Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet

Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet

Titel: Schneller als der Tod erlaubt. Ein Rettungssanitäter berichtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Lehmacher
Vom Netzwerk:
müssen wir schnellstmöglich los.«
    Wir schließen die Beatmungsplatte, auf dem die Sauerstoffflasche und das Beatmungsgerät zusammengefasst sind, an. Frank setzt die Herzdruckmassage fort. Der Notarztsani und ich holen die Trage aus unserem Rettungswagen, neben uns läuft keuchend der Kollege, auf dessen Jacke hinten die Aufschrift »Einsatzleiter« steht, und der jetzt ein Handfunkgerät hat. »Ich kläre das mit der Zielklinik für euch ab …«
    Inzwischen ist noch ein weiterer Rettungswagen angekommen, ein Krankentransportwagen und mehrere Streifenwagen. Überall auf der nassen Straße reflektieren die Blaulichter. Durch die Fenster des Krankentransportwagens sieht man einen Kollegen, der sich über einen Patienten beugt, vermutlich hat er den Motorradfahrer an Bord; zwei andere Kollegen bringen jetzt die Fahrerin des Pkws in einen Rettungswagen.
    Als wir die Trage neben unsere Patientin schieben, kommt einer der Kollegen zu uns. »Die Fahrerin des Pkws hat einen Druck von unter 100, die Frequenz ist bei 115, sonst fehlt ihr wohl nichts. Verletzungen kann sie eigentlich keine haben, sie saß im Auto.« Zu unserem Notarzt gewandt sagt er: »Wollen Sie sie noch mal sehen, oder sollen wir gleich losfahren?«
    »Nein, fahrt los!« Mit einer Handbewegung unterstreicht er, dass er sich im Moment um nichts anderes kümmern möchte.
    Der Einsatzleiter hat inzwischen abgeklärt, welcher Patient wo hinkommt, die leicht verletzte Patientin wird in ein kleines Krankenhaus gebracht, wir fahren in eine Klinik außerhalb unseres normalen Einsatzgebietes.
    »Ihr seid schon für den Schockraum angemeldet, wenn ihr losfahrt, gebt noch mal eure voraussichtliche Fahrzeit durch.«
    Der Arzt, der das auch mitbekommen hat, nickt. Dann dreht er sich wieder zu uns um.
    Wir heben die Patientin auf unsere Trage, dann schieben wir sie zügig in Richtung Rettungswagen, auch jetzt macht Frank mit den Herzdruckmassagen weiter.
    Einer der Polizisten geht neben uns her. »Wie sieht es denn aus?«, fragt er mich.
    »Na ja. Schlecht«, sage ich.
    »Ist damit zu rechnen, dass sie …«
    »Ja!«, unterbricht ihn der Arzt bestimmt, ohne die vollständige Frage abzuwarten. »Wer ist der andere?«, will er nun wiederum wissen und nickt in Richtung Krankentransportwagen, in dem der Motorradfahrer behandelt wird.
    »Er ist gefahren, beim Sturz auf dem Seitenstreifen gelandet, sie ist in die Streben unter der Leitplanke gerutscht.«
    Wir laden die Patientin ein und sind noch nicht einmal ganz im Auto, als Frank mich anschreit: »Komm, jetzt fahr endlich los!«
    Als ich Gas gebe, blitzt am regendunklen Himmel auf einmal die Abendsonne zwischen zwei Wolken hervor. Wie ein Hoffnungsschimmer spiegelt sich ihr gelbes Licht in der Nässe der Umgebung. Ich fahre mit Blaulicht und Martinshorn los.
    Eine knappe Viertelstunde später erreichen wir die Klinik, wo man uns bereits die Türen aufhält. Frank und der Notarzt haben die ganze Fahrt über weiter reanimiert … Eine Krankenschwester läuft voraus. » SCHOCKRAUM . Hier kein Durchgang!« steht auf den Glastüren, die sich vor uns öffnen. Der »Schockraum«: Hier kümmern sich mehrere Ärzte um Patienten, die sich in einem lebensbedrohlichen Zustand befinden, der schnellstmöglich weitergehende Eingriffe erfordert. Fachärzte für Anästhesie, Unfallchirurgie sowie Bauch-, Thorax- und Neurochirurgen etwa werden vorher angepiepst und kommen zusammen, die nötigen Geräte und Materialien stehen hier auf engstem Raum bereit, sobald eine entsprechende Voranmeldung an die Klinik weitergegeben wird.
    Als wir die Trage durch die schwere Metalltür des Schockraums schieben, stehen wir etwa zehn Ärzten und Pflegekräften gegenüber. Wir helfen noch, die Patientin auf eine Liege zu heben, unser Notarzt teilt das Wichtigste mit. Vor allem ein Arzt tut sich hervor, dem die anderen Platz gemacht haben: ein gedrungener Typ, nur noch wenige Haare auf dem Kopf, die in alle Richtungen abstehen. Sein rundliches Gesicht zeigt keine Regung, harsch gibt er seine Anordnungen. Was ist das für einer? Der Oberarzt? Der Chef?
    Der Notarzt bleibt drinnen. Zügig machen wir Platz, schieben unsere Trage hinaus auf den Gang: Sie ist von Feuchtigkeit durchdrungen und schmutzig, nur hier und da Blutflecken. Wir reißen den Einmalbezug von der Trage und legen die ebenfalls verschmutzte Decke zur Seite.
    Immer mal wieder geht die schwere, metallene Schiebetür zum Schockraum auf, Lärm dringt heraus und durchbricht die Stille, die im

Weitere Kostenlose Bücher