Schneewittchen-Party
Oliver?«
Spence hob den Kopf, schloss die Augen und schien nachzudenken.
»Mrs Oliver? Nein, tut mir leid.«
»Sie schreibt Bücher: Kriminalromane. Sie sind ihr begegnet, als Sie mich überredet haben, die Ermordung von Mrs McGinty zu untersuchen. Sie werden doch Mrs McGinty nicht vergessen haben?«
»Himmel, nein! Aber das ist alles so lange her. Sie haben mir da einen großen Gefallen getan, Poirot. Ich brauchte Ihre Hilfe, und Sie haben mich nicht im Stich gelassen.« Dann sagte er plötzlich. »Mrs Oliver. Ariadne Oliver. Apfel. Ist sie deshalb in den Fall verwickelt? Das arme Kind ist bei einer Kindergesellschaft in einem Eimer Wasser mit darin herumschwimmenden Äpfeln ertränkt worden, nicht wahr? Interessiert sich Mrs Oliver deshalb dafür?«
»Ich glaube nicht, dass sie auf Grund der Äpfel besonders angezogen ist von der Sache«, sagte Poirot, »aber sie war bei dem Fest.«
»Meinen Sie damit, dass sie hier wohnt?«
»Nein, sie ist zu Besuch bei einer Freundin, einer Mrs Butler.«
»Butler? Die kenne ich. Wohnt bei der Kirche. Witwe.
Ihr Mann war Pilot. Hat eine Tochter. Nett aussehendes Mädchen. Mrs Butler ist eine sehr attraktive Frau, finden Sie nicht auch?«
»Bis jetzt kenne ich sie kaum, aber ja, ich fand sie auch sehr attraktiv.«
»Und inwiefern haben Sie damit zu tun? Als es passierte, waren Sie doch nicht hier?«
»Nein. Mrs Oliver ist in London zu mir gekommen. Sie bat mich, etwas zu unternehmen.«
Superintendent Spence lächelte.
»Aha. Immer dasselbe. Auch ich bin zu Ihnen gekommen und habe Sie gebeten, etwas zu unternehmen.«
»Und ich gehe noch einen Schritt weiter«, sagte Poirot, »und komme zu Ihnen.«
»Ich kann doch nichts tun.«
»O ja. Sie können mir alles über die Leute hier erzählen, die hier wohnen, die zu dieser Kindergesellschaft gegangen sind. Die Väter und Mütter der Kinder. Die Schule, die Lehrer, die Rechtsanwälte, die Ärzte. Während einer Kindergesellschaft hat jemand ein Kind aufgefordert, sich hinzuknien und vielleicht lachend gesagt: ›Ich zeig dir, wie man einen Apfel am besten mit den Zähnen greifen kann. Ich kenne einen Trick.‹ Und dann hat er oder sie – wer immer es war – eine Hand auf den Kopf des Mädchens gelegt. Es wird kein langer Kampf gewesen sein und nicht viel Lärm gemacht haben.«
»Eine ekelhafte Sache«, sagte Spence. »Das habe ich gleich gedacht, als ich davon hörte. Was wollen Sie wissen? Ich wohne seit einem Jahr hier. Meine Schwester ist schon länger hier, zwei oder, drei Jahre. Es ist keine große Gemeinde. Die Leute kommen und gehen. Aber ein paar wohnen schon sehr lange hier. Miss Emlyn, die Schulleiterin, zum Beispiel. Oder Dr. Ferguson.«
»Ich möchte doch hoffen«, sagte Hercule Poirot, »dass Sie mir, nachdem ich völlig mit Ihnen übereinstimme, dass dies eine ekelhafte Sache ist, sagen können, wer die ekelhaften Leute hier sind.«
»Nach denen sieht man sich als Erstes um, nicht wahr? Und als Nächstes sieht man sich bei einem solchen Mord nach einem ekelhaften jungen Mann um. Wem liegt daran, ein Mädchen von dreizehn Jahren zu erwürgen oder zu ertränken? Es scheinen keinerlei Anzeichen für einen Sexualmord vorzuliegen, den man als Erstes in Betracht ziehen muss. Heutzutage in jeder kleinen Stadt und in jedem Dorf ein häufiges Verbrechen.«
»Kommt das hier infrage?«
»Nun ja, es fällt einem als Erstes ein«, sagte Spence. »Irgendjemand war bei der Kindergesellschaft, der diesen – sagen wir mal: Drang hatte. Vielleicht hat er’s schon mal getan, vielleicht wollte er es auch nur tun. Ich würde sagen, bei den Ermittlungen wird irgendwo etwas Einschlägiges zum Vorschein kommen. Bis jetzt allerdings hat sich, soweit ich weiß, noch nichts in dieser Art ergeben. Offiziell jedenfalls nicht. Zwei Gäste sind im richtigen Alter. Nicholas Ransom, netter Junge, siebzehn oder achtzehn. Kommt von der Ostküste. Scheint in Ordnung zu sein. Er sieht jedenfalls ganz normal aus. Und dann Desmond. Ist mal von der Jugendbehörde zum Psychiater geschickt worden, aber ich glaube nicht, dass da viel dran war. Es muss einer von den Gästen gewesen sein, obgleich ich auch wieder denke, es kann jemand von draußen reingekommen sein. Nach hinten raus ist immer eine Tür oder ein Fenster offen. Ein nicht ganz lupenreiner Typ kann ja vorbeigekommen sein, geschaut haben, was im Haus los ist, und sich reingeschlichen haben. Immerhin, ganz schön riskant. Würde ein Kind, das auf einem Kinderfest ist, mit jemand
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