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Schneewittchens Tod

Schneewittchens Tod

Titel: Schneewittchens Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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Krampf im Magen verspürte. Doch es war nur die rechte Hand von Clotilde Osmond, die in einem grünen Gummihandschuh steckte, während die linke einen Strauß mit Pfingstrosen hielt. Bei seinem Anblick zuckte sie leicht zusammen.
    »Sie haben mich erschreckt!«, sagte sie freundlich lächelnd. »Die habe ich für Blanche gepflückt, sind sie nicht wunderschön?«
    Sie legte die Blumen auf den Tisch. »Ich werde Colette um eine Vase bitten. Sie scheinen nicht recht auf dem Pfosten zu sein«, fügte sie mit einem kritisch besorgten Blick hinzu.
    »Posten«, korrigierte er. »Ich bin noch etwas müde. Wo sind die anderen?«
    »Die Herren spielen Billard. Die Damen plaudern im Wintergarten. Hübsch, finden Sie nicht? Ich liebe dieses Haus. Es hat so viel Stil! Unseres ist zu modern, das habe ich John schon gesagt. Es fehlt ihm die, wie sagt man, ach ja, die Seele. Macht Ihnen Ihre Wunde noch sehr zu schaffen?«
    »Es geht.«
    »Aber wie hat das passieren können? Ich habe das nicht richtig verstanden.«
    Sie hatte den Kopf zur Seite geneigt, die Augen zusammengekniffen, die Gartenschere gegen die ausladende Hüfte gedrückt.
    »Eine verirrte Kugel. Man weiß nicht, wer geschossen hat.«
    Sie kräuselte die lange, immer ein wenig gerötete Nase, was sie noch hässlicher machte.
    »Sonderbar!«, sagte sie. »Aber hier ist ja alles irgendwie sonderbar, nicht wahr?«
    »Was wollen Sie damit andeuten?«
    »Ich weiß nicht, es ist die . Atmosphäre . die Leute . die ganze Gegend gleicht einer Postkarte mit Figuren wie aus einem Roman. Man fragt sich, wo die echten Menschen sind!«, schloss sie lachend.
    »Kennen Sie Blanche und Jean-Hugues schon lange?« »Seitdem wir hierher gezogen sind, also seit, warten Sie, seit neun Jahren, das war ganz kurz nach dem Tod des Kleinen … Ich liebe die Gartenarbeit, und Blanche wollte von mir lernen, so haben wir uns angefreundet.«
    »Ihr Mann interessiert sich nicht für Botanik?«
    »John interessiert sich nur für seine geliebten Inkunablen, er ist Sammler, wissen Sie?«
    Und er hätte gerne Blanche in seine Sammlung von Originalen aufgenommen, höhnte Chib im Stillen, während er laut sagte: »Nein, das wusste ich nicht; das muss sehr aufregend sein!«
    »Ja, wenn man alte, verstaubte Manuskripte mag, die auseinander fallen. Bei Staub muss ich husten, ich bin lieber draußen in der Natur. Der Großvater Andrieu hat ihm einige von seinen Schätzen vermacht.«
    »Haben Sie ihn gekannt?«
    »Nur wenige Monate. Er wollte unbedingt eine Hecke schneiden, ist von der Leiter gefallen und tödlich verunglückt. Er hat immer nur nach seinem Gesicht gehandelt.«
    »Kopf.«
    Sie lächelte wie ein kleines Mädchen, das bei einem Fehler ertappt wurde.
    »Er war sehr imposant, trotz seines Alters, ein echter Koloss; man hätte ihn durchaus für zehn Jahre jünger halten können. Ich kann verstehen, dass es Jean-Hugues schwer hat, sich gegen seine Mutter durchzusetzen«, fügte sie mit gesenkter Stimme hinzu.
    Bemüht, aktuellere Themen anzuschneiden, fragte Chib: »Aber Sie haben doch sicher Costa gut gekannt.«
    »Natürlich. Costa war ein hervorragender Gärtner! Und er hat seinen Beruf geliebt. Das einzige Problem .«
    Sie zögerte, verstummte. Chib spürte, wie sich seine Finger um die Rückenlehne klammerten, auf die er sich stützte.
    »Ja?«
    »Nun, Costa war ein rechtschaffener Kerl, aber er hatte Probleme in seiner Jugend … er … er war sehr auf die Sache fixiert, wissen Sie …«, sagte sie, den Blick auf ihre klobigen, wenig femininen Schnürschuhe gesenkt.
    »Ich dachte, er war homosexuell«, stieß Chib verwirrt hervor.
    »Costa? Ach wo! Er hat selbst mir nachgestellt, denken Sie nur!«, rief sie und hob stolz ihr unschönes Gesicht. »Ich weiß, ich bin kein heißer Ofen, wie Sie hier sagen, das beweist also, wie sehr er die Frauen liebte, oder nicht? Noemie hat mir erzählt, dass er sie so belästigt hat, dass sie ihm beinahe kündigen musste.«
    Chib verspürte das Bedürfnis, sich wieder hinzusetzen. Wenn alle Beteiligten ihre Zeit damit verbrachten, ihre Sexualität zu wechseln, wie andere ihre Handys, wie sollte man da noch durchblicken?
    »Sie sind gewiss eine begehrte Frau«, brachte er vorsichtig hervor. »Ich habe gehört, dass auch Paul . mit Ihnen .«
    »Das stimmt nicht!«, protestierte sie vehement. »Noemie hat sich das in den Kopf gesetzt. Sie selbst ist John damit gekommen, der Arme, er war fix und zu Ende!«
    »Fertig«, verbesserte Chib automatisch. »Haben Sie ihr

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