Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)
dahin, bis am frühen Nachmittag endlich die lang ersehnte Nachricht kam.
»Ich habe Papens Telefondaten«, verkündete Werneuchen, indem er seinen Laptop mitten auf den Konferenztisch knallte und sich einen Stuhl heranzog.
Winnie, die seit Stunden über diversen Listen mit Fahrzeugdaten brütete, hob freudig den Kopf. »Lass hören.«
»Falls die letzten zweiundsiebzig Stunden repräsentativ sind, scheint der Kerl ein echter Vieltelefonierer zu sein«, entgegnete der Kollege. »Und zwar sowohl vom Festnetz als auch vom Handy aus.«
»Habt ihr beides gecheckt?«
Er nickte.
»Und?«, drängte Winnie. Sie kannte Werneuchen lange genug, um ihm auf den ersten Blick anzusehen, dass er eine heiße Spur hatte. Hinter seiner gewohnten Gelassenheit blitzte ein sorgsam unterdrückter Enthusiasmus durch.
»Also … Er tippte ein paar Befehle in die Tastatur und runzelte konzentriert die Stirn. »In den Stunden vor dem Überfall auf Dorothea Zieser hat Will Papen mit zwei Handwerksbetrieben, einem Gärtner und einem Holzlieferanten telefoniert. Außerdem zweimal kurz hintereinander mit seiner Tochter in München, für die er sich insgesamt immerhin rund fünfundzwanzig Minuten Zeit genommen hat, was verdammt viel ist für einen Mann, nebenbei bemerkt.«
»Vielleicht ist es auch seine Frau gewesen, die telefoniert hat«, wandte Winnie ein.
»Möglich.« Werneuchens Finger wischten über das Mousepad. »Angerufen hingegen wurde Papens Anschluss in dem genannten Zeitraum nur zweimal. Das erste Mal von einem Rentner, der Papens Schwiegereltern gekannt hat und ein Buch über die Geschichte des Weinguts schreiben möchte. Und dann …« Er machte eine wohlbedachte Pause. »Und dann erhielt euer sauberer Herr Exbulle gegen 15 Uhr einen Anruf aus dem BKA , genauer gesagt aus dem Fachreferat für verdeckte Ermittlungen und die Führung von Vertrauenspersonen.«
Winnie riss die Augen auf. »Wie bitte?«
Und auch Verhoeven neben ihr schnappte hörbar nach Luft.
»Ich habe an dem betreffenden Tag gegen Mittag mit Bredeney telefoniert«, resümierte Winnie grimmig. »Dabei kamen wir auch auf Briedens Ermittlungen und Jerrys Liste zu sprechen, und ich sagte, dass in der Akte leider nichts über Jerrys wahre Identität stehe.«
Verhoeven sah sie an.
»Daraufhin sagte Bredeney, er kenne beim BKA jemanden, der ihm noch was schuldig sei, und den hat er kontaktiert.«
»Allmählich verstehe ich, wie das gelaufen ist«, nickte ihr Vorgesetzter. »Bestimmt haben die eine Art automatische Registrierung von Anfragen dieser Art, sofern sie über das System laufen. Und als Oskars Bekannter die Anfrage startete, bekamen das automatisch noch andere mit.«
»Und irgendeiner von denen entschied, dass Papen davon wissen sollte«, schloss Winnie.
»Du meinst, wissen, dass sich jemand für Zieser interessiert?«, fragte Werneuchen.
Sie nickte wieder. »Zumal nach der langen Zeit, die das alles her ist.«
Verhoevens Finger umfuhren den Rand seiner Kaffeetasse. »Na schön, Papen hat also nach wie vor jemanden in seiner alten Behörde, der ihn auf dem Laufenden hält, falls Gefahr im Verzug ist …«
»Wartet’s ab, es kommt noch besser«, entgegnete Werneuchen. »Zwei Minuten nach dem Anruf aus dem BKA wählte Papen eine Handynummer.« Er lächelte. Die entgeisterten Mienen der Kollegen stimmten ihn offenbar zufrieden. »Das Gespräch dauerte exakt dreieinhalb Minuten, und noch mal zwei Minuten später rief Papen diese Nummer hier an.« Er reichte den beiden Kommissaren einen Computerausdruck über den Tisch.
Winnies Blick blieb an einer gelb umrandeten Zahlenkombination hängen.
»Ich habe das bereits überprüft«, verkündete Werneuchen. »Das Handy zur Nummer gehört einem gewissen Andras Zlupay. Ein ungarischer Kleinkrimineller, der auch schon als Personenschützer für diverse Mafia-Größen gearbeitet hat. Und außerdem …« Er tippte auf ein Kürzel hinter Zlupays Namen.
»Ach du Scheiße!«, stöhnte Winnie. »Das kann doch wohl nicht wahr sein. Soll das heißen, der Kerl arbeitet für uns?«
»Für uns. Für die Mafia. Für das BKA – ganz nach Bedarf. Aber in allererster Linie arbeitet er für sich selbst.«
Klingt exakt wie Papens Beschreibung von Jerry, dachte Winnie unbehaglich.
Verhoevens Gedanken schienen in eine ähnliche Richtung zu gehen. »Und wie passt das jetzt zusammen?«, fragte er.
Werneuchen schenkte ihm ein zufriedenes Lächeln. »Auf Andras Zlupay zugelassen ist ein schwarzer 5 er BMW 550 i, der
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