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Schneewittchen-Party

Schneewittchen-Party

Titel: Schneewittchen-Party Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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habe ich den jungen Herrn Desmond gesehen, und was der anhatte, das würden Sie nicht glauben. Eine rosa Jacke und lila Hosen. Läuft den Mädchen den Rang ab. Die haben ja nichts anderes im Kopf, als wie sie ihre Röcke immer kürzer machen können, und nützen tut ihnen das gar nichts, denn sie müssen immer mehr drunter anziehen. Für all dieses Zeug, Strumpfhosen und Trikots, was zu meiner Zeit für die Mädchen vom Ballett war und für niemand anders – dafür geben sie ihr ganzes Geld aus. Aber die Jungen – die sehen bei Gott aus wie Eisvögel und Pfauen und Paradiesvögel. Na ja, ich seh ganz gern ein bisschen Farbe, und ich denk mir immer, das muss nett gewesen sein in den alten historischen Zeiten, die man immer auf Bildern sieht. Meine Großmutter hat mir immer erzählt, dass ihre jungen Damen – sie diente bei einer guten alten viktorianischen Familie – ihre jungen Damen hatten knöchellange Musselinkleider an, sehr sittsam, aber sie feuchteten sie immer mit Wasser an, damit sie anklebten. Damit sie anklebten und sie alles zeigen konnten, was zu zeigen war. Liefen herum und machten sittsame Gesichter, aber die Männer hat das ganz schön wachgekitzelt.«
    »Sagen Sie auch wahr?«
    »Das darf ich ja wohl nicht zugeben«, kicherte sie. »Die Polizei mag das nicht. Nicht dass sie meine Wahrsagerei so stört. Da ist gar nicht viel dran. In einem Ort wie unserm weiß man immer, wer mit wem geht, und das macht’s natürlich einfach.«
    »Können Sie in Ihrer Hexenkugel sehen, wer das Mädchen Joyce umgebracht hat?«
    »Jetzt verwechseln Sie was«, sagte Mrs Goodbody. »In einem Kristall sieht man etwas, nicht in einer Hexenkugel. Wenn ich Ihnen sagen würde, wer es meiner Meinung nach getan hat, würde Ihnen das gar nicht passen. Sie würden sagen, das ist widernatürlich. Aber es gibt viele Dinge, die widernatürlich sind.«
    »Da mögen Sie Recht haben.«
    »Man kann hier im Ganzen gut leben. Ich meine, die Leute hier sind nett, jedenfalls die meisten, aber der Teufel hat überall seine Geschöpfe.«
    »Sie meinen – schwarze Magie?«
    »Nein, das meine ich nicht«, sagte Mrs Goodbody verachtungsvoll. »Das ist Unsinn. Das ist für Leute, die sich gern verkleiden und lauter Hokuspokus treiben. Sex und ich weiß nicht was. Nein, ich meine die, die der Teufel berührt hat. Sie werden schon so geboren. Die Söhne Luzifers. Ihnen ist angeboren, dass Morden für sie gar nichts bedeutet, nicht, wenn sie davon Gewinn haben. Wenn sie etwas haben wollen, dann wollen sie etwas haben. Und sie nehmen es sich rücksichtslos. Schön wie Engel können sie aussehen. Hab mal ein kleines Mädchen gekannt. Sieben Jahre alt. Hat ihren kleinen Bruder und ihre kleine Schwester umgebracht. Waren Zwillinge. Fünf oder sechs Monate alt, nicht älter. Hat sie im Kinderwagen erstickt.«
    »Und das ist hier in Woodleigh Common passiert?«
    »Nein, nein, nicht in Woodleigh Common. Das habe ich in Yorkshire erlebt, soweit ich mich erinnere. Ekelhafte Sache. War ein bildschönes Ding. Wenn man ihr ein Paar Flügel auf den Rücken gebunden und sie Weihnachtslieder hätte singen lassen, wäre sie ein perfekter Engel gewesen. Aber sie war keiner. Sie war innerlich verfault. Sie wissen, was ich meine. Sie sind nicht mehr jung. Sie kennen das Böse in der Welt.«
    »Leider«, sagte Poirot. »Sie haben Recht. Ich kenne es nur zu gut. Wenn Joyce wirklich einen Mord gesehen hat – «
    »Wer sagt das?«, fragte Mrs Goodbody.
    »Sie hat es selbst gesagt.«
    »Das ist kein Grund, es zu glauben. Sie war immer eine kleine Lügnerin.« Sie warf ihm einen scharfen Blick zu. »Das glauben Sie mir wahrscheinlich nicht?«
    »Doch«, sagte Poirot, »ich glaube Ihnen das wirklich. Ich habe das jetzt zu oft gehört, um es nicht mehr zu glauben.«
    »Seltsam ist das mit Familien«, sagte Mrs Goodbody. »Nehmen Sie die Reynoldsens zum Beispiel. Zuerst Mr Reynolds. Er ist Grundstücksmakler. Hat’s nicht weit gebracht und wird’s auch nicht mehr weit bringen. Und Mrs Reynolds sorgt sich immer nur und regt sich über alles auf. Keins von den drei Kindern kommt nach den Eltern. Ann hat Verstand. Die kommt in der Schule vorwärts und wird aufs College gehen und vielleicht Lehrerin werden. Allerdings, sie ist sehr von sich selbst überzeugt. So von sich selbst überzeugt, dass niemand sie leiden kann. Kein Junge sieht sich nach ihr um. Und dann Joyce. Die war nicht so begabt wie Ann und auch nicht so schlau wie ihr kleiner Bruder Leopold, aber sie wollte es

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