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Schneewittchen muss sterben

Schneewittchen muss sterben

Titel: Schneewittchen muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Bilder war beklemmend. Wie konnte man diese Gesichter tagtäglich ertragen?
    »Im vergangenen Sommer hat mein Mann eine Ausstellung für ihn organisiert, in Wiesbaden. Sie war ein sensationeller Erfolg, alle 43 Bilder wurden verkauft.«
    Das klang stolz. Daniela Lauterbach mochte den Sohn der Nachbarn, schien aber dennoch genügend professionelle Distanz zu haben, um ihn und sein Verhalten sachlich einzuschätzen.
    »Claudius Terlinden hat die Familie Sartorius in den Jahren nach Tobias' Verurteilung großzügig unterstützt«, meldete sich nun Bodenstein zu Wort. »Er hat Tobias damals sogar einen Anwalt besorgt, einen sehr guten. Halten Sie es für möglich, dass er dies getan hat, weil er ein schlechtes Gewissen hatte?«
    »Wieso sollte er?« Daniela Lauterbach hörte auf zu lächeln.
    »Vielleicht weil er wusste, dass Thies damals etwas mit dem Verschwinden der Mädchen zu tun gehabt hatte.«
    Für einen Moment war es ganz still, gedämpft klang das unablässige Läuten des Telefons durch die geschlossene Tür.
    Die Ärztin runzelte die Stirn. »So habe ich das noch nie gesehen«, räumte sie nachdenklich ein. »Tatsache ist, dass Thies damals in Stefanie Schneeberger ganz vernarrt war. Er hat viel Zeit mit dem Mädchen verbracht, so wie heute mit Amelie …«
    Sie brach ab, als sie begriff, worauf Bodenstein hinauswollte. Ihr fragender Blick suchte seinen. »Großer Gott!«, sagte sie bestürzt. »Nein, nein, das kann ich nicht glauben!«
    »Wir müssen wirklich sehr dringend mit Thies sprechen«, sagte Pia nachdrücklich. »Es ist eine Spur, die uns zu Amelie führen könnte.«
    »Das verstehe ich. Aber es ist schwierig. Da ich befürchten musste, dass er sich in seinem Zustand selbst Schaden zufügen könnte, blieb mir nichts anderes übrig, als ihn in die geschlossene Psychiatrie zu überweisen.« Daniela Lauterbach legte die Handflächen aneinander und klopfte sich mit den Zeigefingern nachdenklich gegen die geschürzten Lippen. »Es liegt nicht in meiner Macht, Ihnen ein Gespräch mit Thies zu ermöglichen.«
    »Aber falls Thies Amelie in seine Gewalt gebracht hat, schwebt sie in größter Gefahr!«, gab Pia zu bedenken. »Vielleicht hat er sie irgendwo eingesperrt, und sie kann sich nicht selbst befreien.«
    Die Ärztin blickte Pia an. Ihre Augen waren dunkel vor Sorge.
    »Sie haben recht«, sagte sie dann mit Entschlossenheit. »Ich rufe den Chefarzt der Psychiatrie in Bad Soden an.«
    »Ach, noch etwas«, ergänzte Pia, als wäre es ihr gerade erst eingefallen. »Tobias Sartorius sagte uns, Amelie habe Ihren Mann im Zusammenhang mit den Ereignissen von 1997 erwähnt. Es ging damals wohl das Gerücht, Ihr Mann habe Stefanie Schneeberger die Hauptrolle in diesem Theaterstück gegeben, weil er dem Mädchen sehr zugetan war.«
    Daniela Lauterbach hatte schon die Hand nach dem Telefonhörer ausgestreckt, ließ sie aber wieder sinken.
    »Tobias hat damals jeden beschuldigt«, erwiderte sie. »Er wollte seinen Kopf aus der Schlinge ziehen, was ja durchaus verständlich ist. Aber alle Verdächtigungen gegen Dritte wurden im Laufe der Ermittlungen restlos ausgeräumt. Fakt ist, dass mein Mann als Leiter der Theater AG damals absolut begeistert von Stefanies Talent war. Dazu kam ihr Aussehen: Sie war einfach die Idealbesetzung für Schneewittchen.«
    Sie legte ihre Hand wieder auf den Telefonhörer.
    »Um wie viel Uhr haben Sie am Samstag den Ebony Club in Frankfurt verlassen?«, fragte nun Bodenstein. »Können Sie sich daran erinnern?«
    Ein Ausdruck der Verwirrung flog über das Gesicht der Ärztin. »Ja, ich kann mich sogar ganz genau erinnern«, antwortete sie. »Es war halb zehn.«
    »Und Sie sind dann alle gemeinsam mit Claudius Terlinden nach Altenhain zurückgefahren?«
    »Nein. Ich hatte an dem Abend Bereitschaft, deshalb war ich mit meinem eigenen Auto dort. Um halb zehn wurde ich zu einem Notfall nach Königstein gerufen.«
    »Aha. Und Terlindens und Ihr Mann? Wann sind die gefahren?«
    »Christine fuhr mit mir. Sie machte sich Sorgen um Thies, er lag mit einer schlimmen Grippe im Bett. Ich habe sie unten an der Bushaltestelle abgesetzt und bin dann weiter nach Königstein gefahren. Als ich um zwei Uhr nach Hause kam, schlief mein Mann schon.«
    Bodenstein und Pia wechselten einen raschen Blick. Über den Verlauf des Samstagabends hatte Claudius Terlinden also ordentlich gelogen. Nur warum?
    »Als Sie von Ihrem Notfall kamen, sind Sie aber auch nicht direkt nach Hause gefahren, oder?«, forschte

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