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Schneewittchen muss sterben

Schneewittchen muss sterben

Titel: Schneewittchen muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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konnte.
    »Schneewittchen«, sagte Pia neben ihm leise. »Da bist du ja endlich.«
    Es war kurz nach neun, als sie auf dem Kommissariat eintrafen. Vor der Tür des Wachraumes mussten sich drei Kollegen mit einem randalierenden Betrunkenen befassen, dessen weibliche Begleitung nicht minder betrunken war und herumpöbelte. Pia holte sich am Automaten eine Cola light, bevor sie in den Besprechungsraum im ersten Stock ging. Bodenstein stand über den Tisch gebeugt da und betrachtete die Fotos der Bilder, die Kathrin ausgedruckt hatte. Ostermann und Kathrin saßen ihm gegenüber. Er blickte auf, als Pia eintrat. Sie sah die Furchen der Erschöpfung in seinem Gesicht, aber sie wusste, dass er sich jetzt keine Pause gönnen würde. Nicht so kurz vor dem Ziel und schon gar nicht jetzt, da er seine privaten Sorgen mit rastloser Aktivität verdrängen konnte.
    »Wir nehmen sie uns alle drei auf einmal vor«, entschied Bodenstein und warf einen Blick auf die Uhr. »Mit Terlinden müssen wir auch reden. Und mit Tobias Sartorius.«
    »Wo ist der denn?«, fragte Kathrin erstaunt.
    »Ich denke, unten, in einer der Zellen.«
    »Davon weiß ich nichts.«
    »Ich auch nicht«, sagte Ostermann. Bodenstein sah Pia an. Sie hob die Augenbrauen.
    »Du hast doch den Jungs von der Streife in Sartorius' Hof heute Mittag gesagt, dass sie ihn hierherbringen sollen, oder nicht?«
    »Nein. Ich habe ihnen gesagt, sie sollen zu Lauterbach fahren«, erwiderte Bodenstein. »Ich dachte, du würdest eine andere Streife rufen.«
    »Und ich habe gedacht, das hättest du getan«, sagte Pia.
    »Ostermann, rufen Sie bei Sartorius an«, befahl Bodenstein. »Er soll auf der Stelle hierherkommen.«
    Er schnappte die Fotos und verließ den Besprechungsraum. Pia verdrehte die Augen und folgte ihm.
    »Darf ich mal die Bilder sehen, bevor wir da reingehen?«, bat sie ihn. Stumm reichte er ihr die Fotos, ohne seine Schritte zu verlangsamen. Er war sauer, weil ihm ein Fehler unterlaufen war. Ein Missverständnis, wie es vorkommen konnte, wenn sich die Ereignisse derart überschlugen. Im Vernehmungsraum war noch niemand. Bodenstein marschierte davon, kam wenig später wieder zurück.
    »Hier klappt ja gar nichts«, knurrte er verärgert. Pia schwieg. Sie dachte an Thies Terlinden, der elf Jahre lang die Leiche von Stefanie Schneeberger bewacht hatte. Warum hatte er das getan? Hatte sein Vater es ihm befohlen? Weshalb hatte Lars Terlinden ausgerechnet jetzt diesen Brief an Tobias geschrieben und Selbstmord begangen? Wieso war heute das Atelier von Thies abgebrannt? Wusste jemand von Schneewittchen – oder galt der Brandanschlag Thies' Bildern? Dann konnte dieselbe Person dahinterstecken, die die falsche Polizistin zu Barbara Fröhlich geschickt hatte. Und wo war Amelie? Thies hatte ihr die Mumie von Schneewittchen gezeigt und sie anschließend wieder gehen lassen, sonst hätte sie kaum in ihr Tagebuch schreiben können. Was hatte sie Tobias erzählt? Warum war sie verschwunden? Hatte ihr Verschwinden vielleicht überhaupt nichts mit dem alten Fall zu tun?
    Tausend Gedanken fluteten durch ihr Gehirn, es wollte ihr nicht gelingen, Ordnung in die unzähligen Informationen zu bringen. Bodenstein telefonierte schon wieder, diesmal offenbar mit Kriminalrätin Dr. Engel. Er hörte überwiegend mit grimmiger Miene zu, sagte nur hin und wieder »Ja« oder »Nein«. Pia seufzte. Der ganze Fall wuchs sich zu einem Albtraum aus, und das lag weniger an der Arbeit als an den Umständen, unter denen sie ermitteln mussten. Sie spürte Bodensteins Blick auf sich ruhen und hob den Kopf.
    »Wenn wir den Fall abgeschlossen haben, wird sie hier durchgreifen, hat sie gesagt. Nein, eher gedroht.« Er legte den Kopf in den Nacken und lachte plötzlich auf, allerdings ohne jede Heiterkeit. »Sie hat heute nämlich einen anonymen Anruf bekommen.«
    »Aha.« Das interessierte Pia nicht die Bohne. Sie wollte mit Claudius Terlinden sprechen, herausfinden, was er wusste. Jede zusätzliche Information, die sie jetzt bekam, erschwerte ihr das klare Denken.
    »Jemand hat ihr erzählt, dass wir ein Verhältnis haben.« Bodenstein fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar. »Man hat uns angeblich zusammen gesehen.«
    »Na, das ist ja keine Kunst«, erwiderte Pia trocken. »Wir fahren schließlich den ganzen Tag zusammen durch die Gegend.«
    Ein Klopfen an der Tür beendete ihr Gespräch. Die drei Freunde von Tobias Sartorius wurden hereingeführt. Sie setzten sich an den Tisch, Pia nahm ebenfalls

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