Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)
Einrichtung wie St. Hildegard Sie finanziell doch bestimmt sehr in Anspruch genommen hat.«
»Ich könnte nicht behaupten, dass es mir leichtgefallen ist, aber es ging irgendwie«, erklärte die Witwe des ermordeten Polizisten mit einem undefinierbaren Ausdruck. »Außerdem war mir St. Hildegard ausdrücklich empfohlen worden.«
Es lag Winnie auf der Zunge zu fragen, von wem, doch ihr Vorgesetzter war bereits einen Schritt weiter.
»Bitte halten Sie mich nicht für indiskret«, begann er ohne einen Hauch von Mitleid, »aber darf ich fragen, wie es um Ihre finanzielle Situation bestellt ist?«
»Sie meinen damals?«
»Ich meine generell.«
Felicia Ott rutschte ein Stück nach vorn, und von jetzt auf gleich wirkte sie gefährlich. Fast wie eine Raubkatze: abwartend zwar, aber jederzeit sprungbereit. »Ich bin sicher, dass Sie darüber längst informiert sind.«
»Ich bin über die Bezüge Ihres verstorbenen Mannes und somit über die Höhe Ihrer Witwenrente informiert«, entgegnete Verhoeven lapidar.
Die Reaktion von Boris Mangs Witwe beschränkte sich auf ein gleichgültiges: »Natürlich sind Sie das.«
Verhoevens Blick ließ von ihr ab. »Haben Sie von Haus aus Vermögen?«, versuchte er es anders.
»Ich?« Jetzt lachte sie plötzlich. »Nein, bestimmt nicht. Wenn Sie’s ganz genau wissen wollen, ich hatte zum Zeitpunkt meiner Eheschließung ziemlich genau dreitausend Mark auf dem Konto. Mark, wie gesagt, nicht Euro. Aber das Geld war ehrlich erarbeitet, und ich war verdammt stolz drauf.«
Verhoeven sah sich provozierend gründlich in dem gemütlichen Wohnzimmer um. »Das heißt also, das Haus hier …«
»… und die Möbel und das Heimkinoset und die Autos haben wir von Boris’ Geld gekauft, jawohl«, fiel Felicia Ott ihm angriffslustig ins Wort. »Und ja, ich habe seinen Töchtern nach seinem Tod auch den Pflichtteil ausbezahlt.«
Verhoeven fixierte ihre Augen. »Woher hatte Ihr Mann so viel Geld?«
»Keine Ahnung.« Ihr operiertes Gesicht lief rot an. »Das Geld war schon da, als ich auf der Bildfläche erschien. Und es hat mich, ehrlich gesagt, auch nie interessiert, ob er es geerbt hat oder im Lotto gewonnen oder was weiß ich.«
Na, zumindest das mit dem Erbe lässt sich ja rausfinden, dachte Winnie grimmig. Dann lenkte sie das Gespräch ohne Umschweife auf einen Punkt, der sie ganz besonders interessierte. »Wir haben gehört, dass Ihr Mann viel über seinen Beruf gesprochen hat, als er schon krank war.«
Felicia Ott zeigte keinerlei Reaktion. Weder Sorge noch Bestätigung.
»Erinnern Sie sich in diesem Zusammenhang an irgendwas Bestimmtes?« Winnie war entschlossen, sich nicht so einfach zufriedenzugeben, auch wenn Verhoeven neben ihr allmählich genug von diesem Gespräch zu haben schien. »Einen Namen, den er erwähnte, zum Beispiel? Oder irgendeinen alten Fall, der ein Motiv für seine Ermordung liefern könnte?«
Die Witwe setzte bereits zu einem Kopfschütteln an, entschied sich dann aber doch noch dafür, noch einmal über die Frage der Kommissarin nachzudenken.
»Dass er über seine Arbeit sprach, habe ich gar nicht so mitbekommen«, sagte sie nach einer Weile leise, während ihre Finger an einem silbernen Brieföffner herumspielten, der auf dem Beistelltisch neben ihrem Sessel gelegen hatte. »Wann immer ich bei ihm war, redete er über irgendwelche Schachpartien oder Poker oder so was in der Richtung. Ich …« Sie sah hoch, geradewegs in Winnie Hellers Augen. »Ich verstehe wirklich überhaupt nichts von diesen Dingen, aber ich erinnere mich, dass er ständig irgendwelche Zahlen wiederholte.«
Winnie tauschte einen Blick mit ihrem Vorgesetzten. Laut Aussage von Ines Heider hatte auch Olaf Madsen beinahe zwanghaft irgendwelche Zahlen notiert. Doch was für einen Zusammenhang sollte es da geben – außer dem Umstand, dass beide Männer tot waren? Oder war in Ines Heiders Erinnerung da am Ende schlicht und einfach irgendetwas durcheinandergeraten?
»Was ist mit Personen?«, drängte sie. »Nannte Ihr Mann auch irgendwelche Namen?«
Die Witwe zuckte die Schultern. »Ja, sicher. Aber ich könnte nicht sagen, dass ich mich an einen bestimmten erinnere. Dazu waren es einfach zu viele.«
»Stimmt es, dass Ihr Mann Sie des Öfteren mit einem falschen Namen angesprochen hat?«, fragte Verhoeven.
Felicia Ott schien sich zu fragen, mit wem er gesprochen hatte, dass er über all das Bescheid wusste. Aber sie nickte.
»Und was für Namen waren das?«
Die Witwe stöhnte entnervt auf.
Weitere Kostenlose Bücher