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Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Titel: Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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nicht besonders gut verstanden hat. Es kam mir so vor, als ob er irgendwie wütend auf sie gewesen wäre …
Winnie runzelte die Stirn. Ein bis dato völlig unbescholtener Angeklagter, der immer wieder seine Unschuld beteuert. Und eine Kollegin, deren Personalakte einige für Todesengel typische Merkmale aufweist. »Und was war das für ein freundlicher Zufall, von dem du gesprochen hast?«, griff sie eine Bemerkung auf, die Bredeney zu Beginn des Gesprächs gemacht hatte.
    »Ines Heider hatte Dienst, als Karlheinz Rogolny und Olaf Madsen starben«, antwortete der Kollege. »Und sie hätte auch Dienst gehabt, als Boris Mang zu Tode kam.«
    Der letzte Satz ließ Verhoevens rechte Augenbraue in die Höhe schnellen. »Hätte?«
    »St. Hildegard hatte damals zwei Stationen«, erklärte Bredeney. »Wobei Früh- und Spätdienst mit jeweils vier examinierten Pflegekräften sowie zwei Praktikanten besetzt waren. Nachts hingegen teilten sich drei Pflegekräfte die anfallenden Arbeiten
beider
Stationen.« Er nahm eine seiner Kopien zur Hand. »In der Nacht, in der Boris Mang starb, übernahm eine gewisse Petra Bloomfeldt die erste Runde auf Station A, während Ackermann sich um seine Patienten auf der B kümmerte. Ines Heider saß derweil als sogenannter Springer im Schwesternzimmer von Station B, von wo aus sie bei Bedarf einem der beiden Kollegen zu Hilfe eilen konnte.« Er ließ den Zettel sinken. »Laut Aussage von Petra Bloomfeldt erhielt sie dort gegen 21 Uhr 40 die Nachricht, dass ihre Schwester bei einem Autounfall verletzt wurde.«
    Winnie goss sich Kaffee ein. »Was der Wahrheit entsprach?«
    »Was der Wahrheit entsprach, ja.« Bredeneys Brillengläser funkelten im Licht der Neonröhren. »Ines Heider piepst also Petra Bloomfeldt auf der A an und informiert sie darüber, dass sie wegen eines familiären Notfalls sofort wegmüsse. Und da in dieser Nacht ohnehin nicht allzu viel zu tun war, hatte Frau Bloomfeldt auch nichts dagegen einzuwenden, dass sie ihren Arbeitsplatz verließ.«
    »Warum hat sie nicht Ackermann Bescheid gesagt?«, wollte Verhoeven wissen.
    »Ganz einfach«, entgegnete Bredeney. »Weil Petra Bloomfeldt als dienstälteste Pflegekraft in dieser Nacht die Entscheidungsbefugnis in solchen Dingen hatte.«
    »Der Anruf, der Ines Heider weglockte, kam also um zwanzig vor zehn«, murmelte Winnie Heller mit Blick auf die Notizen, die sie sich gemacht hatte. »Und um welche Uhrzeit starb Mang?«
    »Laut gerichtsmedizinischem Gutachten irgendwann zwischen elf und halb eins.«
    »War Ines Heider zu diesem Zeitpunkt schon wieder zurück?«
    »Nein. Ihre Schwester wurde noch in derselben Nacht operiert, und Ines Heider blieb die ganze Nacht bei ihr im Krankenhaus.«
    Winnie Heller blickte gedankenverloren aus dem Fenster, wo es bereits wieder dunkel wurde. »Na, das nenn ich aber wirklich Dusel. Denn falls sie in St. Hildegard gewesen wäre, als Mang starb …«
    »Wäre der Verdacht mit größter Wahrscheinlichkeit auf sie gefallen statt auf Ackermann«, führte Bredeney den Satz für sie zu Ende. »Und wenn du dir mal ihr Persönlichkeitsprofil ansiehst, hätte sie sich vermutlich verdammt schwergetan, sich aus der Nummer rauszudrehen, falls ihr mir die Redewendung in Bezug auf eine Nonne verzeihen wollt.« Er blickte verschmitzt zwischen Winnie Heller und ihrem Vorgesetzten hin und her. »Aber da die ermittelnden Kollegen Schwester Ines aufgrund des genannten Unfalls nahezu sofort von der Liste der Verdächtigen streichen konnten, hat sich auch niemand weiter um ihre Biographie gekümmert – und alle Aufmerksamkeit richtete sich auf Joachim Ackermann.«
    »Ich will sie sprechen«, entschied Verhoeven, und wieder fiel Winnie Heller der harsche Unterton auf, der hinter seiner oberflächlichen Freundlichkeit schwebte.
    »Das dachte ich mir irgendwie schon.« Bredeney reichte ihm einen akkurat gefalteten Zettel über den Tisch. »Hier ist die Adresse ihres Ordens. Gespräche mit den Schwestern sind allerdings nur nach telefonischer Voranmeldung und mit Genehmigung der Äbtissin möglich.«
    »Na, das wollen wir doch erst mal sehen!«, versetzte Verhoeven und griff zum Telefon.
    5
    Das Stammhaus der Töchter der Gnadenreichen Muttergottes lag in fußläufiger Nähe zum Mainzer Dom, ein geducktes, weißgestrichenes Gebäude, das Winnie Hellers laienhafter Schätzung nach mindestens zweihundert Jahre alt war. Die Gegensprechanlage an der Tür hingegen sah befremdlich neu aus, und Winnie fiel auf, dass der

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