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Schneewittchen muss sterben

Schneewittchen muss sterben

Titel: Schneewittchen muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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große Worte wies er Behnke in seine Schranken – und das vor den Kollegen von der Spurensicherung. Behnkes erbostes Zähneknirschen war beinahe zu hören, als er seinem Chef nun widerwillig den Plastikbeutel mit seiner Beute reichte.
    »Danke«, sagte Bodenstein, ohne ihn auch nur anzusehen. »Ihr könnt draußen weitermachen.«
    Behnkes mageres Gesicht wurde erst blass, dann rot vor Zorn über diese Maßregelung. Wehe dem armen Tropf, der ihm jetzt über den Weg lief und einen Fehler machte! Sein Blick streifte den von Pia, aber es gelang ihr, eine gänzlich unbeteiligte Miene zu bewahren. Bodenstein betrachtete unterdessen eingehend den Fund in der Plastiktüte und legte die Stirn in Falten.
    »Das scheint das Handy von Amelie Fröhlich zu sein«, sagte er ernst, als Behnke und die beiden anderen Beamten verschwunden waren. »Wie kann das in die Hosentasche Ihres Sohnes gelangt sein?«
    Hartmut Sartorius war blass geworden und schüttelte verwirrt den Kopf.
    »Ich … ich habe keine Ahnung«, flüsterte er. »Wirklich nicht.«
    Nadjas Handy klingelte und vibrierte, aber sie warf nur einen raschen Blick auf das Display und legte es wieder weg.
    »Geh doch dran.« Tobias ging die Melodie allmählich auf die Nerven. »Der gibt ja doch keine Ruhe.«
    Sie griff nach dem Gerät und nahm das Gespräch entgegen. »Hallo, Hartmut«, sagte sie und blickte Tobias an. Dieser richtete sich unwillkürlich auf. Was wollte sein Vater von Nadja?
    »Ach? … Aha … Ja, ich verstehe.« Sie hörte zu, ohne ihn aus den Augen zu lassen. »Nein … tut mir leid. Er ist nicht hier … Nein, ich weiß nicht, wo er sein könnte. Ich bin eben erst aus Hamburg zurückgekommen … Ja, ja natürlich. Sollte er sich bei mir melden, werde ich es ihm sagen.«
    Sie legte auf. Einen Augenblick war es ganz still.
    »Du hast gelogen«, stellte Tobias fest. »Wieso?«
    Nadja antwortete nicht sofort. Sie senkte den Blick, seufzte. Als sie wieder aufblickte, kämpfte sie mit den Tränen.
    »Die Polizei durchsucht gerade euer Haus«, sagte sie dann mit gepresster Stimme. »Sie wollen mit dir reden.«
    Eine Hausdurchsuchung? Wieso das denn? Tobias erhob sich abrupt. Unmöglich konnte er seinen Vater in dieser Situation allein lassen. Das Maß dessen, was er ertragen konnte, war ohnehin längst voll.
    »Bitte, Tobi!«, bat Nadja. »Fahr nicht hin! Ich … ich … lasse nicht zu, dass sie dich wieder verhaften!«
    »Wer sagt denn, dass sie mich verhaften wollen?«, entgegnete Tobias erstaunt. »Wahrscheinlich haben sie nur noch ein paar Fragen.«
    »Nein!« Sie sprang auf, der Stuhl krachte auf den Granitfußboden. Ihre Miene war verzweifelt, die Tränen quollen aus ihren Augen.
    »Aber was hast du denn?«
    Sie schlang ihre Arme um seinen Hals, drängte sich an ihn. Er konnte sich keinen Reim auf ihr Verhalten machen, streichelte ihren Rücken und hielt sie in seinen Armen.
    »Sie haben in einer Jeans von dir Amelies Handy gefunden.« Ihre Stimme klang dumpf an seinem Hals. Das verschlug Tobias die Sprache. Bestürzt löste er sich aus Nadjas Umklammerung. Es musste sich um einen Irrtum handeln! Wie sollte Amelies Handy in seine Jeans gelangen?
    »Geh nicht«, bettelte Nadja. »Lass uns irgendwohin fahren! Ganz weit weg, bis sich hier alles aufgeklärt hat!«
    Tobias starrte stumm vor sich hin. Angestrengt versuchte er, seine Fassungslosigkeit unter Kontrolle zu bekommen. Er ballte seine Hände zu Fäusten und lockerte sie wieder. Was war nur geschehen, in den Stunden, an die er keine Erinnerung hatte?
    »Sie werden dich verhaften!«, sagte Nadja wieder einigermaßen beherrscht und wischte sich mit dem Handrücken die Tränen von der Wange. »Das weißt du doch auch! Und dann hast du keine Chance mehr.«
    Sie hatte recht, das wusste er. Die Ereignisse wiederholten sich auf geradezu unheimliche Weise. Damals war Lauras Halskette, die in der Milchküche gefunden worden war, als Indiz für seine Schuld gewertet worden. Er spürte das Prickeln der Panik seinen Rücken hinaufkriechen und ließ sich schwer auf den Küchenstuhl sinken. Kein Zweifel, er war der ideale Täter. Man würde ihm aus der Tatsache, dass Amelies Handy in seiner Hosentasche gesteckt hatte, einen Strick drehen und den um seinen Hals legen, sobald er sich ihnen stellte. Plötzlich brach die alte Qual wieder auf, wie giftiger Eiter krochen die Selbstzweifel durch seine Adern, seinen Körper, durch jede Windung seines Gehirns.
Mörder, Mörder, Mörder!
Sie hatten es ihm so lange

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