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Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet

Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet

Titel: Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Lehmacher
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ich immer wieder über die Ereignisse nach und auch darüber, was diese Erlebnisse mit einem machen.
    Ob das vielleicht auch eine Art ist, damit umzugehen? Diese Aggressivität von Frank. Meine Wut. Der Ausraster des Arztes vor dem Schockraum …
    Wobei das für die Klinikärzte doch viel leichter Routine sein könnte … Sie haben den Unfallort nicht gesehen. Sie haben die junge Frau nicht dort liegen sehen, nur einige Meter entfernt von ihrem Mann.
    Die Klinikärzte werden angepiepst, vielleicht bei der Visite, vielleicht bei einer Behandlung, vielleicht in den einzigen fünf ruhigen Minuten des Tages. Sie brechen ihre Arbeit ab, ihr Durchatmen, und eilen in den Schockraum. Irgendwann öffnet sich dann die metallene Tür, und es wird eine noch warme Leiche hereingeschoben. Ein Mensch, oder jemand, der noch kurz zuvor ein Mensch war. Mit einer Akte, auf der zum Beispiel steht: »Claire, weiblich, ca. 25 Jahre«. Genaues Geburtsdatum unbekannt. Nachname unbekannt. Wohnort unbekannt.
    Aber kann das Routine werden?
    Und dann kommen wir in unserer leuchtend roten Kleidung. Wir sind es, die ihnen immer wieder diese Halbtoten in den Schockraum schieben. Patienten, die manchmal schon tot sind. Andere, die hier noch ein paar Minuten, Stunden oder Tage leben. Einige, die man wieder entlässt. Manche gesund. Andere, deren Verletzungen nie mehr heilen werden. Die vielleicht als Apalliker enden, mit schwersten Hirnschäden. Menschen, von denen man nicht einmal weiß, ob sie noch etwas denken oder fühlen können, weil sie es ihrer Umgebung nicht mitteilen können. Schicksale, von denen man lieber nichts erfahren will, weil man es nicht ertragen könnte.
    Wie kann man da jederzeit Ruhe bewahren, den Nimbus des Professionellen erhalten? Ist Herumschreien in so einem Fall vielleicht auch nur eine Wand, hinter der man sich verstecken will? Eine der vielen Masken, die einem Halt bieten, so wie Zynismus oder Gleichgültigkeit, schwarzer Humor, Verbissenheit oder Wichtigtuerei: ein Schutz, den man braucht?
    Manchmal fällt es schwer, zu entscheiden, was unmenschlich ist und was menschlich.

Was ist eigentlich Liebe?
    D ie winterlichen Straßen sind menschenleer. Nur die Reflexionen des Blaulichts stören den scheinbar friedlichen Tagesanbruch. Vor keiner halben Stunde wurden wir zu einer bewusstlosen Person in Ottmaring, Hafnergasse 22, gerufen; ein Notarzt war gerade nicht frei.
    Ich fahre Schritttempo. Das graue Morgenlicht reicht nicht aus, um die Hausnummern entziffern zu können. Felix schaltet den Suchscheinwerfer ein und leuchtet die weiß überzogenen Hecken und Zäune und die Hauswände entlang. 12, 14 – dann keine Hausnummer mehr zu sehen.
    »Das ist hier nicht mehr die Hafnergasse, das muss schon der Gartenweg sein«, sagt Felix.
    Ich widerspreche ihm nicht, obwohl ich sicher bin, dass wir fast da sein müssen. Felix war einer der Ersten, die ich als Zivi zu einem Einsatz begleitet habe. Er wirkt immer wie eine Mischung aus Fuchs und Kampfstier. Und wenn ich in den Schichten mit ihm eines gelernt habe, dann Widerspruch nur, wenn unbedingt nötig.
    Ich schalte das Blaulicht aus.
    Irgendwie kommt es mir so vor, als wäre ich hier schon einmal gewesen. Ich lasse meinen Blick schweifen. »Dort ist die 28«, sage ich.
    »Na klasse, dreh um.« Felix stöhnt genervt. »Wenn endlich mal jemand kapieren würde, dass Hausnummern keine Verschönerungsmaßnahme sind und sie nicht nur dem Briefträger von Nutzen sind; der weiß doch sowieso, wo jedes Haus in seinem Zustellbezirk steht …«
    Ich wende den Wagen. Auf dem Gehweg vor uns steht ein Trolley. Wo kommt denn der plötzlich her?
    Im nächsten Moment tritt eine Zeitungsfrau aus einem Hausgang hervor. »Die 22 müsste dort sein«, hilft sie uns weiter.
    Ich lenke den Wagen an den Rand, greife mir den Notfallkoffer und ziehe das EKG aus der Halterung, Felix hat die Sauerstofftasche und das Absauggerät unter dem Arm, so stehen wir kurz darauf vor der Tür des Hauses, in dem ein Notfall-Patient auf uns warten soll.
    Nichts regt sich nach unserem Klingeln. Die Jalousien vor den Fenstern sind heruntergelassen.
    »Bist du sicher, dass wir in Ottmaring richtig sind?«, fragt Felix.
    »Ja, schon.«
    Ich stelle den Koffer und das EKG auf der überdachten Treppe ab. Felix klingelt noch einmal.
    »Wie nett, dass wir uns so beeilt haben. Und wie nett, dass es keine Hausnummer an dem Haus gibt. Aber am nettesten ist es wohl, dass man uns nun vor der Tür stehen lässt …«
    »Vielleicht

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