Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)
sich ködern lassen würde.
Doch Verhoeven blieb stur bei seiner Strategie, in unverfänglichen Allgemeinplätzen zu antworten. »Ging uns allen so.«
»Ich habe gehört, dass es ein Herzinfarkt war.«
»Schlaganfall.«
»Die beste Krankheit taugt nichts«, murmelte Boris Mangs Witwe, die mit Verhoevens Einsilbigkeit ganz offenbar überfordert war.
»So ist es.«
Ich möchte nicht in ihrer Haut stecken, dachte Winnie, während sie amüsiert zuschaute, wie Felicia Ott sich wand.
»Und wie ist es Ihnen ergangen in den letzten Jahren?«, startete sie einen neuen Versuch, mit Verhoeven ins Gespräch zu kommen.
»Gut, danke«, antwortete dieser stoisch. Seine Miene machte überdeutlich, dass er von dieser Art der Konversation jetzt endgültig genug hatte. Dennoch war er immerhin höflich genug, die obligatorische Gegenfrage zu stellen: »Und bei Ihnen?«
»Ich komme klar«, erklärte Felicia Ott, und es klang eher resigniert als selbstbewusst. »Seit ein paar Jahren arbeite ich wieder bei der Werbeagentur, bei der ich früher war.«
»Das ist gut«, sagte Verhoeven vollkommen blödsinnig. Und als ihm dies bewusst wurde, setzte er eilig hinzu: »Ist bestimmt ein interessanter Job.«
Die Pupillen seiner Gesprächspartnerin wurden eine Spur enger. »Aber bitte, kommen Sie doch herein. Kann ich Ihnen irgendwas anbieten?«
»Nein, vielen Dank«, wehrte Verhoeven ab, bevor ihm einfiel, dass er nicht allein war und somit auch nicht allein entscheiden konnte. »Oder möchten Sie …?«
Winnie schüttelte den Kopf. Wenn es in diesem Stil weiterging, würde das ja ein tolles Gespräch werden!
Zumal Felicia Ott trotz des freimütigen Angebots keinerlei Anstalten machte, die beiden Kommissare weiter als bis in die Diele zu lassen.
»Es wäre gut, wenn wir uns einen Augenblick setzen könnten«, sagte Verhoeven in diesem Moment, als habe er die Gedanken seiner Partnerin erraten. Und als er sah, dass Felicia Ott noch immer zögerte, setzte er eilig, aber unmissverständlich hinzu: »Ich bespreche solche Dinge nur höchst ungern zwischen Tür und Angel.«
Es war ziemlich offensichtlich, dass Boris Mangs Witwe sich fragte, was er mit »solchen Dingen« meinte. Aber sie wagte auch nicht, ihnen noch länger den Weg zu versperren. »Oh ja, natürlich«, sagte sie. »Dann kommen Sie doch bitte durch.«
Die beiden Ermittler folgten der Hausherrin in ein opulentes Wohnzimmer, dem ein ausgeklügeltes indirektes Beleuchtungssystem eine warme Behaglichkeit verlieh. Die großdimensionierten Gemälde an den Wänden verrieten einen ebenso erlesenen Geschmack wie das Mobiliar, das Winnies laienhafter Einschätzung nach ausnahmslos aus Antiquitäten bestand.
»Hübsch«, bemerkte Verhoeven neben ihr in vollkommen neutralem Ton, doch seinem Gesichtsausdruck entnahm sie, dass er sich im Stillen dieselbe Frage stellte wie sie: Wie, um alles in der Welt, hatte sich ein zweifach geschiedener Kriminalbeamter ein derart luxuriöses Zuhause leisten können?
»Bitte, nehmen Sie Platz«, sagte Felicia Ott, indem sie Winnie Heller einen zierlichen, seidenbezogenen Sessel zurechtrückte, und Winnie ertappte sich bei der Überlegung, ob Boris Mangs Witwe wohl reiche Eltern hatte.
»Wir haben ein paar Fragen, die den Tod Ihres Mannes betreffen«, kam Verhoeven zur Sache, kaum dass er saß.
»Jetzt noch?« Die Verwunderung in ihren Augen war seltsam vordergründig. Stattdessen glaubte Winnie etwas wie Angst in den befremdlich maskenhaften Zügen auszumachen.
Verhoeven nickte. »Es gibt ein paar neue Erkenntnisse.«
Felicia Ott sah ihn fragend an, doch er ließ sie auch weiterhin im Ungewissen. Stattdessen sagte er: »Angenommen, Ihr Mann wäre seinem Mörder damals nicht nur zufällig zum Opfer gefallen, sondern gezielt und mit Vorsatz getötet worden …«
Winnie konnte sehen, wie Felicia Ott nach Luft schnappte. Auch wenn sie sich alles in allem recht gut im Griff hatte.
Verhoeven machte eine wohlkalkulierte Pause. »Können Sie sich einen Grund dafür vorstellen?«
»Aber, ich denke …« Boris Mangs Witwe hob eine Hand an die Brust. Eine unbewusste, schutzsuchende Geste, die im Gegensatz zu ihrem Gesicht tatsächlich jung wirkte. »Ich dachte, es sei erwiesen, dass dieser Mann wahllos …« Sie ließ den Satz offen und warf Verhoeven einen flehentlichen Blick zu.
Doch dieser dachte gar nicht daran, sie zu erlösen. »Beantworten Sie einfach meine Frage«, sagte er.
Felicia Ott krampfte ihre Hände ineinander. »Ich wüsste keinen
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