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Schneetreiben

Schneetreiben

Titel: Schneetreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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Flocken. Er stieß die Tür auf, wankte hinein und atmete tief
durch.
    Ingeborg schien noch oben bei Klara zu sein. Er hastete ins
Nähzimmer, zerrte das Handy aus seinem Mantel hervor und rief die
Einsatzleitung in Borken an. In der Polizeileitstelle sorgte sein Anruf für
einige Aufregung, endlich kam Bewegung in die Suche nach Probst.
    »Hoffentlich kommt uns jetzt das Wetter nicht in die Quere«, sagte
der Einsatzleiter. »Der Sturm wird immer schlimmer, und die Straßen sind
spiegelglatt. Wollen wir hoffen, dass wir nicht stecken bleiben.«
    »Es wird schon gutgehen«, sagte Hambrock. »Dieses Mal muss es
einfach gut gehen.«
    Nach dem Anruf stieg er in seine Sachen. Er verschenkte keine Zeit
damit, die Schnürsenkel zu binden, das Hemd knöpfte er auf dem Weg ins obere Geschoss.
Erst vor Klaras geschlossener Zimmertür hielt er inne, atmete durch und klopfte
dann zögernd an. Nach einer Weile öffnete sich ein Spalt, und Ingeborgs Gesicht
erschien.
    »Hast du ihn eingeholt?«, fragte sie leise.
    Er schüttelte den Kopf. »Ich brauche dein Auto. Schnell.«
    »Es ist … die Schlüssel sind unten, am Brett neben
dem Kühlschrank. Du findest das Auto in der Scheune.«
    »Kommt ihr zurecht?«
    Sie nickte. »Natürlich.«
    Er wandte sich zum Gehen.
    »Bernhard!«
    »Ja?«
    Sie zögerte. »Kommst du bald wieder?«
    »So schnell wie möglich. Versprochen.«
    Sie lächelte dankbar, dann schloss sie die Tür.
    Er lief in die Küche und schnappte sich das Schlüsselmäppchen mit
dem VW-Aufdruck, dann
trat er hinaus in den Sturm. Der asphaltierte Hof und der Weg zur Hauptstraße
waren inzwischen von einer weißen Decke überzogen, in den Pfützen trieb
breiiges Eis. Hambrock fragte sich, ob Ingeborg bereits Winterreifen aufgezogen
hatte, doch er machte sich nicht allzu viele Hoffnungen.
    Er schob den Riegel des Scheunentors zur Seite. Sofort drohte der
Wind ihm das Tor aus der Hand zu reißen, mühsam befestigte er es mit einer
Kette und schlüpfte hinein. Der Hund begrüßte ihn mit lautem und wütendem
Gebell. Hambrock war froh, dass er sicher an der Kette lag.
    »Guten Morgen, Sindbad. Ich bin’s nur.«
    Doch das machte ihn bloß noch aggressiver, er zerrte bellend am
Halsband und drehte sich immer wieder um die eigene Achse.
    Mit einem Seitenblick erkannte Hambrock, dass Ingeborgs Polo
Sommerreifen hatte. Das Wageninnere war genauso schmutzig wie die Karosserie.
Kinderspielzeug und Bonbonpapier lagen herum. Zwischen einem kaputten
Regenschirm und ein paar leeren Zigarettenschachteln entdeckte er eine Sammlung
alter Sissi-Filme mit Romy Schneider.
    Du liebe Güte, Ingeborg!, dachte er und startete den Motor.
    Im Schritttempo fuhr er auf den Hof hinaus. Er stellte die
Scheibenwischer auf die höchste Stufe und machte einen leichten Bremsversuch.
Der Wagen rutschte wie auf einer Ölschicht und kam ein paar Meter weiter zum
Stehen.
    Hambrock atmete durch. Ach herrje!
    Doch es blieb ihm nichts übrig, er musste die Verfolgung aufnehmen.
Also schaltete er in den ersten Gang und bog auf den Schotterweg zur
Hauptstraße.
    Er gab vorsichtig Gas. Ganz plötzlich geriet der Wagen ins Rutschen.
Hambrock nahm den Fuß vom Gas und versuchte gegenzulenken. Doch es war bereits
zu spät. Das Auto verselbstständigte sich, rutschte den abschüssigen Weg
hinunter, geriet aus der Spur und schlitterte über die Rasenkante. Dann blieb
es auf dem geernteten Maisfeld in einer großen Pfütze stecken.
    Die Fahrt war zu Ende. Hambrock stieß einen Fluch aus. Keine dreißig
Meter hatte er sich vom Haus entfernt. Eine Weile saß er einfach da und
überlegte, was er tun könnte. Weil ihm nichts einfiel, zog er den Schlüssel, um
zum Haus zurückzugehen. In diesem Moment klingelte das Handy. Es war Guido
Gratczek, der aus dem Präsidium anrief.
    »Guten Morgen, Hambrock. Bist du schon auf dem Weg ins Büro?«
    »Nein.« Hambrock sah aus dem Seitenfenster und versuchte
abzuschätzen, wie tief er in der Pfütze feststeckte. »Ich bin noch in
Birkenkotten. Wie es aussieht, stecke ich im Schnee fest.«
    »Im Schnee? Dann schneit es tatsächlich?«
    »In Münster etwa nicht?«
    »Nein, hier regnet es. Aber keine Sorge, Heike wird sich gleich auf
den Weg nach Birkenkotten machen. Bestimmt kann sie dich irgendwo einsammeln.«
    »Vielleicht ist es besser, wenn ich hier bleibe. Das kann ich im
Moment noch nicht sagen. Sie soll mich später anrufen, wenn sie hier ist.«
    »Wieso, ist etwas passiert?«
    Er schilderte knapp das Auftauchen von Martin Probst

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