit seiner Mutter
fortgezogen.«
    »Vier Jahre? Das ist aber nicht sehr viel, oder?«
    »Er ist nach dem Jugendstrafrecht verurteilt worden.«
    »Und danach hat er dann weitervergewaltigt, ganz so, als wäre nichts
gewesen?«
    »Leider hat es ein paar Wochen gedauert, bis man ihm auf die Spur
gekommen ist, und diese Zeit hat er für sich genutzt. Aber vielleicht könnten
wir an dieser Stelle mit der Befragung fortfahren?« Er lächelte. »Am Tag, bevor
Sandra nach Birkenkotten gefahren ist, war Tilmann Feth bei ihr zu Besuch.
Tilmann hat ausgesagt, dass Sandra am Nachmittag mit jemandem am Telefon
gestritten hat. Haben Sie davon etwas mitbekommen? Vielleicht waren Sie
anwesend, als der Anruf einging?«
    Sie zog die Stirn in Falten. »Ja, ich erinnere mich. Irgendein Typ
hat angerufen, und Sandra war sehr genervt. Sie hat ihn einen Idioten genannt
und irgendwann einfach aufgelegt.«
    »Können Sie sich an Einzelheiten aus dem Gespräch erinnern?«
    »Nein, überhaupt nicht. Ich habe nicht zugehört, weil es mich nicht
interessiert hat. Außerdem hat sie das Gespräch zum größten Teil in ihrem
Zimmer hinter verschlossener Tür geführt.«
    Tilmann Feth war also tatsächlich bei ihr gewesen, und auch das
Telefonat hatte es gegeben. In diesen Punkten hatte er offenbar nicht gelogen.
    »Hat Sandra mit Ihnen später über den Anruf gesprochen?«
    »Nein. Ich habe nicht danach gefragt.«
    Er machte eine Pause. Nachdem das abgehakt war, dachte er, würde er
endlich zu den eigentlich interessanten Fragen kommen.
    »Frau Voss, ich möchte Sie bitten, mir zu sagen, was Sie am Tattag
gemacht haben. Womit haben Sie Ihre
Zeit verbracht? Am besten beginnen Sie am Morgen.«
    Sie sah ihn verblüfft an. »Weshalb wollen Sie das wissen?«
    »Bitte beantworten Sie meine Frage«, sagte er freundlich, aber
bestimmt.
    Ihr Blick war voller Verachtung. Sie fügte sich jedoch und begann zu
berichten. »Im Grunde war ich den ganzen Tag über hier. Ich hatte in der Nacht
zuvor gearbeitet, deshalb habe ich bis mittags geschlafen. Dann habe ich
gefrühstückt, ein bisschen geputzt und ferngesehen. Sandra war auch den ganzen
Tag über hier, wir haben später zusammen gekocht. Abends bin ich dann wieder
zum Bahnhof gefahren, weil ich arbeiten musste. Das war um kurz vor zweiundzwanzig
Uhr.«
    »Können Sie mir sagen, wann genau Tilmann Feth an diesem Tag bei
Sandra war?«
    Sie schwieg, und er bekam das Gefühl, sie wolle sich eine Strategie
zurechtlegen, bevor sie antwortete.
    »Er ist gegen drei Uhr nachmittags gekommen. Um halb fünf oder so
ist er wieder gegangen. Ich habe allerdings nicht auf die Uhr gesehen.«
    »Länger war er nicht da? Nur anderthalb Stunden?«
    Sie zuckte unbeteiligt mit den Schultern.
    »Uns hat er erzählt, dass er den gesamten Nachmittag bis zum frühen
Abend mit ihr zusammen gewesen ist. Er sagte, er hätte sie noch zum Bus
gebracht.«
    »Ich kann es nicht ändern. Es war so, wie ich es gesagt habe.«
    Gratczek betrachtete sie. Sie verschwieg ihm etwas, darauf hätte er
schwören können. Er dachte nach. »Wenn ich Sie richtig verstanden habe, waren
Sie nicht auf der Party Ihrer Arbeitskollegin, zu der Tilmann in der Tatnacht
gegangen ist?«
    »Ich hatte leider eine Tresenschicht in der Nacht. Die ging bis
morgens um fünf, und da war es zu spät, um noch hinzugehen.«
    »Auf der Party muss es hoch hergegangen sein«, sagte er ins Blaue,
in der Hoffnung, damit zu ihrem Geheimnis vorzudringen.
    »Da geht es meistens hoch her. Doch nachdem ich erfahren habe, dass
Sandra ermordet worden war, hatte ich anderes im Kopf, als mich über eine verpasste
Party zu ärgern.«
    »Natürlich. Das verstehe ich.« Er schwieg eine Weile, dann sprach er
sie noch einmal direkt an: »Frau Voss, gibt es vielleicht etwas, das Sie mir
mitteilen sollten?«
    Sie sagte nichts, stattdessen blickte sie ihn an, als würden sie
miteinander Poker spielen. Er hatte also Recht behalten.
    Sie nippte nachdenklich an ihrem Tee und stellte die Tasse langsam
zurück.
    »Vielleicht sollten Sie wissen, dass Sandra Tilmann vor einer Woche
den Laufpass gegeben hat.«
    »Sie hat … was?«
    »Sie hat sich von ihm getrennt. Deshalb war Tilmann an diesem
Nachmittag auch nur für eine knappe Stunde da. Er hatte noch einmal mit ihr
reden wollen. Doch sie hat

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