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Schneetreiben

Schneetreiben

Titel: Schneetreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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und die
Wirkung, die sein Erscheinen auf die Familie Merschkötter gehabt hatte.
    »Aber wenn du die Kollegen bereits alarmiert hast, werden die sich
Probst jetzt sicherlich schnappen.«
    »Warten wir es ab«, sagte Hambrock. »Diesen Satz habe ich in den
vergangenen Tagen ein paar Mal zu häufig gehört. Gibt es bei euch etwas Neues?«
    »Nun ja, wir haben einen Wollfaden in den Gummistiefeln gefunden.
Giftgrün, er stammt wahrscheinlich von einer selbstgestrickten Socke. Aber das
müssen wir noch überprüfen. Ansonsten bringen uns die Gummistiefel im Moment
nicht weiter. Fingerspuren gibt es keine, und für alles andere müsste man
wissen, wonach man sucht. Fasern, Blütenpollen, Bodenspuren. Ohne Hypothese
bringt uns das nicht weiter.« Er machte eine Pause. »Aber der Faden ist ja
schon mal nicht schlecht.«
    Hambrock sah unzufrieden aus dem Fenster.
    »Glaubst du immer noch, dass Probst unser Täter ist?«, fragte er
Gratczek.
    »Ich weiß es nicht. Mein Gefühl sagt mir ja, doch es spricht wohl
vieles dagegen.«
    »Das sehe ich auch so«, sagte Hambrock. »Wir sollten dieser
Stiefelspur unbedingt nachgehen. Gut möglich, dass ein Gast dieser
Geburtstagsparty der Täter war. Wir sollten uns fragen, wer in Birkenkotten ein
Motiv haben könnte. Und dort sollten wir hingehen und einen konspirativen Blick
in die Sockenlade werfen.« Er seufzte. »Kannst du mir die Gästeliste per E-Mail schicken? Dann kann ich
sie mir hier ausdrucken und in Ruhe ansehen. Außerdem sollten wir einen
freiwilligen Speicheltest vorbereiten für alle, die auf der Party waren. Das
wird zwar viel Zeit in Anspruch nehmen, aber das spielt wohl keine Rolle.«
    Gratczek machte sich eine Notiz. »Übrigens«, sagte er, »da ist noch
eine andere Sache. Sandra Hahnenkamp hat sich kurz vor ihrem Tod von ihrem
Freund getrennt, von Tilmann Feth. Der hat uns das allerdings bislang
verschwiegen, weiß der Himmel, weshalb.«
    »Das ist ja interessant. Hatte der ein Alibi?«
    »Das schon. Aber ich kann nicht sagen, ob es wirklich wasserdicht
ist. Ich will es noch einmal überprüfen.«
    »Gut. Bleib an der Sache dran.«
    Sie hatten sich bereits verabschiedet, als Hambrock noch etwas
einfiel.
    »Warte! Sag Heike, sie soll auf jeden Fall Winterreifen aufziehen
lassen, bevor sie herfährt. Sie soll sich am besten sofort darum kümmern, wer
weiß, aus welchem Lager die hervorgezerrt werden müssen.«
    Gratczek lachte. »Ich werde es ihr ausrichten.«
    Dann legte er auf.
    Dorothea Probst stand an ihrem Wohnzimmerfenster und
blickte hinaus ins Schneegestöber. Die Heizung knackte leise, und heißes Wasser
strömte in den Heizkörper. Es war so leise und friedlich in ihrem Haus, dass
das Unwetter vor ihrem Fenster beinahe unwirklich schien.
    Sie dachte an Martin. Er musste sich irgendwo dort draußen im Sturm
befinden. Wie mochte es ihm ergehen?
    Es war einfach schrecklich. Da hatten sie so lange einen geradezu
unnatürlich warmen und sonnigen Herbst gehabt, und nun, da sich der Junge dort
draußen versteckt hielt, schlugen plötzlich Kälte und Schnee mit aller Gewalt
zu.
    Vergeblich hatte sie alle Verstecke abgesucht, in denen sich Martin
ihrer Meinung nach hätte aufhalten können. Sie hatte ihn unbedingt finden
wollen, bevor die Polizei es tat. Doch nirgendwo war er aufgetaucht, nicht
einmal im Vereinshaus des Fußballclubs. Sie hatte nun keine Idee mehr, wo er
sein konnte. Er war unauffindbar.
    Draußen in der Auffahrt stand unter der Kastanie das Auto der
Observationseinheit. Seit dem Mord an Sandra Hahnenkamp stand es dort. Zwei
Beamte hockten im Wageninneren und beobachteten das Haus. Solange das Auto sich
dort befand, würde Martin nicht auftauchen. Selbst einem Blinden musste klar
sein, dass es die Polizei war.
    Eine seltsame Situation, dachte sie. Hier draußen auf dem Land war
es ungewöhnlich, sich in solch einer räumlichen Nähe zu befinden, ohne sich zu
kennen und miteinander zu reden. Ob den Beamten wohl kalt war in ihrem Auto?
Ewig konnten sie die Standheizung nicht laufen lassen, das machte keine
Batterie mit.
    Sie wandte sich vom Fenster ab und wollte zur Küche, um einen Tee zu
kochen, als sie plötzlich innehielt. Ein sonderbares Gefühl erfasste sie. Es
war, als könnte sie Martin spüren, als wäre er ganz in ihrer Nähe.
    Im nächsten Moment schrillte das Telefon. Sie fuhr erschrocken
zusammen. Dann nahm sie den Hörer ab.
    »Probst.«
    »Hallo, Mama. Ich bin’s.«
    »Martin!« Hastig blickte sie durch den Türspalt

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