Schneewittchen muss sterben
Pietsch, Michael Dombrowski und Jörg Richter, dann ging sie zurück in den Kuhstall. Sie sah zu, wie Tobias mühsam auf die Beine kam und sich schwer auf seinen Vater stützte.
»Meine Kollegen werden Sie jetzt gleich nach Hofheim bringen«, sagte sie zu Tobias. »Sie warten draußen im Hof, bis Sie so weit sind.«
Tobias Sartorius nickte nur.
»Pia!«, rief Bodenstein ungeduldig von draußen. »Komm schon!«
»Also, wir sehen uns dann später.« Pia nickte den beiden Männern zu und ging hinaus.
Vor der Lauterbach'schen Villa hielt gerade ein Streifenwagen, als Bodenstein und Pia vorbeifuhren. Sie bogen ein paar Meter weiter in das offene Tor zum Grundstück von Terlindens ein, stiegen aus und gingen zu Fuß über den Rasen bis zu den noch immer rauchenden Trümmern der Orangerie. Die geschwärzten Seitenwände standen noch, das Dach war zur Hälfte eingestürzt.
»Wir müssen da sofort rein«, sagte Bodenstein zu einem der Feuerwehrleute, die zurückgeblieben waren, um den Brandort zu überwachen.
»Völlig unmöglich.« Der Feuerwehrmann schüttelte den Kopf. »Die Mauern können jeden Moment zusammenstürzen, das Dach ist instabil. Da geht jetzt erst mal keiner rein.«
»Doch«, beharrte Bodenstein. »Wir haben einen Hinweis bekommen, dass sich darunter ein Keller befindet. Und in dem Keller ist höchstwahrscheinlich das verschwundene Mädchen eingesperrt.«
Das veränderte die Sachlage völlig. Der Feuerwehrmann besprach sich mit seinen Kollegen, telefonierte. Bodenstein ging, ebenfalls telefonierend, auf und ab, umrundete das abgebrannte Gebäude. Er konnte unmöglich still stehen. Diese verdammte Warterei! Die Techniker von der Spurensicherung trafen ein, wenig später rollte ein Feuerwehrauto heran und ein dunkelblaues Fahrzeug vom Technischen Hilfswerk. Pia erfuhr von der Streife, dass bei Lauterbachs niemand zu Hause war. Sie ließ sich von Ostermann die Nummer des Chefsekretariats im Kultusministerium in Wiesbaden geben und bekam dort zur Antwort, dass der Herr Minister seit drei Tagen krank und nicht im Büro erschienen sei. Nur, wo war er dann? Sie lehnte sich an den Kotflügel, zündete sich eine Zigarette an und wartete, bis Bodenstein seinen Telefonmarathon für ein paar Sekunden unterbrach. Unterdessen hatten die Leute von der Feuerwehr und vom THW begonnen, die Dachreste und Mauern der Orangerie zu untersuchen. Mit schwerem Gerät räumten sie vorsichtig den qualmenden Schutt zur Seite und stellten Scheinwerfer auf, denn es begann schon zu dämmern.
Kathrin Fachinger rief an und meldete Vollzug: Felix Pietsch, Jörg Richter und Michael Dombrowski waren auf dem Kommissariat. Keiner von ihnen hatte bei der Festnahme Schwierigkeiten gemacht. Aber sie hatte noch eine Nachricht, und die versetzte Pia in helle Aufregung. Ostermann hatte in der Zwischenzeit an die 500 Fotos auf Amelie Fröhlichs iPod durchgesehen und dabei Aufnahmen von Bildern gefunden, bei denen es sich durchaus um die handeln konnte, die Thies ihr gegeben hatte. Auf der Suche nach Bodenstein stapfte Pia über den aufgeweichten Rasen, der sich unter den Reifen der Lkw nun in eine einzige Schlammwüste verwandelt hatte. Ihr Chef stand mit ausdrucksloser Miene vor der Orangerie und qualmte eine Zigarette. Gerade als sie ihm von den Bildern auf dem iPod erzählen wollte, begannen die Männer im Innern der Ruine zu rufen und zu winken. Bodenstein erwachte aus seiner Erstarrung, ließ die Kippe fallen und ging hinein. Pia folgte ihm auf dem Fuß. Es war noch immer sehr warm in dem Gebäude, das vor ein paar Stunden lichterloh gebrannt hatte.
»Wir haben etwas gefunden!«, verkündete der Feuerwehrmann, der die Leitung der Arbeiten übernommen hatte, nachdem der Wehrführer nicht aufgetaucht war. »Eine Falltür! Sie lässt sich sogar noch öffnen!«
Die Straße war trocken, der Stau auf der A5 hatte sich hinter dem Frankfurter Kreuz aufgelöst. Nadja gab Gas, sobald das Tempolimit aufgehoben war, und beschleunigte auf 200. Tobias saß auf dem Beifahrersitz. Er hatte die Augen geschlossen und noch keinen Ton gesagt, seitdem sie losgefahren waren. Das alles war zu viel für ihn. Seine Gedanken kreisten um das, was er an diesem Nachmittag erfahren hatte. Felix, Micha und Jörg. Er hatte sie für seine Freunde gehalten! Und Lars, der wie ein Bruder für ihn gewesen war! Sie hatten Laura getötet und ihre Leiche in dem Tank auf dem alten Flugplatz versteckt, aber nie etwas gesagt. Ja, sie hatten ihn durch die Hölle gehen lassen und
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