Schnelles Denken, langsames Denken (German Edition)
ausgewählten Ergebnis und dem Input), wobei den Faktoren, welche die Vorhersagegenauigkeit einschränken, nur eine geringe oder gar keine Beachtung geschenkt wird. Das heißt, Menschen geben an, fest von der Vorhersage überzeugt zu sein, dass eine Person ein Bibliothekar ist, wenn sie eine Beschreibung seiner Persönlichkeit erhalten, die dem Stereotyp von Bibliothekaren entspricht, selbst wenn die Beschreibung knapp, unzuverlässig oder veraltet ist. Die ungerechtfertigte subjektive Überzeugung (von der Richtigkeit der Vorhersage), die durch eine gute Übereinstimmung zwischen dem vorhergesagten Ergebnis und der Input-Information erzeugt wird, könnte »Illusion der Gültigkeit« genannt werden. Diese Illusion besteht auch dann fort, wenn der Urteilende sich der Faktoren bewusst ist, die die Genauigkeit seiner Vorhersagen einschränken. Es ist eine weitverbreitete Beobachtung, dass Psychologen, die Auswahlinterviews führen, oftmals in hohem Maße von der Richtigkeit ihrer Vorhersagen überzeugt sind, selbst wenn sie die riesige Anzahl von Publikationen kennen, die zeigen, dass Auswahlinterviews in hohem Maße fehleranfällig sind. Die fortdauernde Anwendung des klinischen Interviews zu Auswahlzwecken – trotz wiederholter Nachweise seiner Mängel – bestätigt lediglich die Stärke dieses Effekts.
Die innere Konsistenz eines Eingabemusters ist eine wichtige Bestimmungsgröße der subjektiven Überzeugung von der Richtigkeit der Vorhersagen auf der Basis dieser Inputs. So geben Menschen an, sie seien sich bei ihrer Vorhersage des abschließenden Notendurchschnitts eines Studenten, der im ersten Studienjahr nur Zweien bekam, ihrer Sache sicherer, als wenn sie den Notendurchschnitt eines Studenten vorhersagten, der im ersten Jahr zahlreiche Einser und Dreier bekam. Hochkonsistente Muster werden am häufigsten dann beobachtet, wenn die Input-Variablen in hohem Maße redundant oder korreliert sind. Daher sind Menschen tendenziell fest von Vorhersagen überzeugt, die auf redundanten Input-Variablen basieren. Ein elementares Resultat in der Statistik der Korrelation besagt jedoch, dass bei gegebenen Input-Variablen ausgewiesener Gültigkeit eine Vorhersage auf der Basis mehrerer solcher Inputs eine höhere Treffgenauigkeit erreichen kann, wenn diese unabhängig voneinander sind, als wenn sie redundant oder korreliert sind. Die Redundanz der Eingabedaten vermindert daher die Vorhersagegenauigkeit, während sie zugleich die subjektive Überzeugung von der Richtigkeit der Vorhersagen erhöht, und Menschen sind oftmals fest von Vorhersagen überzeugt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit danebenliegen. 11
Falsches Verständnis der statistischen Regression. Angenommen, eine große Gruppe von Kindern wurde mit zwei äquivalenten Versionen eines Befähigungstests geprüft. Wenn man unter denjenigen, die in einer der beiden Versionen am besten abschnitten, zehn Kinder auswählt, wird ihre Leistung in der zweiten Version für gewöhnlich ein wenig enttäuschend sein. Wenn man, umgekehrt, unter denjenigen, die in der ersten Testversion am schlechtesten abschnitten, zehn Kinder auswählt, werden diese in der anderen Version im Schnitt etwas besser abschneiden. Betrachten wir nun, allgemeiner, die beiden Variablen X und Y, die die gleiche Verteilung haben. Wenn man Individuen auswählt, deren durchschnittlicher X-Score um k Einheiten von dem Mittelwert von X abweicht, dann wird der Durchschnitt ihrer Y-Scores um weniger als k Einheiten von dem Mittelwert von Y abweichen. Diese Beobachtungen veranschaulichen ein allgemeines Phänomen, das als »Regression zum Mittelwert« bezeichnet wird und das vor über hundert Jahren erstmals von Galton beschrieben wurde.
Im normalen Lauf des Lebens begegnet man vielen Beispielen einer Regression zum Mittelwert, etwa beim Vergleich der Körpergröße von Vätern und Söhnen, der Intelligenz von Ehemännern und -frauen oder der Leistung von Individuen bei aufeinanderfolgenden Prüfungen. Trotzdem entwickeln Menschen keine zutreffenden Intuitionen über dieses Phänomen. Erstens rechnen sie in vielen Kontexten, in denen eine solche Regression praktisch vorprogrammiert ist, nicht damit. Zweitens, wenn sie das Auftreten einer Regression bemerken, denken sie sich oftmals fadenscheinige kausale Erklärungen dafür aus. 12 Wir behaupten, dass das Phänomen der Regression schwer fassbar bleibt, weil es unvereinbar ist mit der Überzeugung, dass das vorhergesagte Ergebnis maximal repräsentativ für
Weitere Kostenlose Bücher