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Schneewittchen-Party

Schneewittchen-Party

Titel: Schneewittchen-Party Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Krankenhaus, weil sie schwanger sind und ein Kind kriegen, und das heißt dann Reni oder Hans oder Boris. Oder sie sind rübergekommen, weil sie hier jemand heiraten wollen oder hinter irgendeinem jungen Mann her sind. Sie glauben nicht, was mir meine Freunde erzählen. Mit den Au-pair-Mädchen scheint es so zu sein: Entweder sind sie Perlen, die man am liebsten nie wieder gehen lassen würde, oder sie stehlen einem die Strümpfe aus der Schublade oder lassen sich ermorden – « Sie brach ab. »Oh!«, sagte sie.
    »Beruhigen Sie sich, Madame«, sagte Poirot. »Es scheint kein Grund zu der Annahme zu bestehen, dass ein Au-pair-Mädchen ermordet worden ist – im Gegenteil.«
    »Was meinen Sie mit ›im Gegenteil‹? Das gibt doch keinen Sinn.«
    »Wahrscheinlich nicht. Trotzdem – «
    Er nahm sein Notizbuch heraus und machte eine Eintragung.
    »Was schreiben Sie da?«
    »Ich schreibe gewisse Dinge auf, die in der Vergangenheit passiert sind.«
    »Sie scheinen ja von der Vergangenheit sehr beunruhigt zu sein.«
    »Die Vergangenheit ist die Mutter der Gegenwart«, sagte Poirot lehrhaft.
    Er reichte ihr sein Notizbuch.
    »Wollen Sie sehen, was ich geschrieben habe?«
    »Natürlich. Obgleich ich sicher nur die Hälfte verstehen werde. Denn die Sachen, die Sie für wichtig halten, finde ich meist unwichtig.«
    Sie las.
     
    »Todesfälle:
    z. B. Mrs Levin-Smith (reich). Janet White (Lehrerin). Ang e stellter in Anwaltsbüro – erstochen, schon einmal wegen Fä l schung verurteilt.«
     
    Darunter stand:
     
    »Au-pair-Mädchen verschwindet.«
     
    »Warum ist sie denn verschwunden?«
    »Weil sie möglicherweise mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist.«
    Poirots Finger deutete auf die nächste Eintragung. Es war das Wort ›Fälschung‹, mit zwei Fragezeichen versehen.
    »Fälschung?«, fragte Mrs Oliver. »Warum Fälschung?«
    »Das habe ich mich auch gefragt. Warum Fälschung?«
    »Was für eine Fälschung denn?«
    »Ein Testament ist gefälscht worden, oder vielmehr ein Kodizill. Ein Kodizill zu Gunsten des Au-pair-Mädchens.«
    »Aber was soll denn das mit dem Mord an der armen Joyce zu tun haben?«
    »Das weiß ich auch nicht«, sagte Poirot. »Aber deshalb ist es ja gerade so interessant.«
    »Wie heißt das nächste Wort? Ich kann das nicht lesen.«
    »Elefanten.«
    »Und was soll das mit allem zu tun haben?«
    »Es hat vielleicht damit zu tun«, sagte Poirot, »glauben Sie mir.«
    Er erhob sich.
    »Ich muss jetzt gehen«, sagte er. »Entschuldigen Sie mich bitte bei unserer Gastgeberin, dass ich ihr nicht Auf Wiedersehn gesagt habe. Ich habe mich sehr gefreut, sie und ihre reizende Tochter kennen zu lernen. Sagen Sie ihr, sie soll gut auf das Kind aufpassen.«
    »Na schön, Auf Wiedersehn. Wenn Sie so gern mysteriös tun, dann werden Sie wohl weiterhin mysteriös tun. Sie haben mir nicht einmal gesagt, was Sie jetzt als Nächstes vorhaben.«
    »Ich bin morgen Früh mit der Firma Fullerton, Harrison und Leadbetter in Medchester verabredet.«
    »Warum?«
    »Um mit ihnen über Fälschungen und andere Sachen zu reden.«
    »Und dann?«
    »Dann werde ich mit bestimmten Leuten reden, die auch dabei waren.«
    »Bei dem Kinderfest?«
    »Nein – bei den Vorbereitungen zum Kinderfest.«

12
     
    D ie Büros von Fullerton, Harrison und Leadbetter waren genau das, was man sich bei einer altmodischen und äußerst ehrbaren Firma vorstellt. Die Zeit hatte ihre Spuren hinterlassen. Harrisons gab es nicht mehr und auch keine Leadbetters. Es gab einen Mr Atkinson und einen jungen Mr Cole, und dann war immer noch Mr Jeremy Fullerton da, der Seniorchef.
    Ein magerer, ältlicher Mann war Mr Fullerton, mit einem unbeweglichen Gesicht, einer trockenen Juristenstimme und unerwartet lebensklugen Augen. Seine Hand lag auf einem Brief, dessen wenige Zeilen er eben gelesen hatte. Er las sie noch einmal, um sich genau über ihren Inhalt klar zu werden. Dann sah er den Mann an, der ihm durch diesen Brief angekündigt wurde.
    »Monsieur Hercule Poirot?« Prüfend musterte er seinen Besucher. Ein älterer Mann, ein Ausländer, sehr modisch gekleidet, an den Füßen höchst unpassend Lackschuhe, die ihm, wie Mr Fullerton listig erriet, zu eng waren. Ein Dandy, ein Stutzer, ein Ausländer, empfohlen ausgerechnet durch Inspektor Henry Raglan und Superintendent Spence (im Ruhestand), früher Scotland Yard.
    Fullerton kannte Spence. Ferne Erinnerungen tauchten auf. Ein ziemlich berühmter Fall, der viel mehr Aufsehen erregte, als man es im Anfang

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