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Schneewittchens Tod

Schneewittchens Tod

Titel: Schneewittchens Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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heraus.
    »Trainingsanzug, mein Mäuschen. Dann soll er eben einen anderen nehmen.«
    »Er will aber den blauen, er sagt, der bringt ihm Glück.«
    »Das ist Aberglaube, die Gegenstände bringen kein Glück, mein Mäuschen. Komm, wir holen ihn. Guten Abend, Monsieur Moreno. Nehmen Sie's mir nicht übel, wenn ich sage, dass ich hoffe, Sie niemals wiederzusehen.«
    »Das kann ich vollkommen verstehen, Madame.«
    Als er allein war, ging er an den Pflanzen vorbei, las die Etiketten, ohne sie wirklich zu sehen, blickte hinaus auf den Park, wo eine auf alt getrimmte Laterne sich mit einem gelblichen Lichthof umgab. Ein nachtblauer Peugeot 606 parkte in der Einfahrt, und die Kinder kletterten hinein, während Belle-Mamie auf Blanche einredete, die ihre Arme vor der Brust verschränkt hatte wie jemand, der friert.
    »Sehen Sie Ihren Freund heute Abend?«
    Aicha.
    »Ich denke nicht. Warum?« »Nur so. Kennen Sie ihn schon lange?«
    »Wir haben zusammen die Schulbank gedrückt.«
    »Oh!«
    »Wie heißt die Schwiegermutter mit Vornamen?«
    »Louise. Deshalb hatten sie die Kleine so genannt.«
    »Und Elisabeth?«
    »Das ist der Vorname der Mutter von Madame. ElisabethLouise wurde nach dem Tod des Jungen geboren, deshalb haben sie wohl alles versucht, um ihr Glück zu festigen, was weiß ich . Man kann nicht sagen, dass es ihnen gelungen ist . Ich habe den Eindruck, Ihre Anwesenheit tut Madame gut, sie wirkt weniger … weniger wie ein Zombie, wenn sie mit Ihnen spricht.«
    »Wie muss es wohl die übrige Zeit sein! Ist sie nett, die Schwiegermutter?«
    »Was meinen Sie?«
    Chib lächelte, ohne Antwort zu geben.
    »Ich kann gar nicht erwarten, dass endlich morgen ist. Das ist mein freier Tag. Es wird mir gut tun, an die frische Luft zu kommen«, fügte Aicha hinzu.
    »Und gestern Abend? Hatten Sie da nicht frei?«
    »Nur im Restaurant, das ist nicht dasselbe. Sie wollen wissen, ob ich mit dem Doktor schlafe, oder?«
    »Na ja .«
    »Nein, ich schlafe nicht mit ihm, auch wenn er's gerne hätte. Und da er mich unter dem Vorwand eingeladen hat, mir die Ausstellung über die Kabylei zu zeigen, haben sie mich gehen lassen. Kulturelles Alibi.«
    »Sind Sie Kabylin?«
    »Scheint so. Ehrlich gesagt, ist es mir völlig egal. Meine Mutter geht mir ständig damit auf die Nerven. Und Sie?« »Mein Vater war Amerikaner. Matrose auf Zwischenstopp hier im Hafen. Ich habe ihn nicht kennen gelernt.«
    »Meiner hatte vor fünf Jahren einen Herzinfarkt. Über seinem Presslufthammer zusammengebrochen. Ich hätte Sie eher für einen Nigerianer oder so was gehalten.«
    »Vielleicht bin ich ja so was.«
    »Und Greg?«
    »Provenzale durch und durch. Er wurde mit einer Schale Aioli in der einen und einer Boule-Kugel in der anderen Hand geboren.«
    Aicha lachte und ließ ihren dicken schwarzen Zopf fliegen.
    »Vorsicht, sie kommt zurück.«
    Und schon schob sie den Teewagen hinaus, bückte sich, um ein Spielzeug aufzuheben, ohne sich noch einmal umzusehen.
    »Es tut meinen Kindern gut, zu Belle-Mamie zu gehen, das bringt sie auf andere Gedanken«, verkündete Blanche und nahm wieder Platz.
    »Ich werde Sie jetzt verlassen, es ist schon spät«, sagte Chib.
    »Ach, bleiben Sie doch zum Abendessen! Jean-Hugues muss bald hier sein.«
    »Ich meine … Ich möchte Sie nicht stören.«
    Sie drehte sich abrupt zu ihm um und sah ihm zum ersten Mal seit seiner Ankunft richtig in die Augen.
    »Sie stören mich nicht. Im Gegenteil. Ich muss mit jemandem sprechen. Denn sonst mache ich vielleicht eine Dummheit. Irgendeine. Ich verstehe, dass Sie's eilig haben zu gehen, weinende Frauen sind Männern ein Graus, aber ich versichere Ihnen, es ist eine Ausnahme, normalerweise bin ich sehr beherrscht. Ein richtiges kleines Zirkuspferd.«
    »Hören Sie . ich .« »Nein, Sie hören mir zu. Wenn ich schon mal eine Geisel habe. Aber was rede ich da? Entschuldigen Sie, ich verliere den Verstand bei all diesen Medikamenten.«
    »Wollen Sie sich nicht ein wenig ausruhen?«
    »Ich höre gar nicht mehr auf, mich auszuruhen. Das macht mich verrückt, definitiv! All diese Ruhe, die ewige Ruhe .«
    Ihre Stimme versagte, und Chib streckte die Hand aus, legte sie auf ihr eisiges Handgelenk und zog sie dann, dunkelrot im Gesicht, wieder zurück. Wo war der Barschrank? Ein Cognac, ein dreifacher, würde ihm gut tun. Und auch sie brauchte eine Stärkung.
    »Um wie viel Uhr wünschen Sie zu speisen, Madame?«
    Verdammt! Bei all diesen Menschen, die auf- und abtraten, kam man sich vor wie im

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