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Schneetreiben

Schneetreiben

Titel: Schneetreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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Stunde später zog sich Hambrock zurück, um in
Ruhe zu telefonieren. In der vergangenen Nacht hatte Frau Burtrup ihm ein
Telefon mitgegeben, ein altes Schätzchen mit Wählscheibe, das sie auf dem
Dachboden deponiert hatte. Er wusste nicht, wann er das letzte Mal solch ein
Telefon benutzt hatte, doch es funktionierte einwandfrei, trotz Stromausfall.
    Er erreichte Guido Gratczek in seinem Büro.
    »Morgen, Hambrock. Ich höre, du hattest eine lange Nacht?«
    »Dann ist unser Gefangener schon bei euch eingetroffen?«
    »Samt Einsatzbericht. War wohl eine ziemliche Pleite gestern.«
    »Immerhin haben wir Tilmann Feth. Das sollten wir nicht
unterschätzen. Was macht der gerade? Ist er schon vernommen worden?«
    »Nein, er berät sich mit seinem Anwalt. Danach wird er uns aber
bestimmt Audienz gewähren.«
    »Wer wird ihn vernehmen?«, fragte Hambrock.
    »Ich werde das machen, wenn du nichts dagegen hast. Heike sitzt noch
in ihrer Notunterkunft am Schöppinger Berg fest.«
    In der Regel war Heike diejenige, die Verdächtigenvernehmungen
führte. Sie zeigte dabei ein Durchhaltevermögen und eine Zähigkeit, die ihr
kein Mensch zutraute, der sie nicht bereits dabei erlebt hatte. Doch natürlich
hatte auch Gratczek das Rüstzeug dafür, und so hatte Hambrock keine Bedenken,
wenn statt Heike der Kollege die erste Vernehmung führte.
    »Ruf mich im Anschluss bitte an«, sagte er. »Ich möchte wissen, was
dabei herausgekommen ist.«
    »Klar, mache ich. Feth wird mir einiges erklären müssen. Schließlich
hatte er ein Tatmotiv und auch die Gelegenheit, den Mord zu begehen. Und er hat
sich in Lügen verstrickt. Es sieht nicht gut für ihn aus.«
    »Du denkst, er ist unser Täter?«
    »Natürlich. Wer denn sonst?«
    Vielleicht war Tilmann Feth tatsächlich der Mörder, dachte Hambrock.
Dennoch glaubte er nicht daran, dass das Motiv in einem schlichten
Beziehungsstreit lag. Jemand in Birkenkotten war eingeweiht gewesen. Vielleicht
war der Mord sogar gemeinschaftlich geplant und begangen worden?
    »Denkst du etwa immer noch an Martin Probst?«, riss Gratczek ihn aus
seinen Gedanken.
    »Nein, eigentlich nicht.« Nach kurzem Zögern fügte er hinzu:
»Dennoch dürfen wir ihn nicht aus den Augen verlieren. Er hatte ebenfalls Motiv
und Gelegenheit. Wir haben Sandra Hahnenkamps Handy auf dem Dachboden gefunden,
auf dem er sich versteckt hatte. Außerdem könnte der Stiefelabdruck am Tatort
von ihm stammen. Er hatte den gleichen Zugang zu den Gummistiefeln wie jeder
Partygast.«
    »Und was ist mit der DNA-Spur?
Die stimmt ja nicht überein.«
    »Das ist richtig«, sagte Hambrock. »Ach, ich weiß es auch nicht. Wir
werden eine Speichelprobe von Tilmann Feth nehmen. Wenn seine DNA mit den Spuren am Opfer
übereinstimmt, sind viele Fragen beantwortet.«
    »Und wie geht’s jetzt bei dir weiter?«, fragte Gratczek. »Willst du
in Birkenkotten bleiben?«
    »Nur noch für heute. Ich hoffe, dass meine Anwesenheit Martin Probst
davon abhält, erneut bei Klara aufzutauchen. Also schlage ich mich mit kalten
Füßen und kalten Ohren herum. Glaub mir, so ein Stromausfall im Winter, das ist
nix. Aber wenn ich ohnehin hier bin, kann ich auch ein paar Befragungen
durchführen. Falls etwas ist, kannst du mich jetzt jederzeit telefonisch
erreichen. Das ist doch schon mal ein Fortschritt.«
    Nach dem Gespräch mit Hambrock machte sich Guido Gratczek auf den
Weg zur kleinen Kochnische am Ende des Flurs, wo der Kaffeeautomat stand. Auf
halbem Weg kam ihm eine Uniformierte entgegen, eine zierliche Frau, deren lange
blonde Haare wie eine Löwenmähne unter ihrer Schirmmütze hervorquollen.
    »Herr Gratczek, der Anwalt von Tilmann Feth lässt ausrichten, dass
es jederzeit losgehen kann, wenn Sie wollen.«
    Gratczek nickte beiläufig und ging an ihr vorbei zur Küche. Die
Kollegin folgte ihm und beobachtete mit gerunzelter Stirn, wie er gemächlich den
Automat bediente.
    »Na gut«, sagte er schließlich. »Ich komme gleich.«
    Tilmann Feth saß ihm im Vernehmungsraum gegenüber. Er war
ziemlich blass, offenbar hatte er nicht viel geschlafen in der vergangenen
Nacht, was in Anbetracht seiner Situation nur verständlich war.
    Sein Anwalt, ein grauer Mittfünfziger, saß neben Feth und machte ein
seltsam zufriedenes Gesicht. »Ich habe meinem Mandanten empfohlen, die Wahrheit
zu sagen und rückhaltlos mit Ihnen zu kooperieren.« Das hatte er vor Beginn der
Befragung gesagt. Doch das wollte Gratczek erst einmal abwarten.
    Das Gesicht des Anwalts irritierte ihn

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