Schneetreiben
du genau. Du warst wunderschön
und … und …« Er fragte sich, ob er sich lächerlich
machte, doch es war ihm egal. »… und
du warst gefährlich.«
Sie lachte, und ihre Augen leuchteten.
»Es ist wahr«, sagte er. »Das hat viele Jungen ungeheuer angezogen.«
»Über dich haben die Mädels aber auch geredet.«
»Erzähl mir doch nichts! Du hast dich nie für mich interessiert! Es
hat dir Spaß gemacht, mich am Schießstand zu blamieren, aber damit war die
Sache für dich gegessen.«
»Das darfst du so nicht sagen. Es hat halt … ein bisschen
gedauert.«
»Wäre ich damals nicht plötzlich aufgetaucht, als dich Frank
Potthoff versetzt hatte, dann wäre nie etwas aus uns geworden.«
Sie lächelte geheimnisvoll. »Mag sein. Da hast du wirklich ein gutes
Timing bewiesen.«
»Das mit dem Timing war ganz einfach«, sagte er mit breitem Grinsen.
»Ich habe meiner Schwester Birgit fünfzig Mark gegeben, damit sie Franks
vorderen Autoreifen zersticht.«
»Das hast du nicht getan!« Sie starrte ihn mit offenem Mund an.
»Du?«
»Fünfzig Mark waren damals viel Geld! Unterschätz das nicht.«
»Bernhard, Bernhard«, sagte sie mit ungläubigem Kopfschütteln. »Ich
sage es immer wieder: Man darf sich von deiner ruhigen und höflichen Art nicht
täuschen lassen. Du bist nämlich ein verfluchter Mistkerl!«
Er wollte gerade etwas erwidern, da flog die Tür auf, und Klara kam
ins Wohnzimmer. Ruckartig schreckten beide auf und nahmen Haltung ein. Ingeborg
strich sich nervös die Haare aus dem Gesicht.
»Was ist denn hier los?«, fragte Klara verwundert.
Sie entdeckte Hambrock auf dem Sofa, der sich bemühte, förmlich und
professionell zu wirken. Was ihm in
dem zu eng sitzenden Jogginganzug ihres Vaters jedoch nicht gelang.
»Kommissar Bernhard Hambrock kennst du ja bereits«, sagte Ingeborg.
»Er war völlig durchnässt, ich habe ihm ein paar trockene Sachen gegeben.«
Er stand auf und gab ihr die Hand. Klara erwiderte verwirrt den
Händedruck.
»Ich habe gar nicht bemerkt, dass Sie gekommen sind. Sind Sie etwa
zu Fuß unterwegs?«
Er lachte. »Gewissermaßen ja. Eine Kollegin hat mich unten an der
Straße abgesetzt.«
»Weißt du eigentlich schon, wie du nach Hause kommst?«, mischte sich
Ingeborg ein.
»Ich hoffe, dass mich eine Streife nach Münster bringen wird. Am
besten setze ich mich gleich mit den Kollegen in Verbindung. «
Er wandte sich an Klara und schenkte ihr ein verbindliches Lächeln.
»Ich wollte nur sichergehen, dass bei Ihnen alles in Ordnung ist.«
»Hier ist alles bestens, danke.« Klara schien beeindruckt von seinem
Auftauchen. »Gibt es denn etwas Neues von Martin?«
»Leider nicht. Es tut mir leid, Ihnen keine besseren Neuigkeiten zu
bringen. Aber – auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole – es kann nicht
mehr lange dauern, bis wir ihn gefasst haben.«
Sie wirkte enttäuscht. Mit einem knappen Nicken wandte sie sich an
ihre Mutter. »Lino ist übrigens aufgewacht. Er hatte wohl einen Albtraum. Ich
wollte dir nur Bescheid geben.«
»Ach, herrje.« Ingeborg stand auf und legte die Wolldecke über die
Sofalehne. »Ich werde mal nach ihm sehen.«
»Mutter hat den Wachposten von der Landjugend weggeschickt«, sagte
Klara zu Hambrock. »Sie meinte, dass sie bei diesem Wetter besser zu Hause
bleiben. Hier würde schon nichts geschehen.«
Hambrock war nicht sicher, was sie damit zum Ausdruck bringen
wollte. Er wechselte einen Blick mit Ingeborg, die in der offenen Tür stehen
geblieben war. Sie schaute ein wenig betreten drein.
»Es ist nie eine gute Idee, Bürgerwehren aufzustellen«, sagte er
behutsam. »Keiner kann sagen, was in einem Ernstfall alles passiert. Diese
Aufgaben überlässt man besser der Polizei. Die sind dafür ausgebildet.«
»Die Polizei steht nachts aber nicht in unserem Garten.«
Er betrachtete sie nachdenklich. Noch immer fragte er sich, was sie
ihm damit sagen wollte.
»Würden Sie das denn wollen?«
Klara erwiderte darauf nichts, und es entstand eine unangenehme
Stille.
»Wenn Sie möchten, Klara«, sagte er, »und wenn Ihre Mutter nichts
dagegen hat, dann könnte ich heute hier übernachten.« Er sagte es, obwohl er
ganz genau wusste, was Erlend davon halten würde. »Ich weiß sowieso nicht, wie
ich nach Hause kommen soll. Vielleicht kann es nicht schaden, wenn ein Polizist
im Haus ist.«
»Das würdest du tun?«, rief Ingeborg begeistert.
Doch Hambrock beachtete sie nicht. Er versuchte herauszufinden, was
die junge Frau
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