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Schneewittchens Tod

Schneewittchens Tod

Titel: Schneewittchens Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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Monsieur Moreno.«
    Er wandte sich um. Pater Dubois sah ihn an, und sein schmaler Mund deutete ein Lächeln an.
    »Hm .«
    »Sie wollten sich so gerne ein strahlendes Bild von ihr erhalten, das Bild des fröhlichen Kindes, das sie gewesen war«, erklärte er mit seiner hellen Stimme.
    Wenn er fand, das der präparierte Vampir in dem Sarg etwas Fröhliches an sich hatte, umso besser.
    »Es ist eine schreckliche Prüfung …«, hörte Chib sich sagen.
    »Das Leben ist ein Geschenk Gottes, über das der Mensch nicht verfügen kann - leider. Entschuldigen Sie mich, Jean-Hugues macht mir ein Zeichen.«
    »Glauben Sie an die Wiederauferstehung?«
    Es war Louis-Marie, blass, sein vierzehnjähriges Gesicht voller Angst.
    »Nein. Ganz und gar nicht. Die Toten stehen nicht wieder auf, nie. Weil sie tot sind. Glaub mir, ich weiß, wovon ich rede«, versicherte ihm Chib mit einem Seufzen.
    »Haben Sie meine Schwester einbalsamiert?«
    »Hm.«
    »Man könnte meinen, es sei eine Puppe. Eine Puppe aus Fleisch«, fügte der Junge mit angewiderter Miene hinzu.
    Mein Gott, was für ein grässlicher Ausdruck!
    »Man könnte meinen, sie sei böse!«
    »Sie ist nicht böse, es ist nur so, dass sie nicht mehr lächelt, nicht mehr spricht, verstehst du? Aber sie wird nicht auferstehen, da kannst du sicher sein.«
    »Das hoffe ich«, meinte Louis-Marie seufzend und ganz offensichtlich nicht überzeugt.
    »Louis-Marie!«, rief Belle-Mamie.
    Er zuckte die Schultern und entfernte sich mit schlurfenden Schritten.

KAPITEL 6
    Der Empfang fand in einem der Salons statt, einem großen Raum mit ockerfarbenen Wänden und einem Boden aus Terrakottafliesen. In der Mitte ein großer Landhaustisch mit einem üppigen kalten Büfett darauf. Mehrere Bilder -Präraffaeliten - an den Wänden, ein Strauß weißer Kamelien in einer chinesischen Porzellanvase, Stühle aus Gusseisen.
    Man hätte sich in der Toskana wähnen können, dachte Chib und strich über eine große Amphore.
    Die Aushilfskräfte begannen, Flaschen zu öffnen und zu servieren. Um seine Nervosität zu überspielen, nahm Chib einen Teller - ein gelbes Quadrat aus Keramik - und einen dazu passenden Becher. Niemand schien Hunger zu haben, doch man bediente sich, um seine Hände zu beschäftigen. Blanche stand in der Nähe der Terrassentür und betrachtete die Kapelle.
    Jean-Hugues Andrieu trank, ohne etwas zu essen, in raschen Schlucken seinen gekühlten Muscadet. Belle-Mamie legte eine besorgte Hand auf seinen Arm, und er seufzte, bevor er sein Glas abstellte.
    »Ich habe Eunice ins Bett gebracht, sie war müde«, sagte Aicha zu Blanche, die zerstreut nickte.
    Sie verließ das Zimmer, nachdem sie Chib einen kurzen Blick zugeworfen hatte. Annabelle, auf ihrem Stuhl, spielte mit ihrem Gameboy. Die Knaben waren verschwunden.
    Vertrauliches Gespräch zwischen Remi Chassignol und Paul Labarriere: »Mein lieber Vizepräsident, hast du bei deinen SoziFreunden ein Wörtchen für mich einlegen können?«
    »Der Regionalrat ist kein Einlass für Korruption, mein Bester«, entgegnete Paul. »Lass uns morgen darüber sprechen.«
    Brennendes Gefühl im Nacken. Chib drehte sich um. Es war wieder Pater Dubois. Seine kleinen, dünnen Lippen - wie eine Narbe.
    »Sind Sie katholisch, Monsieur Moreno?«
    Nein, ich g'oßer Voodoo-Magie', de' sonntags Weiße als Salat fisst.
    »Ich bin zwar getauft, aber kein praktizierender Katholik.«
    »Haben Sie den Glauben verloren?«
    Was geht dich das an?
    »Ehrlich gesagt, wurde ich in andere Riten eingeweiht.«
    »Sie haben die Religion gewechselt?«
    »In gewisser Weise. Ich bin ein Anhänger von Amon-Re.«
    Pater Dubois blinzelte, dann formte sich sein kleiner Mund zu einem sarkastischen Rund.
    »Sie belieben zu scherzen.«
    Chib lächelte freundlich.
    »Sagen wir mal so, ich interessiere mich sehr für die Glaubensrichtungen im alten Ägypten.«
    »Ungezügelter Pantheismus, nicht die geringste intellektuelle Erhabenheit.«
    »Die Lehre von Ka, Ba und Akh scheint mir, ganz im Gegenteil, von großer Spiritualität zu zeugen.«
    Clotilde Osmond, die gerade einen Toast mit Gänseleberpastete aß, wandte sich zu ihnen um.
    »Sie interessieren sich für Spiritualität, Monsieur ähm …?«
    »Moreno, Leonard Moreno. Ja, ein wenig.«
    »Und was ist das, dieses Ka, Ba et cetera?«
    »Die drei Bestandteile des menschlichen Geistes. Das Ka ist in gewisser Weise Ihr Reservoir an Lebenskraft. Durch Ihre Haltung nähren Sie ihn zu Lebzeiten und legen so einen Vorrat für das

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