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Schneewittchens Tod

Schneewittchens Tod

Titel: Schneewittchens Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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halten, ihr Gewicht auf seiner Schulter, ihre zarte Haut an der seinen zu spüren, ließ ihn vor Lust fast zittern. Eine völlig verrückte Idee. Es brauchte nur eines der Kinder mitten in der Nacht ins Zimmer zu kommen . Außer natürlich, sie würde die Tür abschließen. Hm.
    Er ging zu ihr. Sie starrte noch immer in den Himmel, ihren Tee hatte sie nicht getrunken.
    »Ich möchte mit Ihnen schlafen.«
    »Ich möchte schlafen«, gab sie zurück.
    »Heute Nacht«, fügte er hinzu.
    Sie sah ihn an.
    »Das ist gefährlich.«
    »Mir egal.«
    Sie erhob sich und strich ihren Rock glatt.
    »Ich gehe gegen zehn Uhr zu Bett. Auf Wiedersehen, Monsieur Moreno.«
    Sie reichte ihm die Hand. Er drückte sie kurz.
    Draußen war es jetzt kalt. Er knöpfte seine Jacke zu. Costa machte ihm ein Zeichen: »Ich war bei Monsieur Osmond. Das Problem ist, dass Monsieur Andrieu nicht da ist.«
    »Und?«
    »Nun, ich glaube, dass es ihm nicht recht wäre, wenn die Polizei in seiner Abwesenheit hierher kommt. Ich habe Monsieur Osmond gebeten, sie erst morgen zu informieren. Für den Hund macht das auch keinen Unterschied mehr.«
    »Aber vielleicht für die Indizien!«, protestierte Chib.
    »Monsieur Andrieu ist der Herr im Haus«, warf Costa ein und verschränkte die Arme vor der muskulösen Brust. »Ich hoffe, Sie haben Madame nichts davon gesagt, sie ist schon so durcheinander genug.«
    »Ich bin schließlich nicht blöd«, knurrte Chib.
    In dem beredten Blick, den Costa auf ihn richtete, las er etwas anderes. Er beschloss, den Rückzug anzutreten. Unnötig, sich die Sympathien des Gärtners zu verscherzen.
    Gaelle hatte mehrere Nachrichten auf seinem Handy hinterlassen. Er hörte sie ab, während er über die D 9 fuhr. Sie konnte an diesem Abend nicht kommen, zu viel Arbeit. Das traf sich gut. Die Nachricht von Greg, der von einer geplanten Bootspartie mit Aicha am kommenden Samstag sprach, kam ihm irgendwie irreal vor. Er war so sehr in der trüben, finsteren Welt des Landhauses gefangen, dass sein anderes Leben - sein normales Leben - nur noch eine lästige Erinnerung war. Er fand einen ruhigen Platz. Die von Platanen bestandene Zufahrt zu einem Anwesen, dessen verrostetes Tor aus den Angeln gerissen war und verhieß, dass es leer stand. Ein riesiger Magnolienstrauch garantierte Diskretion.
    Er drehte um und fuhr Richtung Stadt. An einer Kreuzung entledigte sich ein Bus seiner Fahrgäste. Plötzlich entdeckte er Charles und Louis-Marie. Die beiden Jungen tobten nicht herum, sie schienen eher besorgt. Wieder einmal sagte er sich, dass Charles wirklich das Ebenbild seines Vaters war: groß, kantiges Gesicht, unter dem Bartflaum war schon der Mann zu ahnen. Louis-Marie, kleiner und magerer, war so zerbrechlich wie seine Mutter und hatte das gleiche schmale Gesicht. Als er sah, dass sie warteten, um die Straße zu überqueren, hielt er an: »Soll ich euch mitnehmen?«
    Charles nickte. Er richtete sich auf dem Vordersitz ein und überließ Louis-Marie die Rückbank. Chib bemerkte, dass Charles selbstvergessen an seinen Nägeln kaute, und sah im Rückspiegel, dass Louis-Marie nervös an der Innenseite seiner Wange nagte. Auch wenn sie die Hartgesottenen spielten, hatten sie doch Mühe, den Tod ihrer Schwester zu verarbeiten, sagte sich Chib, während er den Wagen anließ.
    »Kommt ihr aus der Schule?«
    Erneutes Nicken.
    »Auf welches Gymnasium geht ihr?«
    »Saint-Joseph«, sagte Louis-Marie. »Das reinste Mittelalter.«
    »Rede keinen Unsinn«, ereiferte sich Charles. »Wäre dir das Gesocks von Jules-Ferry lieber?«
    »Was verstehst du unter >Gesocks<, Charles?«, erkundigte sich Chib.
    »Kleine Wichser, Erpresser, Dealer, der ganze Abschaum treibt sich da rum.«
    »Charles liebt Ordnung«, höhnte Louis-Marie. »Sie müssen wissen, er ist Royalist.«
    »Na und? Du bist viel zu klein, um irgendetwas von Politik zu verstehen, du kleine Null!«
    Der Floride quälte sich den vertrauten Hang hinauf.
    »Heute Nachmittag hat es einen kleinen Zwischenfall gegeben«, sagte Chib.
    »Heute Nachmittag? Waren Sie denn bei uns?«, wollte Charles wissen.
    »Ist Maman etwas passiert?«, fragte Louis-Marie.
    »Nein. Einem der Hunde der Osmonds, Tobias. Jemand hat ihn getötet.«
    Charles zuckte die Schultern, als wäre der Tod eines Hundes angesichts des Todes eines Menschen …
    »Weiß man, wer es war?«
    »Nein. Wir haben ihn in einer Schubkarre unter einer Plastikplane gefunden.«
    »Wie ist er getötet worden?«, wollte Louis-Marie wissen und biss

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