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Schneewittchen muss sterben

Schneewittchen muss sterben

Titel: Schneewittchen muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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spielen!«
    »Aber drei Wochen Urlaub werden doch wohl drin sein«, erwiderte Theresa. »Ich will dir nicht zu nahe treten, aber du bist Beamter. In deiner Abwesenheit wird wohl jemand da sein, der dich vertritt, oder nicht?«
    »Höre ich da Verachtung für meinen Beruf aus deiner Stimme?«
    »Nicht so empfindlich, mein Lieber!«, besänftigte seine Schwester ihn. »Aber ich kann verstehen, dass Cosima sauer war. Sie hat ja immerhin auch einen Beruf und passt wirklich nicht in die Kinder-Küche-Kirche-Ecke, in der du alter Macho sie am liebsten haben willst. Vielleicht bist du sogar ganz froh drüber, dass sie keine Expeditionen mehr macht und du sie ganz unter deiner Fuchtel hast.«
    »Das stimmt doch gar nicht!«, widersprach Bodenstein konsterniert. »Ich habe ihre Arbeit immer unterstützt. Ich finde es gut, was sie macht.«
    Theresa blickte ihn an, ein spöttisches Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. »Quatsch. Das kannst du erzählen, wem du willst, aber nicht mir. Ich kenne dich schon eine Weile.«
    Bodenstein schwieg ertappt. Sein Blick wanderte zu Cosima hinüber. Schon immer war es seiner großen Schwester ohne jede Mühe gelungen, den Finger genau auf den wunden Punkt zu legen. Und auch diesmal hatte sie recht. Er war tatsächlich erleichtert, dass Cosima, seitdem Sophia auf der Welt war, nicht mehr wochenlang durch die Weltgeschichte reiste. Aber es gefiel ihm nicht, das aus dem Mund seiner älteren Schwester zu hören.
    Quentin kam mit drei Gläsern Sekt zurück, und ihr Gespräch wandte sich anderen, unverfänglicheren Themen zu. Nachdem die Reitvorführungen beendet waren, eröffnete Marie-Louise das Büfett, das ihre Mitarbeiter in Windeseile im Vorraum der Stallung aufgebaut hatten. Stehtische und lange Reihen von Tischen und Bänken, mit bequemen Kissen gepolstert, weiß eingedeckt und mit Herbstblumengestecken dekoriert, luden zum Hinsetzen ein. Bodenstein traf Verwandte und alte Bekannte, die er lange nicht gesehen hatte, es gab viel zu reden und zu lachen. Die Stimmung war entspannt. Er sah Cosima im Gespräch mit Theresa und hoffte, dass seine Schwester sie nicht mit ihren Emanzensprüchen gegen ihn aufhetzte. Im nächsten Jahr würde Sophia in den Kindergarten kommen, dann hatte Cosima wieder mehr Zeit für sich. Sie arbeitete an einem neuen Filmprojekt, das sie sehr in Anspruch nahm. In einem Anflug guten Willens nahm Bodenstein sich vor, in Zukunft früher zu Hause zu sein und sich die Wochenenden freizuhalten, um Cosima das Kind öfter abnehmen zu können. Vielleicht würde sich dann das seit dem heftigen Mallorca-Krach angespannte Verhältnis zwischen ihnen wieder normalisieren.
    »Papa.« Rosalie tippte ihm auf die Schulter, und er wandte sich zu seiner älteren Tochter um. Sie machte eine Lehre als Köchin im Schlosshotel bei Maitre Jean-Yves St. Clair, dem französischen Sternekoch, und beaufsichtigte das Büfett. An ihrer Hand hielt sie Sophia, die von oben bis unten mit einer bräunlichen Substanz beschmiert war, von der Bodenstein hoffte, dass es nicht das war, für was er es hielt.
    »Ich kann Mama nicht finden«, sagte Rosalie genervt. »Vielleicht könntest du den Zwerg mal umziehen. Mama hat doch sicher noch Ersatzklamotten im Auto.«
    »Was hat sie da im Gesicht und an den Händen?« Bodenstein manövrierte mühsam seine langen Beine unter dem Tisch hervor.
    »Keine Sorge, das ist nur Mousse au Chocolat«, erwiderte Rosalie. »Ich muss wieder arbeiten.«
    »Na, dann komm mal her, du kleines Schweinchen.« Bodenstein ergriff seine jüngste Tochter und nahm sie auf den Arm. »Wie siehst du denn schon wieder aus, hm?«
    Sophia stemmte ihre Händchen gegen seine Brust und strampelte. Sie konnte es nicht leiden, in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt zu werden. Mit ihren Pfirsichbäckchen, dem weichen dunklen Haar und ihren kornblumenblauen Augen sah sie zum Anbeißen süß aus, aber das täuschte. Sophia hatte Cosimas Temperament geerbt und wusste sich durchzusetzen. Bodenstein trat mit ihr aus dem Stalltor und überquerte den Hof. Rein zufällig blickte er nach links in die offenstehende Tür der Schmiede auf der anderen Seite des Innenhofes und erblickte zu seiner Überraschung Cosima, die hin und her ging, das Handy am Ohr. Die Art, wie sie sich durchs Haar fuhr, den Kopf schief legte und lachte, überraschte ihn. Wieso versteckte sie sich zum Telefonieren? Bevor sie ihn sehen konnte, ging er rasch weiter, aber ein leises Gefühl des Misstrauens blieb in seinem

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