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Schneetreiben

Schneetreiben

Titel: Schneetreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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Weile dauern, bis die Sache wieder geregelt ist. Das können Sie
mir glauben.«
    Sie dachte an Martin, der in der eisigen Scheune ausharren musste.
    »Aber wie können denn diese Masten umknicken?«, fragte sie hilflos.
»Die sind doch aus Stahl, oder?«
    »Haben Sie sich heute schon einmal Ihre Wäschespinne im Garten
angesehen?«, fragte der Polizist.
    »Nein. Wieso fragen Sie?«
    »Kommen Sie.« Er pulte zwei Batterien aus dem Radio und steckte sie
zurück in die Taschenlampe. Dann ging er zum Wohnzimmerfenster und leuchtete
hinaus in den Garten.
    »Sehen Sie das?«, fragte er.
    Ihre Wäschespinne war ruiniert. Ein dicker Eispanzer hatte sich um
die Leinen gelegt und sie mit seinem Gewicht nach unten gezogen. Sie waren
völlig ausgeleiert und reichten nun beinahe bis zum Boden. Ich hätte die Spinne
besser einklappen sollen, ging es ihr durch den Kopf.
    »So geht es den Stromkabeln auch«, sagte er. »Der nasse Schnee legt
sich zuerst zentimeterdick darum, dann friert er zu Eis und entwickelt ein
extremes Gewicht. Dazu kommt der starke Wind, der die Kabel in Schwingung
versetzt. Mich wundert es nicht, dass dabei einiges zu Bruch gegangen ist.« Er
knipste die Taschenlampe aus und ging zurück zum Herdfeuer. »Verstehen Sie
jetzt, warum ich nicht glaube, dass morgen alles vorbei ist?«
    Dorothea Probst sah in ihren tiefschwarzen Garten hinaus.
    »Wie lange wird es wohl dauern, bis sich die Lage normalisiert?«
    »Keine Ahnung. Das hängt davon ab, wie lange es noch schneit.
Bestimmt werden morgen früh die Hauptstraßen geräumt sein. Doch was den Strom
betrifft … Drei bis vier Tage
mindestens, würde ich sagen.«
    Drei bis vier Tage, dachte sie hoffnungslos. Jetzt war klar, was sie
tun musste. Sie hatte keine andere Wahl.
    »Ich glaube, da ist etwas, was ich Ihnen sagen muss.«
    Die beiden Polizisten blickten erstaunt auf. Sie spürte, wie sich
ein Panzer um ihre Brust bildete.
    »Ich glaube, ich weiß, wo sich Martin versteckt hält.«
    Nun war es heraus. Sie ließ sich aufs Sofa sinken und vermied es,
den Polizisten in die Augen zu blicken.
    »Er ist bei Burtrups, auf einem Hof in der Nähe. Dort versteckt er
sich in der Scheune auf dem Dachboden.«
    Die beiden Männer waren sprachlos.
    Der Jüngere fand zuerst die Sprache wieder. »Seit wann wissen Sie
das?«
    »Ich wollte Sie nicht hintergehen«, sagte sie schwach. »Ich dachte
nur, dass es besser wäre zu schweigen. Aber jetzt habe ich meine Meinung
geändert. Der Hof liegt unten an der Hauptstraße. Die Scheune ist das alte
Gebäude, das zwischen den Mastställen eingezwängt ist.«
    Ein paar Sekunden herrschte Stille, dann setzten sich die Polizisten
in Bewegung. Sie zogen ihre Jacken an und gingen zur Tür.
    »Wenn wir Glück haben, erreichen wir die Leitstelle«, sagte der
eine.
    »Aber die Straßen sind noch nicht geräumt, wie soll da Verstärkung
hierher kommen?«
    »Keine Ahnung, denen wird schon etwas einfallen.«
    Dorothea Probst lief ihnen hinterher.
    »Aber Ihr Funk ist doch ausgefallen. Wie wollen Sie denn jemanden zu
Hilfe holen?«
    Der Dicke drehte sich um. Sie konnte nicht einschätzen, ob er wütend
war.
    »Der Funk ist gestört, nicht ausgefallen. Es ist eher wie fernsehen
ohne Antenne. Mit ein wenig Glück kann es sein, dass unter dem Rauschen was
hereinkommt.«
    Dann waren sie auch schon an der Tür, schlugen die Kragen hoch und
liefen mit eingezogenen Schultern hinaus in den Sturm. Mit bloßen Händen
schoben sie die Schneeberge vom Auto. Der Dicke warf sich auf den Fahrersitz
und begann, am Funkgerät zu hantieren. Er sprach hinein, drückte auf eine Taste
und lauschte. Dorothea Probst wusste nicht, was sie tun sollte. Sie blieb in
der offenen Tür stehen und wartete.
    Irgendwann gab der Polizist auf. Er warf das Funkgerät in die
Halterung und blickte seinen jungen Kollegen an.
    »Scheiße!«, hörte Dorothea Probst ihn sagen.
    Klara lag vollständig angezogen unter der Bettdecke, nicht
einmal die Schuhe hatte sie ausgezogen. Jens hatte von alledem nichts
mitbekommen. Er war sofort in einen tiefen Schlaf gefallen, nachdem sie ihn
nach oben gebracht hatte. Er lag neben ihr und atmete ruhig und gleichmäßig.
    Klara wartete, bis im Haus alles still wurde. Dann schlug sie die
Decke zur Seite und setzte sich auf die Bettkante. Sie tastete nach den
Streichhölzern und zündete die Kerze auf dem Nachttischchen an. Sie blickte zu
Jens hinüber. Wie er dalag und schlief, wirkte er unschuldig wie ein kleines
Kind. Er hätte sie bestimmt gerne

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