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Schnelles Denken, langsames Denken (German Edition)

Schnelles Denken, langsames Denken (German Edition)

Titel: Schnelles Denken, langsames Denken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Kahneman
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Form von Optimismus ausschlaggebend für den Erfolg ist: Bis jetzt bin ich noch keinem erfolgreichen Wissenschaftler begegnet, dem die Fähigkeit fehlt, die Bedeutung seiner Arbeit hochzuspielen. Und ich glaube, dass jemand, der nicht in beinahe wahnhafter Weise von sich überzeugt ist, von den wiederholten Erfahrungen vieler kleiner Misserfolge und seltener Triumphe, die das Schicksal der meisten Forscher sind, zermürbt wird.

Wie die Prä-mortem-Methode helfen kann
    Lässt sich übermäßiger Optimismus durch Training überwinden? Da bin ich nicht optimistisch. Es gab zahlreiche Versuche, Menschen beizubringen, Konfidenzintervalle anzugeben, die der Ungenauigkeit ihrer Urteile Rechnung tragen  – doch nur wenige dieser Versuche berichteten von bescheidenen Erfolgen. Ein oft zitiertes Beispiel betrifft Geologen von Royal Dutch Shell, die bei ihren Beurteilungen potenzieller Bohrstellen größere Unsicherheiten einräumten, nachdem ihnen zahlreiche Fälle aus der Vergangenheit vorgestellt worden waren, bei denen das Ergebnis bekannt war. 19 In anderen Situationen wurde die Selbstüberschätzung dadurch abgeschwächt (aber nicht beseitigt), dass man Richter dazu ermunterte, konkurrierende Hypothesen in Betracht zu ziehen. Allerdings ist Selbstüberschätzung eine direkte Folge von System-1-Merkmalen, die abgeschwächt, aber nicht überwunden werden können. Das Haupthindernis besteht darin, dass der subjektive Grad des Überzeugtseins von der Kohärenz der Geschichte bestimmt wird, die man konstruiert hat, nicht von der Güte und Menge der Informationen, die sie stützen.
    Organisationen mögen Optimismus besser zähmen können als Einzelpersonen. Die beste Idee dafür stammt von Gary Klein, meinem »gegnerischen Forschungspartner«, der im Allgemeinen die intuitive Entscheidungsfindung gegen Kritik, diese liefere verzerrte Ergebnisse, verteidigt und die Anwendung
von Algorithmen im Regelfall ablehnt. Er bezeichnet seinen Ansatz als »Prä-mortem-Methode«. Die Vorgehensweise ist einfach: Wenn die Organisation kurz davorsteht, eine wichtige Entscheidung zu treffen, aber noch keinen förmlichen Beschluss gefasst hat, schlägt Klein vor, eine Gruppe von Personen, die bestens mit der Entscheidung vertraut sind, zu einer kurzen Sitzung zusammenzurufen. Die Sitzung beginnt mit einer kurzen Ansprache: »Stellen Sie sich vor, wir befinden uns ein Jahr in der Zukunft. Wir haben den Plan in seiner jetzigen Fassung umgesetzt. Das Ergebnis war eine Katastrophe. Nehmen Sie sich bitte fünf bis zehn Minuten Zeit, um eine kurze Geschichte dieser Katastrophe zu schreiben.«
    Gary Kleins Idee der Prä-mortem-Analyse stößt für gewöhnlich auf sofortige Begeisterung. Nachdem ich sie bei einer Sitzung in Davos beiläufig beschrieb, murmelte jemand hinter mir: »Schon allein deshalb hat es sich gelohnt, nach Davos zu kommen!« (Später erkannte ich, dass der Sprecher der Vorstandschef eines internationalen Konzerns war.) Die Prä-mortem-Analyse hat zwei entscheidende Vorteile: Sie überwindet das Gruppendenken, das sich auf viele Teams auswirkt, sobald eine Entscheidung gefallen zu sein scheint, und sie lenkt die Fantasie sachkundiger Personen in eine dringend benötigte Richtung.
    In dem Maße, wie sich ein Team auf eine Entscheidung einigt – und insbesondere dann, wenn der Teamleiter seine Meinung kundtut –, werden öffentlich geäußerte Zweifel an der Vorteilhaftigkeit der geplanten Maßnahme allmählich unterdrückt und schließlich sogar als Beleg für die fehlende Loyalität gegenüber dem Team und seinen Anführern behandelt. Die Unterdrückung von Zweifeln trägt zur Selbstüberschätzung in einer Gruppe bei, in der nur Befürworter der Entscheidung ein Mitspracherecht haben. Der wichtigste Vorzug der Prä-mortem-Methode besteht darin, dass sie Zweifel zulässt. Außerdem ermuntert sie auch Befürworter der Entscheidung, nach möglichen Gefahren zu suchen, die sie bis dahin nicht in Betracht gezogen haben. Die Prä-mortem-Methode ist kein Allheilmittel, und sie bietet keinen vollständigen Schutz vor hässlichen Überraschungen, aber immerhin begrenzt sie das Schadenspotenzial von Plänen, die den Verzerrungen der Informationsverfügbarkeit (WYSIATI-Regel) und eines unkritischen Optimismus unterliegen.
    Zum Thema »Optimismus«
     
    »Sie haben eine Kontrollillusion. Sie unterschätzen die Hindernisse ganz erheblich.«
     
    »Sie scheinen an einem akuten Fall von Konkurrenzvernachlässigung zu leiden.«
     
    »Dies

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