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Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Titel: Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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Sohn und eine Tochter. Allerdings hatten die bereits vor Jahren jeden Kontakt zu Madsen abgebrochen.«
    »Ach ja?« Hinnrichs’ Gesicht ruckte vor wie der Kopf einer Schlange, die im Begriff war, zuzupacken. »Und wieso?«
    Werneuchen schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung.«
    »Aber sie werden vom schönen Millionenkuchen doch wohl zumindest einen hübschen Pflichtteil abbekommen haben, oder etwa nicht?«, stichelte Hinnrichs.
    »Hätten sie durchaus«, nickte Werneuchen, »aber sie haben das Erbe ausgeschlagen.«
    Hinnrichs stutzte. »Alle drei?«
    »Alle drei.«
    Er schüttelte den Kopf. »Dass man seinen Vater nicht leiden kann und keinen Kontakt will, ist die eine Sache. Aber was muss passieren, damit man ein Millionenerbe ausschlägt?«
    »Ich bin dran«, sagte Werneuchen. »Aber bislang habe ich leider noch nicht viel Erhellendes gefunden. Für den Prozess war die Frage des Erbes jedenfalls nicht relevant.«
    »Eigentlich komisch«, überlegte Winnie Heller. »Wenn man bedenkt, dass der Angeklagte beständig auf seiner Unschuld beharrte und die Staatsanwaltschaft sich auf reine Indizienbeweise stützen musste.«
    Sie blickte in die Runde, doch niemand ging auf ihre Bemerkung ein.
    »Hast du den dritten Namen auf der Liste gesehen?«, fragte Bredeney und meinte Verhoeven.
    Dieser nickte nur.
    »Und?«
    »Was und?«
    »Du erinnerst dich doch an Mang, oder?«
    »Flüchtig.«
    »Aber er war in Grovius’ Team …«
    »Ja, aber das war lange vor meiner Zeit«, entgegnete Verhoeven, und ein Hauch von Gereiztheit mischte sich in seine Stimme. Etwas, das bei ihm eher selten vorkam. »Ich bin ihm – wenn’s hochkommt – vier- oder fünfmal begegnet.«
    Hinnrichs hob neugierig den Kopf und blätterte dann mit neuem Interesse in Werneuchens Dossier. Und auch Winnie Heller wurde hellhörig, wann immer die Rede auf Verhoevens Mentor Karl Grovius kam, den sie in ihrer Funktion als Verhoevens Partner gewissermaßen beerbt hatte, nachdem Grovius im Alter von gerade einmal dreiundsechzig Jahren plötzlich an einem Schlaganfall gestorben war.
    Damals, bei ihrem Dienstantritt im KK 11 , war ihr Verhoevens Ziehvater wie ein griechischer Gott vorgekommen – übermächtig, unerreichbar und obendrein auch noch furchtbar unsympathisch. Und obwohl sich seither einiges getan hatte, war Karl Grovius in ihrem Denken und Fühlen noch immer nicht auf Normalgröße geschrumpft. Zugleich hatte jener Mann, dem sie niemals persönlich begegnet war, von Beginn an ihren Widerspruch herausgefordert. Allein die Art, wie Verhoeven seinen Ziehvater bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit aufs Podest hob, reizte sie beständig, kräftig am Sockel desselben zu kratzen, auch wenn sie ihrem Vorgänger damit vielleicht unrecht tat.
    Sie griff nach ihrer Kaffeetasse und schielte dabei unauffällig zu Verhoeven hinüber.
    Doch dem schien das Thema dieses Mal selbst unbequem zu sein. Er wich Bredeneys Blick demonstrativ aus und notierte stattdessen irgendetwas auf dem Rand seines Dossiers. So als ob er partout beschäftigt aussehen wollte.
    »Und was ist mit Ihnen?«, wandte sich Hinnrichs an Bredeney, wobei er nur einmal kurz den Kopf von seinem Infoblatt hob. »Wie gut kannten Sie Boris Mang?«
    Der Veteran des KK 11 hustete trocken. »Wir haben mal zwei oder drei Jahre auf derselben Etage gesessen.«
    »Beantwortet das meine Frage?«
    Bredeneys zerknittertes Fuchsgesicht war ungewohnt verschlossen, als er sagte: »Ja, ich denke schon.«
    Doch so einfach gab sich ein Mann wie Hinnrichs nicht zufrieden. »Mochten Sie Mang?«
    Bredeney sah zum Fenster.
    Das ist ja wohl ein klares Nein, dachte Winnie, auch wenn sie bezweifelte, dass der erfahrene Kollege dies offen zugeben würde.
    Doch sie täuschte sich: »Ich konnte ihn nicht ausstehen«, sagte Bredeney nach einem Moment des Nachdenkens, und selbst der abgebrühte Hinnrichs war sichtlich überrascht von so viel postmortaler Offenheit.
    »Tatsächlich?«, fragte er. »Und warum nicht?«
    »Ist das wichtig?«
    Aus den Augenwinkeln registrierte Winnie, dass nun endlich auch Verhoeven aufblickte. Seine wachen Augen spiegelten Sorge. Aber auch etwas, über das sie sich nicht ganz im Klaren war.
    Für einen kurzen Moment trafen sich ihre Blicke. Dann sahen sie beide wieder zu Hinnrichs, weil sie damit rechneten, dass der Leiter des KK 11 nachhaken würde.
    Ich konnte ihn nicht ausstehen …
    Doch zu ihrer beider Erstaunen ließ es Hinnrichs bei Bredeneys wenig erhellender Antwort bewenden.

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