Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schneewittchen-Party

Schneewittchen-Party

Titel: Schneewittchen-Party Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
nicht ich. Weil ich das ganze Geld bekommen soll. Warum soll ich das Geld nicht haben? Warum soll ich nicht auch einmal ein bisschen Glück im Leben haben? Es war alles so schön, so herrlich. Was ich alles geplant habe, seitdem ich davon weiß!«
    »Gewiss, gewiss.«
    »Warum soll ich keine Pläne machen? Warum soll ich mich nicht freuen? Ich will glücklich sein und reich und will alles haben, was mir gefällt. Was habe ich denn falsch gemacht? Nichts. Nichts. Ich sagte Ihnen, nichts.«
    »Ich habe versucht, es Ihnen zu erklären«, sagte Mr Fullerton.
    »Das sind alles Lügen. Sie sagen, ich lüge. Sie sagen, ich habe das Testament selbst geschrieben. Ich habe es nicht geschrieben. Sie hat es geschrieben. Niemand darf etwas anderes sagen.«
    »Es gibt Leute, die dazu sehr viel zu sagen haben«, sagte Mr Fullerton. »Jetzt hören Sie mir mal zu. Lassen Sie Ihre Proteste und hören Sie mir zu. Es stimmt doch, dass Mrs Levin-Smith’ Sie oft gebeten hat, in den Briefen, die Sie für sie geschrieben haben, ihre Handschrift so gut zu kopieren, wie Sie irgend können? Das hat sie getan, weil sie der altmodischen Ansicht war, dass es unhöflich ist, an Freunde und nahe Bekannte Briefe mit der Maschine zu schreiben. Diese Ansicht stammt noch aus viktorianischer Zeit. Heutzutage ist es den Leuten gleichgültig, ob sie einen mit der Hand oder mit der Maschine geschriebenen Brief bekommen. Aber in Mrs Levin-Smith Augen war das eine Unhöflichkeit. Verstehen Sie, was ich sage?«
    »Ja. Und deshalb hat sie mich gebeten. Sie sagt: ›Also, Olga‹, sagt sie, ›diese vier Briefe beantworten Sie, wie ich Ihnen gesagt habe und wie Sie es stenografiert haben. Aber Sie schreiben sie mit der Hand und machen Sie Ihre Schrift meiner so ähnlich wie möglich.‹ Und sie hat mir gesagt, ich soll ihre Schrift üben, ich soll aufpassen, wie sie ihre A und B macht und ihre L und all die andern Buchstaben. ›Solange es ungefähr wie meine Schrift aussieht, genügt das‹, hat sie gesagt. ›Und dann können Sie mit meinem Namen unterschreiben. Ich will nicht, dass die Leute denken, ich kann meine eigenen Briefe nicht mehr schreiben. Obgleich, wie Sie wissen, die Arthritis in meinen Handgelenken schlimmer wird und es mir immer schwerer fällt. Aber ich will nicht, dass meine persönlichen Briefe mit der Maschine geschrieben werden.‹«
    »Sie hätten sie in Ihrer eigenen Schrift schreiben können«, sagte Mr Fullerton, »und zum Schluss eine Bemerkung anfügen, ›durch die Sekretärin‹ oder Ihre Initialen, wenn Ihnen das mehr zugesagt hätte.«
    »Das wollte sie nicht. Sie wollte, dass man denken sollte, die Briefe kommen von ihr persönlich.«
    Und das, dachte Mr Fullerton, konnte stimmen. Es sah ganz wie Louise Levin-Smith aus. Es hatte sie immer aufgebracht, dass sie nicht mehr alles so konnte wie früher, dass sie nicht mehr lange laufen oder schnell bergauf gehen oder bestimmte Dinge mit ihren Händen, besonders der rechten Hand, tun konnte. Sie wollte immer sagen können: »Es geht mir ausgezeichnet, mir fehlt nichts, und ich kann alles tun, was ich mir vornehme.« Ja, was Olga ihm da erzählte, war bestimmt die Wahrheit, und weil es die Wahrheit war, hatte es mit dazu beigetragen, dass das Kodizill, dem richtig aufgesetzten und von Louise Levin-Smith unterzeichneten Testament angefügt, zunächst ohne Vorbehalte anerkannt worden war. Erst hier, in seinem Anwaltsbüro, überlegte Mr Fullerton, war Misstrauen wach geworden, weil er und sein jüngerer Partner Mrs Levin-Smith’ Handschrift sehr gut kannten. Der junge Cole hatte als Erster gesagt:
    »Wissen Sie, ich kann nicht recht glauben, dass Louise Levin-Smith dieses Kodizill geschrieben hat. Ich weiß, sie hatte in letzter Zeit Arthritis, aber sehen Sie sich doch mal die Schriftproben an, die ich aus ihren Papieren herausgesucht habe. Mit dem Kodizill stimmt etwas nicht.«
    Mr Fullerton war auch der Meinung, dass etwas nicht stimmte. Er hatte gesagt, sie wollten einen Fachmann in dieser Frage hören. Die Antwort war eindeutig gewesen. Die Meinungen verschiedener Experten hatten übereingestimmt. Die Schrift, in der das Kodizill geschrieben war, war eindeutig nicht die Handschrift von Louise Levin-Smith. Wenn Olga weniger gierig gewesen wäre, dachte Mr Fullerton, wenn sie sich damit zufriedengegeben hätte, ein Kodizill zu schreiben, das wie dieses begonnen hätte -»Wegen ihrer großen Sorgfalt und Aufmerksamkeit, wegen ihrer Zuneigung und Güte, die sie mir erwiesen hat,

Weitere Kostenlose Bücher